Sie sagt es – aber ich weiß es

Nach seiner Hochzeit gelang es ihm tatsächlich, das Einverständnis seiner Frau zu erhalten, die sich bereit erklärte, ihn für drei Jahre zu entbehren.

3 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 06.04.21

Es war einmal ein Sohn, dessen Vater eine führende Rolle in der Gesellschaft innehatte. Eines Tages entschloss sich dieser Sohn, dass er unmittelbar nach seiner Hochzeit für drei Jahre bei einem weisen und gerechten Mann in Heiligkeit und Reinheit studieren werde. Nach seiner Hochzeit gelang es ihm tatsächlich, das Einverständnis seiner Frau zu erhalten, die sich bereit erklärte, ihn für drei Jahre zu entbehren. Sein Vater kochte hingegen vor Wut; ihm ging es nicht in den Kopf, wie der Sohn seine junge Frau – unmittelbar nach deren Hochzeit – für drei Jahre ohne jede finanzielle Unterstützung alleine lassen kann.

Des Weiteren empfand er es als eine Frechheit, dass er sich jetzt drei Jahre lang um die Versorgung und Verpflegung seiner Schwiegertochter kümmern solle. Er versuchte daher, seinem Sohn diese Pläne aus dem Kopf zu schlagen. Doch als er erkannte, dass er mit seinen Überredungsversuchen auf Granit biss, ließ er seinen Sohn walten, mit dem Trost, dieser würde sicherlich mit einer Urkunde eines Richters oder Gesetzeslehrers zurückkehren, um so zu Wohlstand und vielleicht sogar Reichtum zu gelangen.

Nach drei Jahren empfing die gesamte Familie den Sohn voller Sehnsucht mit Liebe und Wärme. Nachdem er sich von den Reisestrapazen erholt hatte, fragte ihn sein Vater voller Neugierde:
 
„Mein Sohn! Erzähle mir doch bitte, was du gelernt hast. Und für welchen Beruf du dich entschlossen hast. Bist du nun ein Richter oder ein Gesetzeslehrer? Welche Lehren hast du bei deinem Studium im Haus des weisen und gerechten Mannes gezogen?“
 
Sein Sohn erwiderte ihn:
 
Geschätzter Vater, in den drei Jahren meiner mühevollen Arbeit und Paukerei zum Erhalt von Wissen, Vernunft und Einsicht, lernte ich nur eine einzige Sache: Der Ewige ist der Eine und Einzige Gott!“
 
Sein Vater schrie erzürnt und empört zugleich:
 
Was!? Das ist alles, was du in den drei Jahren gelernt hast. Eine Sache, die sogar jeder einfachen Putzfrau klar ist.“
 
Unmittelbar darauf rief er die alte und arme Putzfrau und konfrontierte sie mit der Frage:
 
Bitte sage mir doch, wer der Herrscher und Gebieter über diese ganze Welt ist, und wer alle Geschöpfe und Lebewesen unter seinen Fittichen hat?“
 
Sie erwiderte:
 
Gott ist der Ewige im Himmel, und der Ewige auf Erden!“
 
„Und wer heilt alle Kranken?“ fragte er weiter. „Gott ist der Allheil bringende Arzt!“ antwortete sie. „Und wer verpflegt und versorgt jedes Lebewesen auf diesem Planeten?“ fragte er erneut. „Gott verpflegt und versorgt!“ antwortete sie.
 
Der Vater blickte zähneknirschend auf seinen Sohn und sagte:
 
„Nun, was sagst du jetzt!? Nachdem du sahst, dass eine alte, einfache und arme Frau sich sogar darüber im Klaren ist, dass der Ewige, der Eine und Einzige Gott ist, sowie der Allheil bringende Arzt, der Verpfleger und Versorger! Um so etwas Einfaches zu lernen musstest du nach deiner Hochzeit drei Jahre verschwinden!?“ 

Der Sohn erwiderte seinen Vater: „Geliebter Papa, sie sagt es – aber ich weiß es!!!“
 
Diese Geschichte gleicht der Geschichte der Seele, die auf diese Welt herunter kam. Als sich die Seele im Himmel befand, kann es sein, dass sie tatsächlich wahrnahm, dass der Ewige der Eine und Einzige Gott ist, der nur Gutes tun will und dessen Barmherzigkeit keine Grenzen kennt. Allerdings war diese Wahrnehmung (wenn überhaupt) auf einfachster Basis, so wie wir etwas theoretisch kennen, doch praktisch keine Ahnung davon haben. Folglich musste die Seele, um aus ihrer Theorie Praxis werden zu lassen, auf diese Welt voller Abenteuer und Glaubensprüfungen in einen menschlichen Körper herunterkommen! Aufgrund dessen wird sich ein Mensch den Glauben niemals aneignen können, solange er sich nicht dazu bereit erklärt, auf diesem Planeten Glaubensprüfungen zu durchleben, die ihm zum Glauben mit voller Überzeugung führen sollen. Er wird es vielleicht über die Lippen bringen, dass der Ewige der Eine und Einzige Gott ist, so wie die alte und unbemittelte Putzfrau. Doch zu einem fundierten Wissen darüber was er damit meint, wird er mit Sicherheit nicht kommen! Um einen tiefen Glauben zu erlangen, bedarf es vieler Übungen, an denen man sich beweisen muss. Nur mittels dieser Übungen bzw. dieser Glaubensprüfungen wird es einem Menschen möglich sein, den vollen Glauben zu erlangen, um so dem Sinn, Zweck und Grund seiner Erschaffung gerecht zu werden.

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