Die Gunst der Stunde

Jeder Mensch besitzt in der Regel einen gesunden Verstand, der es ihm ermöglicht einen Schöpfer dieser Welt zu erkennen, der alles auf dieser Welt führt.

4 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 06.04.21

Die Einsamkeitssuche 

 

Jeder Mensch muss jeden Tag mindestens eine Stunde lang das persönliche Gespräch in der Einsamkeit mit Gott suchen, d.h., man muss sich von all dem Trubel und der Hektik entfernen und sich an einem Ort der Stille zurückziehen, wo man mit Gott völlig alleine sein kann. Dort angekommen muss man aus ganzem Herzen mit seinen eigenen Worten zu Gott sprechen, also ohne Gebetsbücher zu Hilfe zu nehmen oder dergleichen. Dabei kann man sich dann auch für alle guten Dinge, die Gott uns erleben lässt, bedanken oder sich bei Ihm für jede begangene schlechte Tat bzw. Sünde entschuldigen. Des Weiteren verkörpert das persönliche Gespräch mit Gott innerhalb eines Tages, die Gunst der Stunde, in der man Ihn darum bitten muss, jeden Mangel und alles Störende aus unserem Leben zu streichen!
 
Man kann dieser Einsamkeitssuche gemäß seiner Lust und Laune nachgehen, d.h. zu jeder Zeit und so oft man will. Hauptsache man geht ihr nach, da sie den effektivsten Weg bildet, um den Glauben an Gott zu erlangen – und dies aus folgenden Gründen: 
 
  1. Das Gespräch, das ein Mensch jeden Tag mindestens eine Stunde lang mit Gott führt, erfüllt sein Herz mit dem Glauben an Ihn.
  2. Sobald ein Mensch sieht, dass seine Gebete von Gott erhört werden, bekommt sein Glaube, dass alles von Gottes Hand herbeigeführt wird, eine unerschütterliche Stärkung.
  3. Die Einsamkeitssuche bildet für einen Menschen die beste und effektivste Möglichkeit, um sich selbst bzw. alle seine Charakterzüge positiv zu verändern. Der daraus erfolgende charakterliche Wandel eines Menschen von etwas Schlechtem zu etwas Gutem entspricht dem Glauben an Gott, da es einem Menschen nur mittels des Glaubens möglich ist, solch einen Wandel zu vollziehen.
  4. Gott strahlt auf jeden Menschen, der sich bei Ihm für jede Kleinigkeit bedankt, das Licht der Wahrheit und des Glaubens aus.
  5. Aufgrund der tagtäglichen Sündenreue und den daraus resultierenden Entschuldigungen an Gott erlangt ein Mensch das Verständnis, dass alles in seinem Leben gut war, gut ist und gut sein wird. Dieses Wissen bildet den Hauptbestandteil des Glaubens.
 
 
Tastbarer Glaube 
 
Einer der einzigartigen Persönlichkeiten der Menschheit fragte einst, wie sich ein spürbarer Glaube erlangen lässt. Die Antwort darauf, gab er sich selbst, indem er zur Menschheit sprach:
 
„Bitte Gott um jede Sache oder jedes Detail, das dir fehlt. Wenn du z.B. dringend neue Schuhe benötigst, dann spreche zum Herrn:
 
Schöpfer der Welt, bitte blicke auf meine kaputten und zerrissen Schuhe. Es ist menschenunwürdig, weiterhin mit solchen Schuhen herumzulaufen, daher sende mir – auf welchem Weg auch immer – das nötige Geld, damit ich mir neue Schuhe kaufen kann!“
 
Ein Mensch muss sich bei allem, was ihm fehlt, an diese Vorlage halten und sie individuell auf sein derzeitiges Problem zuschneiden, indem man beispielsweise anstatt der Schuhe etwas anderes einsetzt. Auf diesem Weg wird einem relativ schnell klar, dass man alles von Gott erhält, wofür man aufrichtigen Herzens betet. Oder anders gesagt, ein Mensch erlangt auf diesen Weg den tastbaren Glauben!
 
