Die verschollene Königstochter

Diese Erzählung handelt vom Verlust der Königstochter ...

11 Min.

Rabbiner Nachman aus Breslev

gepostet auf 05.04.21

Die Erzählungen des Rabbi Nachman aus Breslev 

Die erste Erzählung handelt:
 
vom Verlust der Königstochter

 

Er (Rabbi Nachman) antwortete und sagte:
 
„Unterwegs erzählte ich eine Geschichte, die jedem, der sie hörte, ein reuiges Gefühl der Umkehr und Buße vermittelte.“
 
Und hier die Geschichte:
 
Es war einmal ein König, der hatte sechs Söhne und eine Tochter. Diese Tochter war in seinen Augen etwas sehr Wertvolles, und deshalb empfand er nicht nur eine außergewöhnlich innige Liebe für sie, er hatte auch stets ein großes Entzücken an ihr.
 
Zu einer gewissen Zeit – an einem bestimmten Tag – trafen sich die beiden, wobei er allerdings aus irgendeinem Grund böse auf sie wurde und ihm deshalb Folgendes aus seinem Mund herauskam: „Es möge dich der Ungute holen!“
 
In derselben Nacht ging sie wie üblich auf ihr Zimmer, doch am Morgen wusste niemand mehr, wo sie war. Ihr Vater war deshalb zutiefst verzweifelt, sodass er überall nach ihr suchte.
 
Der Stellvertreter des Königs, der das Geschehen von der Seite aus beobachtet hatte, sah, dass der König äußerst beunruhigt war und bat ihn deshalb, man möge ihm doch einen Diener, ein Pferd und genügend Geld zur Ausgabendeckung der anstehenden Reise geben. Anschließend wolle er sich sofort nach ihr auf die Suche begeben. So zog er also aus, um die Königstochter zu suchen. Diese Suche dauerte sehr lange, doch endlich – nach langem Bitten – fand er sie.
 
(Nun erzählt er, Rabbi Nachman, auf welche Weise er solange um sie bat, bis er sie endlich fand!)
 
Der Stellvertreter des Königs ging also sehr lange Zeit von Ort zu Ort; durch Wüsten, Felder und Wälder, überall und über gewaltige Zeiträume hinweg suchte er bittend nach ihr. Als er die Wüste durchquerte, fiel ihm ein schmaler Seitenpfad auf, der ihn zu folgenden Gedanken bewegte: „Da ich bis jetzt schon sehr lange – ohne sie zu finden – in der Wüste umherirre, werde ich meinen Weg nun auf diesem Pfad fortsetzen. Wer weiß, vielleicht führt dieser mich ja an einen bewohnten Ort?“
 
Also marschierte er erneut sehr lange.
 
Nach einer gewissen Zeit erblickte er ein Schloss, das von einigen Soldaten bewacht war.
 
Das Schloss mit den Wächtern war bemerkenswert schön, außerordentlich gepflegt und hatte Stil. Allerdings fürchtete der Stellvertreter des Königs sich vor den Schlosswächtern, da ihn der Gedanke plagte, sie könnten ihm vielleicht keinen Einlass gewähren; daher dachte er sich: „Was soll’s, einen Versuch ist es wert.“
 
Also ließ er sein Pferd zurück und näherte sich dem Schloss. Die Wächter ignorierten ihn dabei völlig und er konnte ohne Probleme passieren. Im Schloss schritt er ungehindert von Zimmer zu Zimmer. Als er einen Saal betrat, sah er den König – mit seiner Krone angetan – auf seinem Thron sitzen (damit ist natürlich der König dieses Schlosses gemeint und nicht etwa der Vater der verschollenen Königstochter). Er wurde von Soldaten umringt und viele Musiker spielten mit ihren Instrumenten vor ihm auf. Alles wirkte dort wunderbar schön. Doch weder der König noch sonst jemand stellten ihm irgendeine Frage.
 
Des Weiteren sah er dort feinste und erlesenste Speisen. So stand er dort und aß etwas davon. Anschließend ging er in eine Ecke des Zimmers, um sich dort hinzulegen, auch um sehen zu können, was weiterhin geschehen würde.
 
Er sah, dass der König den Befehl gab, die Königin zu ihm bringen zu lassen. Infolgedessen machten sich einige seiner Diener auf den Weg, sie zu holen. Als sie die Königin neben den König auf ihren Thron setzten, kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr; es erhob sich lauter Lärm und großer Jubel, da die Musiker voller Freude auf ihren Instrumenten sangen und spielten.
 
