Megillat Esther

Eine Geschichte zum Verlieben - Mordechai und Esther, der jüdische Independence Day ...

16 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 05.04.21

Eine Geschichte zum Verlieben – Mordechai und Esther, der jüdische Independence Day

 

Und es geschah in den Tagen des Königs Achaschverosch. Damals regierte er von Hodu bis nach Kusch über 127 Provinzen. Seine königliche Residenzburg befand sich in der Stadt Schuschan.

 

Im dritten Jahr seiner Regierungszeit veranstaltete er ein Gastmahl für all seine Fürsten und Knechte, das über 180 Tage lang andauerte, da er jedem innerhalb dieser Zeit den Reichtum und die Herrlichkeit seines Königreiches sowie die glänzende Pracht seiner majestätischen Größe zur Schau stellte.

 

Nach diesen 180 Tagen veranstaltete der König erneut ein riesiges siebentägiges Festmahl im Hof des königlichen Palastgartens. Dieses Mal waren allerdings nicht nur wohlhabende Fürsten geladen, sondern das gesamte Volk.

 

Zu diesem Anlass ließ der König seine Burg mit sagenhaften Dingen schmücken. So glänzte die Burg durch weiße Leinen und feinsten Baumwollstoffen sowie violettem Purpur, die allesamt mit Schnüren aus Byssus und rotem Purpur in silbernen Ringen an Marmorsäulen aufgehängt wurden. Des Weiteren richtete der König goldene und silberne Ruhezimmer ein, deren Böden durch den Anblick des Mosaiks und Marmors dazu verleiteten, sich auf dem Boden zu legen.

 

Wein gab es bei diesem königlichen Festakt Omas. Ausgeschenkt wurde aus goldenen Krügen, wobei keines dem anderen glich!

 

Die wunderschöne Königin – die Gemahlin des Königs – mit dem Namen Wasti, veranstaltete zur selben Zeit ebenfalls ein ähnliches Festmahl für die Frauen.

 

Am siebten und letzten Tag der Feierlichkeiten befahl der König seinen sieben persönlichen Dienern, sie sollen die Königin Wasti mit ihrem Diadem zu ihm kommen zu lassen. Er beabsichtigte nämlich, jedem die Schönheit seiner Frau zu präsentieren.

 

Doch die Königin erwies dem König eine klare Absage.

 

Der Zorn des Königs kannte daher keine Grenzen mehr. Sofort berief er das königliche Kabinett zusammen und beriet sich dabei mit seinen engsten Vertrauten und Ministern. Er wollte dabei ermitteln, welche Strafe seiner Frau für ihre Ungehorsamkeit gebühre. Einer seiner engsten Vertrauten und Diener sagte daraufhin: „Sehr geehrte Majestät! Die Königin Wasti hat sich mit ihrem Verhalten nicht nur gegenüber dem König rechtlich gesehen vergangen, sondern auch gegenüber allen Fürsten und im Grunde genommen gegenüber jedem Bürger der 127 Provinzen des Königs! Denn zum einen stellte sie den König vor allen Augen bloß und zum anderen lieferte sie mit diesem völlig unakzeptablen Verhalten jedem eine Aufforderung, den König sowie alle Ehemänner ebenfalls auf diese Weise zu missachten!

 

Aufgrund dessen müssen sie jetzt und hier – der Königswürde wegen – ein Urteil fällen, das Geschichte schreiben wird!

 

Zunächst muss man der Königin Wasti ihren königlichen Titel vollends aberkennen und ihr verbieten, sich jemals wieder vor den Augen des Königs in der Öffentlichkeit blicken zu lassen! Des Weiteren müssen sie sich daher eine andere Königin auswählen – eine, die es verdient, an der Seite des Königs zu stehen; sozusagen eine Frau, die besser ist als Wasti!

                                             

Solch ein Urteil würde die Ehre des Königs nicht nur wiederherstellen, sie wäre dadurch zusätzlich noch gestärkt! Und darüber hinaus wird es dann keine Frau mehr wagen, ihren Mann zu missachten!“

 

Dem König gefiel, was er hörte, und verkündete wortgetreu das Urteil!!!

 

Zur effektiven und schnellen Umsetzung bzw. Urteilsverbreitung erließ der König ebenfalls den Befehl, das Urteil per Post an jede private, königliche oder geschäftliche Einrichtung aller seiner 127 Provinzen in der jeweiligen Amtssprache zu versenden!