Einst hauste ein äußerst weiser Mann in der polnischen Provinzstadt Radin, der kluge Rabbi Israel Me´ir HaKohen (der Chafez Chaim), der jedem Menschen den Rat gab, sich stets wie ein Junge, der mit seinem Vater spricht, an Gott zu wenden, und Ihn dabei mit einfachen Worten um Barmherzigkeit zu bitten. Des Weiteren versprach er jenen, die seinen Rat befolgten, dass Gott ihnen ihre Wünsche mit Sicherheit erfüllen wird.
 
Aus den bisherigen Aufführungen können wir schlussfolgern, dass ein Mensch um alles und jenes in seinem Leben beten muss, um so jeglichen Mangel endgültig zur Vergangenheit werden zu lassen. Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob es sich um große oder kleine Dinge handelt. Ein Mensch muss sich angewöhnen, Gott um alles, was man benötigt oder braucht, zu bitten.
 
Wenn ein Mensch den Besitz seiner Kleidung von sich selbst abhängig macht oder es sogar als selbstverständlich wertet, gleicht er einem Vieh, das ohne Verstand herumirrt und nicht versteht ,was sich hinter ihrem tagtäglichen Überleben verbirgt!
 
Jeder Mensch besitzt in der Regel einen gesunden Verstand, der es ihm ermöglicht einen Schöpfer dieser Welt zu erkennen, der alles auf dieser Welt leitet. Demzufolge liegt es in der Pflicht jedes Einzelnen, sich im Gebet an Gott zu wenden, um etwas in seinem Leben zu erreichen.
 
Einst erzählte Rabbi Nathan aus Breslev: „Eines Tages trat ich mit einem Hemd, an dem ein Knopf fehlte, vor unseren Rabbi (Rabbi Nachman aus Breslev). Als er das Fehlen des Knopfes wahrnahm, sagte er zu mir, dass ich mich mit einem Gebet um Erhalt dieses Knopfes an Gott wenden muss, indem ich Ihn zur Beseitigung dieses Problems bitte. Ich war äußerst erstaunt über diese Aussage, da ich es als Übertreibung empfand, Gott um so etwas Geringfügiges zu bitten. Doch Rabbenu (unser Rabbi [Rabbi Nachman aus Breslev]), der weise und kluge Mentor, erkannte an meinem Gesichtsausdruck meinen Gedankengang und fragte mich daraufhin, ob ich mir etwa zu stolz sei, Gott um etwas Geringfügiges zu bitten! …“
 
Rabbi Nathan zog aus dieser Frage die Lehre, sich umgehend an seinen Vater im Himmel zu wenden!  
 
In der Regel erscheint es einem Menschen, dass er Gott nicht um etwas Geringfügiges bitten muss, da er sich einbildet, es aus eigener Kraft erlangen zu können. Diese Denkweise ist selbstverständlich von Grund auf falsch, da sie eine ketzerische Gottesableugnung verkörpert. Sobald ein Mensch meint, aus eigener Kraft etwas Geringfügiges bewerkstelligen zu können, muss man sich im selben Augenblick darüber im Klaren sein, dass die Kraft zur Tatumsetzung ebenso von Gott gegeben ist. 
 
Folglich befindet sich ein Mensch, der sogar für die einfachsten Dinge betet, auf dem goldrichtigen Weg, da somit – langsam aber sicher – das Wissen, dass alles ausnahmslos von Gott herbeigeführt wird, in sein Blut übergeht. Wenn man sich also aneignet, über jede Kleinigkeit zu beten, erhält man von Gott den Glauben, dass die gesamte menschliche Kraft von Ihm abhängt, auf einem Silbertablett serviert. Und das Wissen, dass es außer Gott nichts anderes auf dieser Welt gibt, entspricht dem Glauben pur. 

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