Stütze durch die Tora

Was bedeutet in spiritueller Arbeit „Stütze durch die Tora“.

6 Min.

Rabbiner Yehuda Ashlag

gepostet auf 17.03.21

Was bedeutet in spiritueller Arbeit „Stütze durch die Tora

Wenn der Mensch die Tora studiert und erreichen möchte, dass all seine Handlungen in der Absicht zu geben sein mögen, dann muss er sich bemühen, dass die Tora ihm stets als Stütze dienen möge. Und die Hilfe der Tora ist jener Nährboden, welcher Liebe, Ehrfurcht, Hochgefühl und Lebensmut bereitet. Und all das muss er in der Tora finden, das heißt, die Tora muss ihm solch ein Ergebnis geben.

Und wenn der Mensch Tora studiert und kein solches Ergebnis vorweisen kann, dann heißt dies, dass er nicht Tora studiert, weil "Tora" das Licht meint, welches in der Tora gekleidet ist. Die Weisen sagten: "Ich erschuf den Bösen Trieb, ich schuf die Tora als Gewürz." Dies bezieht sich auf das Licht, welches darin eingeschlossen ist, da das Licht, welches in der Tora enthalten ist, zum Guten zurückführt. 

Man muss auch wissen, dass die Tora sich in zwei Aspekte aufteilt:

1. den Aspekt Tora

2. den Aspekt Gebot (Mizwa)

Es ist unmöglich, den wahren Sinn dieser zwei Aspekte zu begreifen, bevor der Mensch nicht dessen würdig wird, auf den Wegen des Schöpfers zu gehen, im Geheimnis der Worte: "Der Schöpfer ist für diejenigen, die Ihn fürchten". Denn während der Mensch in der Zeit der Vorbereitung ist, um den Palast des Schöpfers zu betreten, ist es unmöglich, die Wege der Wahrheit zu verstehen.

Doch man kann ein Beispiel anführen, damit der Mensch, sogar wenn er sich erst in der Vorbereitungsphase befindet, ein wenig versteht. Wie die Weisen sagten: „Ein Gebot rettet und beschützt, wenn man es erfüllt; doch die Tora rettet und beschützt, sowohl wenn man sich mit ihr beschäftigt als auch wenn man sich nicht mit ihr beschäftigt." 

Die Sache ist so, dass das Erfüllen eines Gebotes die Anwesenheit von einem Leuchten bedeutet, welches der Mensch erreichte. Es kann dem Menschen jedoch nur zu der Zeit dienen, in der er über Licht verfügt, und dann ist er in Freude darüber. Das wird als Gebot bezeichnet. Das heißt, der Mensch wurde noch nicht der Tora würdig, und nur das Leuchten gibt ihm spirituelle Lebenskraft. 

Die Tora dagegen bezeichnet den Weg, den er erkannte und der ihm sogar dann dienen kann, wenn er kein Licht hat. Das Leuchten verlässt ihn zwar, aber der Weg, den er in der Arbeit erkannte, kann ihm auch dann dienen, wenn das Leuchten schwindet.

Doch man muss wissen, dass das Gebot zu der Zeit, wenn es ausgeführt wird, wichtiger ist, als die Tora, wenn man sich nicht mit ihr beschäftigt. Wenn der Mensch Licht erhält, bedeutet dies, dass er ein Gebot erfüllt, und deswegen ist das Gebot, wenn der Mensch Licht hat, wichtiger als die Tora, wenn er kein Licht hat, also wenn die Tora nicht seine Lebenskraft ist.

Einerseits ist die Tora wichtig, da der Weg, welchen er in der Tora erkannte, ihm dienlich sein kann, doch wenn es in ihm kein Leben gibt, welches als das Licht bezeichnet wird – und im Gebot erhält er Leben, welches als das Licht bezeichnet wird – in dieser Hinsicht ist das Gebot wichtiger als Tora.

Deswegen wird der Mensch, wenn es in ihm kein Leben gibt, als Sünder bezeichnet, da er jetzt nicht sagen kann, dass der Schöpfer die Welt in seiner Güte lenkt. Und da er den Schöpfer beschuldigt, wird er als Sünder bezeichnet, denn nun empfindet er, dass es in ihm kein Leben gibt, und es keinen Anlass zur Freude gibt, und keinen Grund, dass er jetzt dem Schöpfer dafür dankbar wäre, dass Er Ihm Genuss bereitet.

Und es gibt keinen Grund zu erwarten, dass er glauben wird, dass der Schöpfer die anderen in Güte lenkt, da wir die Wege der Tora durch unsere Sinnesorgane wahrnehmen.

Wenn der Mensch tatsächlich glauben würde, dass sich einem anderen die Lenkung des Schöpfers als gütig offenbart, müsste ihm dieser Glaube Freude und Genuss bringen, da er ja dann glaubt, dass der Schöpfer die Welt in Güte lenkt. Doch wenn der Mensch sich nicht daran erfreut, dass es einem anderen gut geht, wenn ihm das keine Freude und Lebendigkeit einbringt: was für einen Nutzen hat es dann zu sagen, dass der Schöpfer einem anderen Genüsse bereitet, denn das Wichtigste ist doch das, was der Mensch am eigenen Körper verspürt: entweder geht es ihm gut oder es geht ihm schlecht. Und dass es dem anderen gut geht, ist nur dann gut, wenn er genießen kann, dass es dem anderen gut geht.

Wir lernen also an den Empfindungen des Körpers, dass der Grund unwichtig ist –  es ist nur wichtig, ob der Mensch sich gut fühlt. Wenn er sich gut fühlt, sagt der Mensch, dass der Schöpfer gütig ist und Gutes tut, und wenn er sich schlecht fühlt, dann kann er nicht sagen, dass der Schöpfer ihn in Güte lenkt.