 

Nachdem der König diese Lawine unaufhaltsam ins Rollen gebracht hatte, legte sich sein Zorn nach einiger Zeit. Dabei überkamen ihm dann aber auch die Gedanken an seine Königin Wasti und an ihre Taten!

 

Daraufhin sagten die Vertrauten des Königs: „Eure Majestät! Nun ist die Zeit gekommen. Mit dem Erlass des Königs werden wir ihnen umgehend die hübschesten der unberührten Mädchen ihrer 127 Provinzen herbeischaffen! Diejenige, die dem König am besten gefällt, soll die neue Königin sein!“

 

Wie gesagt, so getan!

 

Man stellte für dieses Vorhaben natürlich auch zwei riesige Gebäude im königlichen Hof zur Verfügung. Das eine nannte man Frauenhaus, in dem alle Kandidatinnen zunächst versammelt werden sollten, und das andere war das Nebenfrauenhaus, indem alle Jungfrauen die vom König zunächst aussortiert wurden, Unterkunft finden sollten, bis der König endgültig kein Interesse mehr an ihnen zeigt.

 

Eines dieser wunderschönen jungfräulichen Mädchen war das jüdische Waisenkind Esther! Als ihr Vater und ihre Mutter gestorben waren, hatte Mordechai sie als seine Tochter angenommen.

 

Mordechai erzog Esther voller Liebe zu einer stolzen Jüdin! Doch als er von dem königlichen Erlass erfuhr, sagte er zu Esther, sie solle ihre Abstammung vorerst nicht preisgeben.

 

Jeden Tag beobachtete Mordechai, wie es Esther im königlichen Frauenhaus geht, und zwar solange, bis sie an der Reihe war, sich dem König Achaschverosch zu präsentieren.

 

Aufgrund ihrer Schönheit und ihrem bescheidenen Auftreten erlangte Esther die Gunst aller.

 

So führte man Esther also in den prächtigen Palast vor den König. Als dieser sie sah, verspürte er ihr gegenüber sofort ein Gefühl, das er bei allen anderen Jungfrauen vermisst hatte!

 

Ohne lange zu zögern setzte er ihr das königliche Diadem auf ihr Haupt und krönte sie somit an Wastis Stelle zur Königin!

 

Danach lud der König erneut zu einem Festakt ein! Des Weiteren gewährte er allen seinen 127 Provinzen einen Steuererlass und einige Vorteile mehr! Er wollte, dass sich jeder an seiner Freude mitbeteiligen konnte.

 

Trotz der Tatsache, dass Esther nun die offizielle Königin war, besuchte Mordechai sie nach wie vor, ohne dass jemand von ihrer jüdischen Herkunft etwas wusste.

 

Bei einem seiner täglichen Besuche am Königshof beobachtete Mordechai, wie zwei Königswachen voller Hass auf den König einen Mordversuch gegen diesen planten!

 

Mordechai berichtete über das, was er sah und hörte, natürlich sofort seiner adoptierten Tochter Esther, die als Königin diese Tatsachen dann dem König in seinem Namen weitergab.

 

Der König erteilte seinem Geheimdienst daraufhin umgehend den Befehl, herauszufinden, wer und weshalb man gegen ihn einen Mord plant.

 

Nach relativ kurzer Zeit befand der Geheimdienst die Worte Mordechais für richtig, und deshalb wurden die zwei ehemaligen Königswachen aufgrund ihrer Mordpläne an den Galgen gehängt.

 

Nach allen diesen Begebenheiten ernannte der König Achaschverosch einen Mann Namens Haman zum zweitmächtigsten Mann der 127 Provinzen des Reiches! Darüber hinaus ließ er ihn über alles Recht und Geschehen walten. Er war mit anderen Worten mächtig wie ein König.

 

Haman war unter den Völkern aufgrund seiner Macht ein sehr gefürchteter und/aber auch respektierter Mann. Überall, wo er auftauchte, wurde er königlich empfangen. Jeder Mensch, der in sah, verbeugte sich vor ihm. Ja, alle warfen sich ihm sogar nieder – bis auf einen, nämlich Mordechai!

