Wer bin ich?

Es gibt Menschen die sich Tag und Nacht den Kopf darüber zerbrechen, wie sie an das große Geld oder den feuerroten Ferrari-Sportwagen gelangen können.

7 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 06.04.21

Wenn ein Mensch Gott einen Witz erzählen möchte, dann muss er Ihm lediglich seine Lebenspläne offenbaren! Es gibt Menschen die sich Tag und Nacht den Kopf darüber zerbrechen, wie sie an das große Geld oder den feuerroten Ferrari-Sportwagen gelangen können. Gott hört sich dann die fantasievollen Pläne aufmerksam an, doch in Wahrheit findet Er diese Einstellung zum Leben nur zum Lachen.

Hand aufs Herz!
 
Kennst du einen Menschen, dessen Leben sich in der Wirklichkeit so entwickelte, wie er es sich einmal vorgestellt hatte!?
 
JEDER wird darauf nur mit NEIN antworten!
 
Weshalb?
 
Einfach weil Gott uns lenkt und führt! Gott ist der Hausherr über unser Leben – und das ist auch gut so! König Salomon sagte einst voller Weisheit, wenn Gott einen Menschen nur für fünf Minuten Gott sein lassen würde, ein Mensch also fünf Minuten lang entscheiden könnte, was später einmal in seinem Leben geschehen wird, dann würde Er gemäß des göttlichen Blicks, den Gott ihm für fünf Minuten übertrug, überhaupt nichts an seinem Leben verändern. Ihm würde nämlich – auf dem königlichen Thron Gottes sitzend – bewusst werden, dass sein derzeitiges Leben perfekt ist!
 
Der Mensch gleicht einem Kinobesucher, der zu spät zum Film erscheint. Er hat vom bisherigen Geschehen auf der Leinwand keine Ahnung und reimt sich einfach von den paar Minuten die er dann gesehen hat seinen eigenen Filmablauf zusammen. Am Ende des Filmes wird ihm dann allerdings klar, dass er sich den Film unbedingt noch einmal von Anfang an ansehen muss, weil er absolut spannend und gut gemacht sei! Und dies obwohl er den Kinosaal am liebsten schon nach fünf Minuten wieder verlassen hätte. Weshalb hätte er ihn am liebsten wieder verlassen? Weil er nicht wusste was vorher geschah und was dann geschehen wird. Nachdem er aber das Happy End des Filmes sah, wurde ihm bewusst, der Film ist großartig.
 
Genau das versuchte uns König Salomon mit auf unseren Weg zu geben. Mit den weisen Worten König Salomons lässt sich aber auch eindeutig entnehmen, dass ein Mensch ohne Gott ohne Halt ist.
 
Vor einigen Tagen trat ein Jude auf mich zu und meinte:
 
„Rabbi David, mein Leben gleicht einem Horrorfilm! Ich versuche mit aller Kraft mit Gott zu sprechen, um so endlich zu verstehen, was in meinem Leben vorgeht! Doch ich bekomme einfach keine Antwort von Ihm!“
 
Ich antwortete, dass er auf alle Fälle an seinem Glauben festhalten muss und dass Gott ihm bestimmt – früher oder später – eine glasklare Antwort auf seine Probleme schenken wird. Und dann erzählte ich ihm folgende Geschichte über den Urgroßvater des Zaddiks Rabbi Nachman aus Breslev und Begründer des Chassidismus: Rabbi Israel, bekannt als der Baal Schem Tov:
 
Als der weise Baal Schem Tov seinen nahen Tod spürte, erteilte er seinen engsten Schülern den Auftrag, sie sollen um die Welt reisen und so die Juden mit dem wunderschönen Chassidismus bekannt zu machen und zur Jiddischkeit zurückzuführen.
 
Einer seiner Schüler war Rabbi Ja´akov. Für ihn hatte der Baal Schem Tov einen ganz besonderen Auftrag. – Er nahm sich also seinen Schüler vor und beauftragte ihn, er solle von Ort zu Ort reisen und jedem Juden alles darüber erzählen, was er in all den Jahren an der Seite des Baal Schem Tovs erlebt hatte.
Der treue Schüler Rabbi Ja´akov machte sich daraufhin unmittelbar auf den Weg, um so den Wunsch seines Mentors zu erfüllen. Mehrere Jahre lang erfüllte er seine Mission voller Hingabe. Doch mit der Zeit wurde sein Heimweh immer größer. Deshalb wandte er sich an Gott und bat Ihn um ein klares Zeichen, ob er nun seinen Auftrag – und somit den letzten Willen seines Rabbis – schon erfüllt habe.

Ohne ein konkretes Zeichen von Gott erhalten zu haben, führte ihn sein Weg weiter nach Italien. Ihm kam nämlich zu Ohren, dass dort ein äußerst reicher Jude lebte, der bereit ist für jede Geschichte über den Baal Schem Tov die ihm zugetragen wird, einen sehr hohen Preis zu bezahlen.

