Optimierung eines Meisterwerkes

Der Autor hat den kühnen Versuch unternommen, die Verbindungen zwischen der schriftlichen und der mündlichen Lehre darzustellen.

2 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 17.03.21

Rabbiner Baruch HaLevi Epstein (1860-1941) hat mehrere Tora-Bücher in hebräischer Sprache veröffentlicht. Sein 5-bändiges Werk "Tora Temima" (= vollständige Lehre), zuerst 1902-1904 erschienen, wurde in Kreisen von Tora-Studierenden zu einem Bestseller. Der Autor hat den kühnen Versuch unternommen, die Verbindungen zwischen der schriftlichen und der mündlichen Lehre darzustellen. Zu jedem Vers des Pentateuchs bringt Epstein erläuternde Passagen aus dem Talmud, dem Hauptwerk des rabbinischen Judentums. Dann kommentiert er die angeführten talmudischen Lehrsätze in einer allgemein verständlichen Sprache. Nach Angaben des Verfassers dauerte die Herstellung des talmudischen Nachschlagewerkes 15 Jahre. Nun haben bereits vier Generationen von Tora-Lernenden von Epsteins imposanter Arbeit profitiert.

Wie in der Welt der Gelehrten nicht anders zu erwarten, wurde "Tora Temima" oft gepriesen, doch gelegentlich auch kritisiert. Mehrere Autoren haben Epstein vorgehalten, dass er einige Tora-Auslegungen ohne genaue Quellenangabe anführt und dass seine Zitate manchmal ungenau sind. Offensichtlich hatte Epstein ein phantastisches Gedächtnis, auf das er sich verlassen zu können glaubte; dabei sind ihm hier und da Fehler unterlaufen. Dass diese Ungenauigkeiten in der neuen und schön aufgemachten Ausgabe, die der Chorev-Verlag vor kurzem in Jerusalem herausgebracht hat, korrigiert worden sind, ist erfreulich und lobenswert.

Von allen früheren Auflagen unterscheidet sich die jetzt vorliegende durch die Tatsache, dass Epsteins Texte vokalisiert worden sind. Der Verleger, Michael Seev, dankt in seinem Vorwort mehreren Gelehrten, die sich die Mühe der Vokalisierung und des Ausmerzens von Fehlern gemacht haben. Durch die eingefügten Vokal- und Satzzeichen wird das Verständnis der Erörterungen wesentlich erleichtert. Dadurch wird das Buch einem größeren Leserkreis zugänglich gemacht.

Erwähnenswert ist, dass auch der klassische Kommentar von Raschi vokalisiert wurde; hinzugefügt wurde darüber hinaus auch ein Superkommentar. In der neuen Auflage sind kritische Randbemerkungen  von Rabbiner Jakob Moshe Feldman sowie von Rabbiner Moshe Jechiel HaLevi Epstein abgedruckt. Ihre Glossen dienen einer Vertiefung der Diskussion.

Neben den Erklärungen zum Pentateuch enthält "Tora Temima" ebenfalls Erläuterungen zu den "Fünf Megillot" (Hohelied,Ruth,Klagelieder,Prediger,Esther). Zu diesen Büchern aus den Hagiographen (hebr. Ketuwim) hat Epstein im Jahre 1920 ein eigenes Buch herausgebracht: "Gischme Beracha" (= Regen des Segens; vgl. Ezechiel 34,26). Es war eine vorzügliche Idee des Verlegers, die subtilen und originellen Tora-Gedanken von Epstein in den Rahmen seines Opus magnum aufzunehmen. Sogar  diejenigen Leser, die bereits eine frühere Auflage von "Tora Temima" besitzen, werden nun zur erweiterten und überarbeiteten Ausgabe greifen wollen. Ein in jeder Hinsicht beeindruckendes Meisterwerk verdient  Beachtung in allen Kreisen von Tora-Studierenden.

Chumasch "Tora Temima", Chorev Publishing House, Jerusalem 2012, Fünf Bände, Preis 290.00 NIS.

 

 

Der Autor ist Psychologe und hat an der Universität Köln gelehrt.

Sagen Sie uns Ihre Meinung!

Danke fuer Ihre Antwort!

Ihr Kommentar wird nach der Genehmigung veroeffentlicht.

Fuegen Sie einen Kommentar hinzu.