 

Als die Menschen und königlichen Knechte um ihn herum sahen, dass er sich nicht verbeugte, geschweige denn niederwarf, sagten sie zu ihm empört: „Weshalb vergisst du dich andauernd an den Befehl des Königs! Der König befahl es uns, Haman zu respektieren, sich vor ihm zu verbeugen und sich vor ihm niederzuwerfen! Alle befolgen diesen Befehl – bis auf dich!“

 

Mordechai erklärte den Fragenden daraufhin, dass er Jude sei und sein Glaube es ihm verbietet, sich vor einem Menschen zu verbeugen, geschweige denn, sich vor ihm niederzuwerfen!

 

Seinen Kritikern interessierte der Glaube recht wenig und deshalb machten sich einige von ihnen auf den Weg zu Haman und berichteten ihm von der respektlosen Ungehorsamkeit Mordechais.

 

Der machtbesessene Egozentriker Haman machte sich daraufhin höchstpersönlich auf den Weg, um selbst zu sehen, ob er (Mordechai) es denn wirklich wagt, sich nicht vor ihm niederzuwerfen, wenn er neben ihm auf dem Pferd sitzt.

 

Haman begab sich also zu der Straße, wo sich Mordechai befand. Zu seinem unbeschreiblichen Entsetzen stellte er fest, dass sich zwar die ganze Straße zu seinen Ehren auf den Boden warf, allerdings bis auf einen, nämlich Mordechai! Der Zorn Hamans war nun – gelinde gesagt – grenzenlos …

 

Der überhebliche Haman bestrafte Mordechai vorerst nicht, da er alleine seine Hände an solch etwas Geringfügiges wie Mordechai – den Juden – nicht beschmutzen wollte.

 

Als Haman dann zu Hause ankam, entschloss er sich, alle Juden auf der Welt an nur einem einzigen Tag zu vernichten!

 

Haman ging daher zum König Achaschverosch und meinte: „Eure Majestät. Innerhalb ihrer 127 Provinzen gibt es ein verstreutes Volk, das sich von allen anderen Völkern absondert! Darüber hinaus leben sie nach ihren eigenen Gesetzen und Maßstäben! Das Wort ihrer Majestät hat für einen Juden gelinde gesagt keinen Wert!!! Solch eine Rasse hat es nicht verdient, in der Mitte des Königs zu weilen! Ich schlage deshalb vor, dieses törichte Volk vollständig zu vernichten! Des Weiteren werde ich veranlassen, meine eigenen Goldvorräte in die königliche Schatzkammer als Schadenersatz für die dann ausfallenden Steuerzahlungen der Juden zu stellen.“

 

Der König, der Haman vertraute, erteilte diesem die Erlaubnis, mit den Juden zu tun und zu lassen, was immer er für richtig befand! Dazu überreichte er ihm sogar sein königliches Siegel, damit er nun nach Belieben Urteile und Beschlüsse besiegeln könne. 

 

Der hasserfüllte Haman machte sich daraufhin umgehend ans Werk. Er erließ einen mit dem Köngissiegel versehenen Erlass, in dem er die totale Vernichtung aller Juden befahl! Männer, Frauen und Kinder! All dies sollte laut seinem Beschluss am 13. (des jüdischen Monats) Adar geschehen. Sogar für das Gut und Eigentum der Juden fand er eine Regelung, die vorsah, dass das Gut der Juden unter den hamantreuen Befehlsausführern verteilt werden sollte.

 

Zur effektiven und schnellen Umsetzung bzw. Urteilsverbreitung ließ er den Beschluss mit Eilboten an jeden Stadthalter, Bürgermeister und Stadtrat aller 127 Provinzen des Königs in der jeweiligen Amtssprache versenden!

 

Nach kurzer Zeit war dann in allen 127 Provinzen des Königs nur noch die Rede vom 13. Adar – dem Tag, an dem alle Juden vernichtet werden sollten. Überall wurde dieses Horrorszenario als eine Tat zum Wohle für die Welt verkündet.

 

In der königlichen Hauptstadt aller Provinzen Schuschans formte der größenwahnsinnige Haman den Erlass zu einem für alle verbindlichen Gesetz! 