Diese Königin war die oben erwähnte Königstochter und als der Stellvertreter des Königs sie sah, erkannte er sie natürlich sofort wieder.
 
Die Königstochter blickte um sich herum und sah dabei nach einigen Augenblicken, dass jemand in der Ecke des Zimmers lag; bei genauerem Hinsehen erkannte sie sofort, wer dieser Jemand war.
 
Deshalb erhob sie sich von ihrem Thron und ging zu ihm herüber; sie berührte ihn und fragte:„Erkennst du mich wieder??“
 
Er erwiderte ihr: „Natürlich erkenne ich dich wieder! Du bist die verschollene Tochter des Königs!“
 
Und dann fragte er sie: „Wie bist du hierher gekommen?“
 
Sie antwortete ihm: „Da meinem Vater damals dieser Satz („Es möge dich der Ungute holen“) aus dem Mund entfuhr, bin ich heute hier. Denn dieser Ort hier, er ist ungut.“
 
Er erzählte ihr daraufhin, dass es ihrem Vater sehr leid täte und dass er bereits einige Jahre bittend nach ihr suchen lässt. Und dann fragte er sie: „Wie kann ich dich befreien!?“
 
Sie antwortete ihm: „Mich zu befreien, ist unmöglich! Es sei denn, du wählst dir einen bestimmten Ort aus, an dem du ein Jahr lang verweilst. Dieses gesamte Jahr hinweg musst du dich danach sehnen, mich zu befreien. Außerdem musst du jede freie Minute, die sich dir bietet, dazu nutzen, dich danach zu sehnen, es zu wollen und zu hoffen – sowie darum zu bitten mich befreien zu können. Und den gesamten letzten Tag dieses Jahres hindurch musst du fasten und darfst nicht schlafen!“
 
So ging er davon und tat genau das, was sie ihm aufgetragen hatte.
 
Am letzten Tag dieses Jahres fastete er, und außerdem schlief er nicht. Dann machte er sich auf den Weg zurück in das Schloss, in dem die Königstochter gefangen gehalten wurde. Unterwegs sah er einen Baum, auf dem Äpfel wuchsen, – die auf ihn unwiderstehlich wirkten.
 
Er machte Halt und aß einen Apfel dieses Baumes! Unmittelbar nachdem er den Apfel verspeist hatte, fiel er in einen tiefen Schlaf. Er schlief über einen langen Zeitraum hinweg.
 
Sein Diener versuchte ihn wachzurütteln, allerdings vergeblich, er wollte einfach nicht aufwachen. Als er dann aber eines Tages von seinem Schlaf doch erwachte, fragte er erstaunt seinen Diener: „Wo in aller Welt bin ich?“
 
Also erzählte dieser ihm, was geschehen war: „Du schliefst eine enorm lange Zeit – viele lange Jahre! Und ich verdiente in dieser Zeit durch den Verkauf der Früchte gutes Geld!“ Der Stellvertreter des Königs bedauerte das Geschehene voller Reue zutiefst.
 
Doch trotz alledem machte er sich auf den Weg zurück in das Schloss, in dem die Königstochter gefangen gehalten wurde, wo er sie dann schließlich auch fand. Als sie ihn sah, offenbarte sie ihm ihren großen Kummer: „Wenn du damals – an jenem bestimmten Tag – gekommen wärst, hättest du mich befreien können! Doch wegen dieses einen Tages hast du alles verloren. Zugegebenermaßen ist es wirklich nicht gerade leicht, einen Tag lang nichts zu essen; vor allem dann nicht, wenn es sich dabei um den letzten – also den alles entscheidenden – Tag handelt. (Die Königstochter deutete ihm dadurch an, dass sie ihm nun leichtere Bedingungen auferlegen werde, das heißt, dass sie ihm das Essen nicht mehr verbieten wird, da es wahrlich nicht leicht ist, bei dieser Aufgabe standhaft zu bleiben). Wie dem auch sei, du musst dir nun einen neuen Ort suchen, an dem du noch einmal ein gesamtes Jahr verweilen wirst. Doch dieses Mal darfst du am letzten Tag essen. Nur schlafen darfst du nicht, daher darfst du auch keinen Wein trinken, damit du davon nur ja nicht einschläfst, da das Wesentliche darin liegt, nicht zu schlafen.“ – So ging er davon und tat genau, was sie ihm aufgetragen hatte.
 