Wenn er daher gerade die Tatsache genießt, dass es seinem Freund gut geht, und daraus gute Stimmung und Freude schöpft, dann kann er sagen, dass der Schöpfer ein guter Herrscher ist. Und wenn er keine Freude hat und fühlt, dass es ihm schlecht geht, wie kann er dann sagen, der Schöpfer sei gut und tue Gutes?

Wenn sich also der Mensch in einem Zustand befindet, in dem er keine Lebenskraft und keine Freude hat, befindet er sich bereits in einem Zustand ohne Liebe zum Schöpfer. Er kann Ihn nicht mehr rechtfertigen und sich freuen, wie es einem gebührt, dem die Ehre zuteil wurde, einem großen König zu dienen.

Wir müssen wissen, dass das Höhere Licht in absoluter Ruhe weilt, und die ganze Vielfalt der Heiligen Namen des Schöpfers durch die niedrigen Stufen gegeben werden; also alle Namen, die dem Höheren Licht gegeben wurden, basieren auf den Erkenntnissen der niederen Stufen. Mit anderen Worten: Wie der Mensch das Licht erkennt, also wie er es wahrnimmt, so bezeichnet er es auch.

Wenn der Mensch nicht spürt, dass der Schöpfer ihm etwas gibt – welchen Namen kann er Ihm dann geben, wenn er von Ihm nichts bekommt? Wenn der Mensch in jedem Zustand, den er spürt, sagt, dass er vom Schöpfer gegeben wurde, dann verleiht er gemäß seiner Empfindung dem Schöpfer einen Namen.

Wenn der Mensch also spürt, dass es ihm in seinem Zustand gut geht, nennt er den Schöpfer "gut und Gutes tuend", da er es so empfindet – er fühlt, dass er vom Schöpfer Gutes erhält. Dann wird der Mensch als Gerechter bezeichnet, weil er seinen Erschaffer rechtfertigt.

Und wenn der Mensch sich in seinem Zustand schlecht fühlt, kann er nicht sagen, dass der Schöpfer ihm Gutes schickt, und wird daher als Sünder bezeichnet, weil er seinen Erschaffer dafür verurteilt.

Doch es gibt keinen Zwischenzustand, in dem der Mensch sagen würde, dass es ihm gleichzeitig gut und schlecht geht. Es kann ihm entweder gut oder schlecht gehen.

Und die Weisen sagten, dass „die Welt entweder für vollendete Sünder oder für vollendete Gerechte erschaffen“ wurde. Weil es nicht möglich ist, dass der Mensch sich gleichzeitig gut und schlecht fühlt.

Wenn die Weisen sagen, es existiere ein Zwischenzustand, bedeutet das, dass die Geschöpfe über den Begriff von Zeit verfügen, und der Zwischenzustand sich zwischen zwei Zeiten befindet, die aufeinander folgen: dem Aufstieg und dem Fall, wenn der Mensch mal Gerechter, mal Sünder ist. Doch es ist nicht möglich, dass der Mensch sich zur gleichen Zeit gut und schlecht fühlt.

Aus dem Gesagten folgt, dass zu dem Zeitpunkt, wenn man sich weder mit der Tora noch mit den Geboten beschäftigt, also, wenn der Mensch kein Lebensgefühl hat, die Tora wichtiger ist als das Gebot. Zu solch einer Zeit ist die Tora wichtiger als das Gebot, in dem es keine Lebenskraft gibt.

Denn man hat nichts von einem Gebot, in dem es keine Lebenskraft gibt, während einem dagegen in der Tora zumindest der Weg der Arbeit bleibt, den man empfing, als man sich mit der Tora beschäftigte. Und selbst wenn die Lebenskraft weicht, bleibt einem der Weg, auf den man zurückgreifen kann. Es gibt Zeiten, da ein Gebot wichtiger ist als die Tora, nämlich dann, wenn es Lebenskraft im Gebot gibt, jedoch keine Lebenskraft in der Tora.

Daher gibt es für den Menschen, wenn er sich nicht mit der Tora und den Geboten befasst, also wenn er keine Freude und keine Lebenskraft in der Arbeit hat, keinen anderen Rat als nur das Gebet. Doch während des Gebets soll er wissen, dass er ein Sünder ist, weil er jetzt keine Güte und keinen Genuss der Welt verspürt, auch wenn er Berechnungen anstellt, damit er glauben kann, der Schöpfer sei gut.

Trotzdem sind nicht alle Gedanken des Menschen hinsichtlich der Arbeit wahr. Wenn in der Arbeit den Gedanken Handlungen folgen, führt dies zur Empfindung in den Organen. Dann müssen die Organe verspüren, dass der Schöpfer gut ist und Gutes tut, und daraus Lebenskraft und Freude schöpfen. Und wenn ein Mensch keine Lebenskraft hat, was nützen dann alle Berechnungen, denn seine Organe lieben doch jetzt nicht den Schöpfer, weil Er ihnen Gutes/Fülle gibt?

Daher soll der Mensch wissen, dass, wenn er keine Freude und keine Lebenskraft in der Arbeit hat, dies ein Zeichen dafür ist, dass er ein Sünder ist, weil es ihm nicht gut geht, wie es oben beschrieben wurde. Und all seine Gedanken entsprechen nicht der Wahrheit, wenn sie nicht zur Tat führen – zur Empfindung in den Organen, infolge derer der Mensch den Schöpfer lieben wird, da Er den Geschöpfen Gutes und Genuss schenkt.
 

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