 

Haman verkaufte dem König den Feldzug gegen die Juden als etwas Hervorragendes, mit dem er in die Geschichte eingehen würde. Mit Wein und Gesang feierten sie dann dieses neue Gesetz Schuschans …

 

Als Mordechai von all dem erfuhr, zerriss er voller Kummer und Leid alles, was er an sich trug und kleidete sich mit einem Sack und streute Asche auf sein Haupt. Dieses sogenannte Gesetz sorgte bei allen Juden der Provinzen für unbeschreibliches Entsetzen und Trauer!

 

Die Königin Esther, die ja selbst eine Jüdin war, dies aber bis dahin verheimlichen konnte, wusste bis dahin von alledem nichts.

 

Doch nach dem Trinkgelage des Haman mit dem König wurde sie stutzig, und ihre Dienerinnen erzählten ihr dann von dem unbeschreiblich grausamen Vorhaben.

 

Esther war gelinde gesagt schockiert und völlig verwirrt. Verständlicherweise bekam sie es selbst auch mit der Angst zu tun.  

 

Mordechai kam wie gewöhnlich seine Tochter Esther am Königshof besuchen. Doch aufgrund seiner Kleidung und bedeckt mit Asche gewährten ihm die Wachen keinen Eintritt. Esther erfuhr davon und ließ ihm neue Kleidung bringen, doch Mordechai weigerte sich diese anzuziehen. Infolgedessen befahl sie einem ihrer Diener, sich auf den Weg zu Mordechai zu begeben und alle erforderlichen Informationen mit ihm auszutauschen …

 

Wie von Esther befohlen, machte sich ihr Diener auf dem Weg zu Mordechai. Als Mordechai ihn bemerkte, begann er ihm alles, was er wusste, mitzuteilen. Er berichtete über den exakten Wert der Gold- und Silberreserven, die Haman dem König als Gegenleistung für die Ermordung aller Juden versprach, übereichte ihm eine Kopie des erlassenen Gesetzes und noch weitere Einzelheiten.

 

Aufgrund all dieser Tatsachen sagte Mordechai: „Geh nun mit all diesen Dingen zu meiner Tochter Esther und sage ihr, dass sie sich umgehend auf den Weg zum König begeben muss! Sie muss ihn und Gnade bitten und anflehen, dieses Gesetz wieder rückgängig zu machen!“

 

Der Diener Esthers rannte also zu seiner Königin und überbrachte ihr die Botschaft.

 

Diese blickte ihn an und meinte: „Jeder Mensch des Reiches weiß, das sich niemand – auch ich als Königin – dem König ohne eine ausdrückliche Erlaubnis von ihm nähern darf! Wer dieses Gesetz missachtet wird sofort zum Tode verurteilt, es sei denn, der König begnadigt ihn. Nach all diesen Dingen, die Du mir bis jetzt erzählt hast, glaube ich nicht, dass der König mein Flehen erhören wird! Im Gegenteil, er wird mich am Galgen aufhängen. Geh zu Mordechai und sage ihm, es wäre unmöglich für mich, den König derzeitig und deswegen zu kontaktieren, denn es bedeutet eine Lebensgefahr für mich!“

 

So übermittelte der Diener Esthers ihre Worte. Der sehr empfindsame Mordechai konnte seinen Ohren nicht trauen und sagte: „Richte ihr von mir schöne Grüße aus und sage ihr wortwörtlich: ,Wenn du dir tatsächlich einbildest, im Haus des Königs in Sicherheit zu sein, dann täuschst du dich aber gewaltig! Denn anscheinend bist du der Meinung, dass alle Juden – bis auf dich – in Lebensgefahr seien! Gott wird diesem Plan mit Sicherheit nicht zustimmen, daher hast du jetzt die einmalige Chance, deinen Mund zu öffnen und dich umgehend zum König zu begeben. Du hast den Rang als Königin nur wegen dieses einen Augenblicks in deinem Leben errungen, daher nutze die Gunst der Stunde! Habe doch keine Angst vor dem König! Er wird dich mit Sicherheit deswegen nicht an den Galgen hängen lassen! Daher laufe jetzt zum König und offenbare dich vor ihm! Bitte um Gnade für dich und dein Volk! Du darfst keine Zeit mehr verlieren!“

 