 
Als er das Haus dieses reichen Juden erreichte und den Wachen von seiner Mission erzählte, wurde er vom Hausherrn höchstpersönlich wie ein Fürst empfangen. Er ließ ihn sogar im edelsten Zimmer seines Hauses residieren.
 
Rabbi Ja´akov bereitete sich unterdessen gut vor, da er nach Wunsch des großzügigen Hausherrn den gesamten Schabbat hindurch viele Geschichten erzählen sollte.
 
Bei der ersten Schabbat-Mahlzeit war es dann soweit. Der Hausherr bat Rabbi Ja´akov auf das Rednerpult um eine Geschichte über den Baal Schem Tov vorzutragen.
 
So stand der treue Schüler auf und ging motiviert zum Rednerpult. Doch zu seinem Entsetzen stand er wie aus dem Nichts mit einem leeren Kopf da! Ihm fiel schlicht und ergreifend nichts mehr ein.
 
Die neugierigen Zuhörer waren nicht weniger überrascht! Nur der großzügige Gastgeber blieb ungerührt. Er bat Rabbi Ja´akov sich einfach ein wenig auszuruhen, da er bestimmt von der langen Reise immer noch sehr erschöpft und müde sei. Und wenn er sich wieder gut fühle, so kann er ihn ja erneut aufsuchen und ihm eine Geschichte erzählen. Rabbi Ja´akov eilte also voller Schmach in sein Zimmer, doch siehe da, plötzlich fielen ihm alle sagenhaften Geschichten wieder ein!
 
Als er am nächsten Tag zur zweiten Schabbat-Mahlzeit erneut das Rednerpult betrat verstummte er wieder wie am Vorabend! Doch dieses Mal fiel ihm auch in seinem Zimmer, in das er erneut ging um Kraft zu schöpfen, nichts mehr ein, daher wurde er unheimlich traurig und meinte:
 
„Wer weiß für welche Sünde Gott mich nun so bestraft!“

Nach dem Ende des Schabbats suchte ihn der edle Gastgeber auf und meinte mit behutsamer Stimme:

 
„Lieber Rabbi Ja´akov, nun sind wir alleine! Vielleicht kannst du dich ja jetzt an eine Geschichte über den Baal Schem Tov erinnern.“
 
Rabbi Ja´akov gab sich wirklich sehr große Mühe, aber es fiel ihm beim besten Willen nichts ein. Voller Scham kündigte er daher seine sofortige Abreise an.

Der Gastgeber sagte daraufhin wie aus der Pistole geschossen:

 
„Nein! Auf gar keinen Fall! Du bist und bleibst mein Gast! Du kannst solange bei mir wohnen, bis dich dein Gedächtnis nicht mehr im Stich lässt!“
 
Nach einem kurzen hin und her einigten sie sich auf ein paar Tage! „Wenn bis dahin nichts in meine Erinnerung zurück kommt, dann werde ich abreisen“, sagte Rabbi Ja´akov.
 
Als der festgesetzte Tag kam und sich Rabbi Ja´akov immer noch nicht an eine Geschichte über den Baal Schem Tov erinnern konnte, packte er seine Sachen und reiste voller Schmach ab.
 
Er belud also seine Kutsche und fuhr los. Aber genau in dem Moment als die Kutsche ins Rollen kam, schoss ihm wie aus dem Nichts eine Geschichte in den Kopf. Er sprang daraufhin – ohne mit der Wimper zu zucken – von der Kutsche herab und rannte zum edlen Gastgeber. Er sagte zu ihm:
 
„Sagen sie nichts, hören sie mir nur einfach zu!!! –
 
Vor etwa zehn Jahren machte sich der Baal Schem Tov gemeinsam mit einigen seiner Schüler auf den Weg in eine unbekannte Stadt. Am Tag ihrer Ankunft sahen sie, wie sich fast die gesamte Stadtbevölkerung auf dem Marktplatz versammelt hatte, um eine Predigt ihres Bischofs zu hören.
Die stadtansässigen Juden fürchteten sich sehr vor dieser Bischofsrede, da die Lüge umging, dass Juden für die letzten Kindermorde verantwortlich seien. Und da der damalige Bischof kein wahrer Judenfreund war, dachten sie sich, dass er seine Anhänger nun zur Gewalt gegen sie aufwiegeln wird.
Aufgrund dessen verriegelten sie ihre Türen. Dem Baal Schem Tov machte all dies allerdings keine Angst. Im Gegenteil, er beauftragte mich, zum Bischof zu gehen und ihm zu sagen, dass der Baal Schem Tov ihn sofort sehen möchte!
Ich machte mich also auf den Weg zum Marktplatz, bestieg die Bühne und flüsterte dem Bischof auf Jiddisch ins Ohr, was der Baal Schem Tov mir aufgetragen hatte.
 
Der Bischof schien nicht wirklich überrascht zu sein und meinte, dass er sofort nach seiner Predigt kommen werde.
 