Als Esther diese Worte in Empfang nahm, befahl sie ihrem Diener, erneut Mordechai aufzusuchen und ihm Folgendes mitzuteilen: „Mordechai! Versammle alle Juden Schuschans an einem Ort! Öffne dabei jedem die Augen, so wie du sie mir geöffnet hast!Fordere sie alle anchließend dazu auf, um meinetwillen drei Tage lang zu fasten! Auch ich selbst werde gemeinsam mit meinen Dienerinnen ebenso fasten. Nach diesen drei Tagen werde ich mich dann auf den Weg zum König begeben und – mit Gottes Hilfe – versuchen, diesen Spuk endgültig zu beenden!!! Wenn ich dabei allerdings umkommen sollte, dann verliert deswegen nicht die Hoffnung! Im Gegenteil, vertraue auf das Gute und es wird gut.“

 

Mordechai befolgte die Worte Esthers und führte alle Juden Schuschans zusammen. Drei Tage und Nächte lang fasteten sie ununterbrochen.

 

Nach diesen drei Tagen war es dann soweit! Esther schminkte und kleidete sich traumhaft schön und ging so – unerlaubt – zum König!

 

Als dieser die Königin Esther sah, verliebte er sich erneut in sie, so als hätte er sie nie zuvor gesehen. Er reichte ihr sein Zepter und bat sie zu sich. Der König blickte ihr tief in die Augen und fragte sie: „Esther! Wunderschöne Esther! Was hat dich zu mir geführt! Nach was hat dein Herz verlangen? Die Hälfte meines Königreiches bin ich bereit dir zu schenken …“

 

Da antwortete Esther: „Mein geliebter König! Wenn Sie es erlauben, würde ich Sie und Haman zusammen gern zu einem von mir zu bereiteten Festmahl einladen!“

 

Der König erwiderte ihr daraufhin: „Wie nett von dir! Natürlich kommen wir zu deinem Festmahl, meine Schönheit!“

 

Anschließend ließ der König nach Haman rufen. Als er daraufhin im Königshaus eintraf, gingen sie gemeinsam in den Saal, in dem Esther das königliche Mahl vorbereitet hatte.

 

Nachdem der König dann ausgiebig gespeist und Wein getrunken hatte, fragte er die Königin Esther: „Esther, bitte sage mir doch endlich: Was ist deine Bitte?! Öffne deinen bezaubernden Mund, und nach deinem Wort soll getan werden! Offenbare mir dein Begehren und bis zur Hälfte meines Königreiches soll dein sein!“

 

Da antwortete Esther: „Wenn ich in den Augen des Königs Gunst gefunden habe und es dem König recht ist, mir meine Bitte zu gewähren und mein Begehren zu erfüllen, so möge der König doch bitte auch morgen gemeinsam mit Haman zu dem Mahl kommen, das ich euch bereiten möchte. Morgen würde ich dann gern dem König mein Herzanliegen offenbaren.“

 

Der König stimmte der Bitte Esthers zu und freute sich auf den morgigen Tag!

 

Haman ging nach dem Festmahl fröhlich und guten Mutes nach Hause.

 

Doch als er dann den Königshof verließ und sah, dass Mordechai, der am Eingangstor des Königshof stand, nach all den Verkündigungen es immer noch wagt, sich nicht vor ihm niederzuwerfen, rastete er völlig aus!

 

Haman kochte vor Wut! Doch am Königshof wollte er keine Szene machen und so ging er weiter, als ob nichts geschehen wäre.

 

Als er dann zu Hause ankam, weinte er sich sowohl bei seinen Freunden und auch bei seiner Frau Seresch aus.

 

Haman erzählte ihnen von seiner sagenhaften Macht und dem Respekt, das ihm jeder entgegenbringt. Des Weiteren erwähnte er, dass er 208 Kinder hätte, überaus reich und außerdem die mächtigste Person im Imperium sei!

 

Er war im Grunde genommen der wirkliche Herrscher, denn König Achaschwerosch hatte ihm sogar sein Zepter übergeben. Haman konnte also tun und lassen, was er wollte. Infolgedessen verbeugte sich die gesamte Welt voller Respekt und Ehrerbietung vor ihm.

 

Auch zum königlichen Festmahl, bei dem eigentlich nur der König mit seiner Königin speisten, war er geladen!

 

Doch der Bösewicht Haman sagte zu alldem: „All das ist in meinen Augen nichts wert, solange sich Mordechai – der Jude – sich auch nicht meiner unterwirft!“

 

Die Freunde Hamans und dessen Frau litten allerdings ebenfalls an derselben Hochmütigkeit und Selbstüberschätzung und deshalb rieten sie ihm: „Der Jude Mordechai hat es nicht verdient zu leben! Daher musst du heute noch einen 50 Ellen hohen Holzpfahl im Königshof errichten lassen! Morgen in der Früh musst du dann dem König davon berichten, das Mordechai daran aufgehängt wird! Und anschließend kannst du entspannt und gutgelaunt zum Festmahl gehen, das die Königin Esther für euch vorbereitet haben wird …!“

 

Haman gefielen diese Worte sehr gut. Endlich sprach jemand das aus, was er sich die gesamte Zeit hinweg dachte.

 

Also ließ Haman den Galgen erbauen und wartete voller Rachlust auf den morgigen Tag.

 

In jener Nacht ging es dem König nicht sonderlich gut und konnte deshalb nicht einschlafen. Daher befahl er seinen Dienern, ihm die Chronik seines Reiches herbeizubringen, um ihm daraus etwas vorzulesen. Der König hatte also ein Buch, in dem er jedes Geschehnis unmittelbar eintragen ließ.

 

Der Diener schlug also wie befohlen das Buch auf und begann vorzulesen. Er begann mit der Stelle, wie Mordechai das Leben des Königs rettete, als er damals auf die Verschwörung jener Verbrecher gegen den König hinwies!

 

Der König war von der Geschichte sehr angetan und sagte: „Mordechai! Ich habe ihm ja damals überhaupt keine Gegenleistung für seinen Heldenmut erfahren lassen! Welche Ehre und Auszeichnung sollte man ihm für diese unbeschreibliche Tat erweisen!?

 

Die Diener des Königs unterstrichen dabei erneut, dass man sich bei Mordechai tatsächlich nicht einmal dafür bedankte! Der König wollte sich dafür eines seiner engeren Berater bedienen und fragte daher seine Diener, wer denn gerade im königlichen Hof anwesend sei.

 

Der Diener blickte aus dem Fenster und sah, wie Haman gerade am Palast vorbeigeht. Als er dem König dies mitteilte, befahl dieser, dass man Haman umgehend zu ihm bringen sollte!

 

Haman war nicht zufällig vor dem königlichen Palast! Er wollte nämlich gerade selbst zum König gehen und ihm berichten, er würde gleich in der Früh mit der Zeremonie der Galgenerhängung Mordechais beginnen.

 

Als einer der königlichen Wachen auf Haman zuging und ihm mitteilte, dass der König nach ihm rufe, war sein Hochmut nicht mehr zu übertreffen. Nun war er endgültig davon überzeugt, alles wird nach seinem Plan gehen!

 

Als Haman dann vor dem König stand, wurde er von diesem befragt: „Haman! Was soll man mit dem Mann tun, an dessen Ehrung der König einen so großen Gefallen hat?“

 

Der selbstverliebte Haman dachte sich in seinem Herzen natürlich sofort: „Wem könnte der König wohl mehr Ehrung erweisen wollen als mir?“

 

Daher antwortete er dem König: „Was den Mann betrifft, an dessen Ehrung der König Gefallen hat, so sollte man ihm meines Erachtens solch ein königliches Gewand bringen, mit dem sich der König bereits selbst bekleidet hat. Außerdem sollte man ihm ein Pferd, auf dem der König selbst schon geritten ist, schenken. Des Weiteren sollte man ihm feierlich vor den Augen des Volkes eine Art Krone aufsetzten, die dem König selbst als Kopfschmuck diente. Darüber hinaus sollten all diese Dinge von einem der bedeutendsten Minister oder Vertrauten des Königs überreicht werden. Anschließend muss man dem Mann, an dessen Ehrung der König so übergroßen Gefallen hat, wie ein König über den Platz der Stadt reiten lassen, damit jeder Bürger des Königs rufen wird: ´So wird dem Mann getan, dessen Ehrung dem König gefällt´!“

 

Der König sagte daraufhin zu Haman: „Nach deinem Wort soll gehandelt werden! Daher beeile dich nun und nimm dir das Gewand, das Pferd und die Krone, die ich dir geben werde. Anschließend musst du sie dann nur noch feierlich dem Juden Mordechai überreichen!“

 

Haman stand fassungslos wie ein begossener Pudel vor dem König. Da sprach der König zu Haman: „Na! Nun aber los! Worauf wartest du denn noch?! Brauchst du etwa eine Extraeinladung!“