Ich eilte daraufhin sofort zurück zum Baal Schem Tov und berichtete ihm was der Bischof sagte. Der Baal Schem Tov schickte mich nun erneut zum Bischof – doch diesmal mit dem Befehl mich zu begleiten!
 
Als ich dem Bischof diese Worte mitteilte, erbleichte er vor Angst, da es bislang noch niemand wagte, ihn bei seinen Predigten zu stören! Er folgte mir also, ohne dabei Fragen zu stellen.
 
Als der Baal Schem Tov den Bischof sah, nahm er sich ihn zur Brust und schloss sich über Stunden hinweg mit ihm in ein Zimmer ein. Nach ein paar Stunden öffnete der Baal Schem Tov die Tür und sagte uns, dass es an der Zeit wäre die Stadt zu verlassen. So fuhren wir also wieder nach Hause zurück. Als meine Freunde und ich ihn auf das Gespräch mit dem Bischof ansprachen wechselte er sofort das Thema. Nur er und der Bischof wissen worüber sie sich stundenlang unterhielten. Was aus dem Bischof wurde weiß ich auch nicht…“

Der reiche Jude konnte nicht fassen was er zu Ohren bekam! Mit Freudentränen in den Augen sagte er:

 
„Gott sei Dank! Der Allmächtige sei gelobt!
 
Sicherlich fragst du dich schon seit deiner Ankunft weshalb ich verbreiten ließ, dass ich bereit bin jeden Preis für eine Geschichte des Baal Schem Tov zu zahlen. Seitdem ich die Botschaft verkünden ließ, besuchten mich schon etliche Chassiden, die ihn kannten, allerdings verstummten sie alle so wie du! Jetzt weiß ich endlich weshalb!
 
Die Geschichte die du mir erzähltest stimmt bis ins Detail! Ich weiß es, da ich dieser Bischof war!
Ich wurde als Jude geboren und erzogen. Leider verstarben meine Eltern als ich noch ein kleiner Junge war. Und als ich als heranwachsender Jugendlicher die Aussicht auf eine große Karriere sah, hörte ich damit auf meine Religion auszuüben, denn als Jude durfte ich nicht an der Universität studieren. Nach und nach vergaß ich meine Herkunft völlig!
 
Wie dem auch sei, ich wurde ein berühmter Bischof. Doch in dieser Zeit suchten mich andauernd Träume und Visionen meiner Jugend heim. Allerdings verdrängte ich sie völlig.
 
Eines Nachts träumte ich dann von einem Mann, der sich mir mit dem Namen Rabbi Israel (Baal Schem Tov) vorstellte und meinte, dass es an der Zeit wäre, mich mit meinen Jungenderinnerungen ernsthaft auseinanderzusetzen und zu meinem Volk zurückzukehren!
 
Der Traum war so real, dass ich mich davor fürchtete. Doch wie dem auch sei, verdrängte ich die Zeichen Gottes. Einen Tag vor meiner Predigt, besuchte mich der Baal Schem Tov erneut in meinem Traum und meinte, dass er mich morgen besuchen werde um mir zu helfen. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Ob ich Gott um Entschuldigung bitten soll oder nicht. Ich war völlig verwirrt.
 
Als ich dann alleine mit dem Baal Schem Tov im Zimmer saß erinnerte ich mich an jedes Detail meiner wunderschönen Kindheit, die ich mit meinen gläubigen Eltern verbrachte. Anschließend erklärte mir der Baal Schem Tov, wie meine Teschuwa, also meine Rückkehr zu Gott mit Hilfe meiner reuigen Entschuldigung bei Ihm für mein fehlerhaftes Verhalten, auszusehen hat. Danach fragte ich ihn, wie ich wissen kann, ob Gott mir meine Sünde verziehen hat, Ihn wegen des Karrieretraums verlassen zu haben. Er antwortete mir:
 
– An dem Tag, wo dich ein Mann besuchen und dir erzählen wird, was heute zwischen uns geschah, wirst du wissen, dass Gott deine Entschuldigung akzeptierte. –
 
Als du mein Haus betreten hast, wusste ich, dass es sich bei dir nicht um einen Scharlatan, sondern um einen wahren Chassiden vom Rabbi handelt. Und als ich sah, dass du dich an nichts erinnern konntest, – nicht einmal an eine einzige Geschichte -, war mir klar, ich müsse noch mehr an mir arbeiten! Daher bat ich dich noch einige Tage bei mir zu bleiben. Und jetzt weiß ich – Gott sei Dank -, dass Gott meine Entschuldigung tatsächlich akzeptierte.“ …

Aus dieser Geschichte lassen sich sehr wichtige Erkenntnisse ziehen, die das Leben eines Menschen zu etwas unbeschreiblichen versüßen können. Doch das Wichtigste ist, jeder Mensch soll stets versuchen, zu seinem wahren Selbst zurückzukehren! Ja zu seinem wahren Selbst, da ein Mensch seinem Wesen nach gut ist. Allerdings können ihn Gier oder Versuchungen zeitweilig daran hindern, er selbst zu sein …

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