 

Der völlig am Boden zerstörte Haman berief also die gesamte Stadt zum Königshof und überreichte Mordechai all die bezaubernden und überaus hochwertig teuren Dinge. Anschließend ließ er Mordechai mit Begleitung und vorbereiteten Straßensperren durch die Stadt reiten! Und schließlich war er es dann auch, der den neuen Schlachtruf ertönen ließ: „So wird dem Mann getan, an dessen Ehrung der König Gefallen hat!“

 

Die gesamte Hauptstadt Schuschan schrie also in Richtung Mordechai das, was Haman eigentlich über sich selbst hören wollte… !

 

Nachdem sich der Trubel legte, ging Haman wie ein am Boden zerstörter Mensch nach Hause. Dort wartete bereits seine Familie auf ihn, die wirklich nicht verstand, weshalb es so gekommen war, schließlich sollte er doch Mordechai an den Galgen hängen lassen. Stattdessen hob er ihn – wie noch nie vorher jemanden in der Geschichte – empor!

 

Haman konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten und erzählte ihnen hasserfüllt, was in der besagten Nacht, als der König nicht einschlafen konnte, passierte …

 

Die Ratgeber Hamans meinten daraufhin: „Nach dem neuesten Stand der Dinge wirst du wohl nichts mehr gegen Mordechai ausrichten können! Im Gegenteil, weil Mordechai ein Jude ist, scheint es uns derzeit so, dass du aufgrund des von dir ins Leben geweckte Gesetzes zur totalen Judenvernichtung als Einziger daran zugrunde gehen wirst! Allem Anschein nach wird dir das über kurz oder lang zum Verhängnis werden!“

 

Aufgrund all dieser brisanten Ereignisse wurde das von Esther für den König und Haman schon vorbereitete Mahl auf den nächsten Tag verschoben.

 

Der König war überglücklich und konnte daher auch nicht einschlafen. Er befahl erneut seinen Dienern, ihm die Chronik seines Reiches zu bringen und ihm daraus wieder etwas vorzulesen. Der Diener tat dies, bis der König eingeschlafen war.

 

In der Früh ließ dann der König den Haman zu sich beordern, um anschließend mit ihm gemeinsam zum von Esther vorbereiteten Festmahl zu gehen.

 

Nachdem der König dann ausgiebig gespeist und Wein getrunken hatte, fragte er die Königin Esther erneut: „Esther, bitte sage mir doch endlich: Was ist deine Bitte?! Öffne deinen bezaubernden Mund, und nach deinem Wort soll getan werden! Offenbare mir dein Begehren und bis zur Hälfte meines Königreiches soll dein sein!“

 

Darauf erwiderte die Königin Esther: „O König! Wenn ich Gunst gefunden habe in deinen Augen, dann schenke mir bitte weiterhin mein Lebe – meines und das Leben meiner jüdischen Brüder und Schwestern! Ich bitte dich darum, da man sich gegen mich und meinem Volk verschworen hat! Es gibt jemanden, der es sich zum Ziel machte, uns zu töten, ja sogar richtig auszurotten! Wenn dieser Jemand stattdessen geplant hätte, uns Juden als Sklaven an die Welt zu verkaufen, dann hätte ich geschwiegen, ohne den König diesbezüglich zu belästigen! Aber nun geht es ja um Leben und Tod!“

 

Da sprach der König Achaschverosch voller Entsetzen: „Wer ist dieser Jemand, der es wagt, so etwas Schreckliches in meinem Reich zu planen?!“

 

Und die Königin Esther sagte daraufhin: „Der Bedränger und Feind aller Juden ist der Mann, der direkt neben ihrer Seite sitzt! Haman, der böse Haman!“

 

Dem Haman wurde daraufhin natürlich Angst und Bange.

 

Wutentbrannt sprang der König aus seinem prächtigen Thron und ging in den Garten des Palastes, um zu überlegen und dann zu entscheiden, was er tun wird.

 

Der böse Haman blieb inzwischen im Palast, um bei der Königin Esther um sein Leben zu flehen. Denn er sah, dass sein Ende jetzt beschlossene Sache sein wird! Nach einigen Minuten kehrte der König dann zurück und sah, wie Haman der Königin regelrecht sehr Nahe kam, um sie auf diese Weise davon zu überreden, mit dem König zu sprechen. Als der König das sah, wurde er noch wütender als zuvor und schrie: „Wagst du es etwa – sogar in meiner Gegenwart – hier in meinem Haus der Königin Gewalt anzutun!?“

 

Noch bevor der König diesen Satz aussprechen konnte, sagte einer der königlichen Diener: „König! Nicht nur, dass Haman gerade Hand an der Königin anlegen wollte! Nein, er hat für heute auch noch geplant, den Juden Mordechai auf dem Königshof an einem von ihm errichteten 50 Ellen hohen Holzgalgen zu erhängen!“

 

Da sagte der König: „Hängt ihn selber daran auf!“

 

Wie gesagt, so getan! Haman wurde also an dem von ihm selbst errichteten Holzgalgen aufgehängt!

 

Nachdem der böse Haman so sein verdientes Ende fand, legte sich die Wut des Königs.

 

Anschließend schenkte der König Achaschverosch der Königin Esther sogar das Haus Hamans!

 

Die Königin Esther erzählte dem König nun auch, dass Mordechai sie nach dem Tod ihrer Eltern adoptierte. Der König zeigte sich von ihren Worten sehr gerührt und befahl, dass man Mordechai zu ihm führen sollte.

 

Als der König dann Mordechai sah, übergab er ihm sein königliches Siegel, das er Haman vor seiner Hinrichtung abnahm. Er übertrug Mordechai somit die Macht, die Haman zuvor gegeben wurde.

 

Die Königin Esther warf sich nun also vor dem König nieder und bat ihn darum, das von Haman erlassene Gesetz der totalen Judenvernichtung zu widerrufen!

 

Da sagte der König Achaschverosch zur Königin Esther und zu Mordechai: „Seht, ich habe das meine getan! Ich habe Mordechai zum mächtigsten Mann in meinem Reich gemacht und Haman an den Galgen gebracht. Doch ein mit meinem Siegel erlassenes Gesetz ist nicht mehr zu widerrufen. Daher müsst ihr jetzt zur effektiven und schnellen Urteilsverbreitung den neuen Beschluss mit Eilboten an jeden Stadthalter, alle Bürgermeister und Stadträte meiner gesamten 127 Provinzen – in der jeweiligen Amtssprache – versenden!“

 

Mordechai handelte sofort und sandte Eilboten aus, die nach dem neuen Gesetz handeln sollten! Da man das alte Gesetz allerdings nicht widerrufen konnte, konnte nun jeder nach seinem Willen handeln! Infolgedessen war dann nach kurzer Zeit in allen 127 Provinzen des Königs nur noch die Rede vom 13. Adar, dem absoluten Independence Day! Alle Bürger hatten nun also die Wahl, sich an das für diesen Tag bestimmte Gesetz Hamans zu halten oder sich nach dem neuen Regelwerk Mordechais zu richten.

 

Als sich dann in allen 127 Provinzen auch noch herumgesprochen hatte, dass Mordechai nun der neue Herrscher sei, da man Haman am Galgen aufgehängt hatte, fürchteten sich sehr viele von denen, die mit der Judenvernichtung eigentlich einverstanden waren.

 

Mordechai rief hindessen auch zum gerechten Selbstverteidigungszug auf! An jenem 13. Adar, an dem der böse Haman die Vernichtung aller Juden sehen wollte, ermutigte Mordechai alle Juden sowie alle Bürger der 127 Provinzen, diejenigen, die dieses Vorhaben durchführen oder gutheißen wollten, zu töten, da sie sich bestimmt weiterhin an das von Haman mit dem königlichen Siegel erlassenen Gesetzes halten würden …

 

Und tatsächlich war der 13. Adar von Kämpfen bestimmt, bei denen die Juden und deren Unterstützer als klare Sieger hervorgingen! Anschließend wurde auch mit Überläufern zu den Feinden abgerechnet!

 

Der 13. Adar war der ultimative Independence Day für die Welt – und vor allem für das jüdische Volk! Und deshalb feierten sie die Tage nach dem Sieg und der Erlangung der Unabhängigkeit – sowie die Ernennung Mordechais zum wahren Herrscher über alle 127 Provinzen des Königs!

 

In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein wunderschönes Purim-Fest!!!

 

Ihr David Kraus

 

 

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