Am letzten Tag machte er sich auf den Weg zurück in das Schloss, in dem die Königstochter gefangen gehalten wurde. Unterwegs sah er eine sprudelnde Quelle, die einen rötlichen Farbton hatte und den anregenden Duft aromatischen Weines verströmte. Er fragte deshalb seinen Diener: „Findest du, dass dies eine gewöhnliche Quelle ist? Normalerweise müsste hier Wasser sein! Doch diese Quelle ist rot und duftet nach Wein!?“ 
 
Also ging er zu der Quelle und probierte davon. Anschließend fiel er sofort in einen sehr tiefen und jahrelangen Schlaf, der siebzig Jahre andauerte. Nach einiger Zeit zog ein Tross von vielen Soldaten – mit allem, was zu ihnen gehört, samt ihrer vollständigen Ausrüstung – an ihnen vorbei. Kurz bevor der Diener sie ankommen sah, versteckte dieser sich vor ihnen.
 
Hinter dem Tross zog eine getarnte Kutsche vorbei, in der die Königstochter saß!!! Die Kutsche hielt genau dort, wo der Stellvertreter des Königs schlafend am Boden lag. Die Königstochter stieg aus der Kutsche und setzte sich neben ihn. Sie erkannte ihn sofort und versuchte ihn durch kräftiges Schütteln wachzurütteln. Allerdings vergeblich, da er schlichtweg nicht zu wecken war. Daraufhin weinte sie darüber bitterlich: „Ach, welch unermessliche Anstrengungen und übergroße Mühen hat er über etliche Jahre hinweg auf sich genommen, nur um mich zu befreien! – Und ausgerechnet an dem Tag, an dem er mich wahrhaftig hätte befreien können, war durch sein Verhalten alles wieder vergebens.“ 
 
Sie weinte deswegen sehr viele bittere Tränen und sagte dann: „Es ist wirklich schrecklich schade! Schade um dich und mich. Es gibt für uns mit Sicherheit unermesslichen Jammer, da ich bereits schon solange Zeit hier gefangen bin und immer noch nicht entschwinden kann.“ 
 
Einige Sekunden später nahm sie das Tuch von ihrem Kopf und beschriftete es mit ihren Tränen! Sie legte es an seine Seite, blieb noch einige Augenblicke neben ihm stehen, stieg wieder in die Kutsche und fuhr davon …
 
Kurze Zeit darauf erwachte der Stellvertreter des Königs aus seinem Schlaf und fragte seinen Diener: „Wo in aller Welt bin ich?“ 
 
Dieser berichtete ihm daraufhin was geschehen war, dass nämlich viele Soldaten an ihnen vorbeigezogen waren, dass diese Kutsche ihnen gefolgt sei und dass die Königstochter so bitterlich um ihn weinte, da es für ihn und für sie ja großen Jammer gäbe – und dass sie wegen alle dem schrie: „Wie schade um dich und um mich!“ …
 
Indessen blickte der Stellvertreter des Königs betrübt um sich und bemerkte, dass das Tuch auf ihm lag und fragte seinen Diener:„Woher ist das?“ 
 
Sein Diener berichtete ihm, dass die Königstochter ihr Tuch für ihn zurücklies und es mit ihren Tränen beschriftet hatte. Er nahm es daraufhin in seine Hände und hob es gegen die Sonne. Langsam erkannte er darauf einige Buchstaben und begann zu lesen, was dort geschrieben stand. Zwischen den Zeilen erkannte er sowohl ihren Schmerz als auch ihre Schreie. Zudem konnte er lesen, dass sie sich nun nicht mehr in dem bisher erwähnten Schloss befinde; und dass er sich nun auf die Suche nach einem Berg aus Gold und einem Schloss aus Perlen machen muss, „… denn nur dort wirst du mich finden…!“
 
So ließ er den Diener zurück und begab sich – ganz auf sich allein gestellt – auf die Suche nach der Königstochter. Diese erneute Suche nach ihr dauerte wiederum mehrere Jahre.
 
Eines Tages entschloss er sich aufgrund seiner ausgeprägten Fähigkeit, Landkarten lesen zu können, dazu, dass es innerhalb einer Stadt mit Sicherheit wohl weder einen Berg aus Gold noch ein Schloss aus Perlen gibt. „Deshalb werde ich mich jetzt in die Wüsten begeben.“ – So ging er in die Wüsten und suchte dort nach ihr sehr viele Jahre.
 
Unterwegs traf er einen außerordentlich riesigen Mann, dessen Statur die normalen menschlichen Dimensionen sprengte. Er trug einen massiven Baum mit sich, dessen Umfang und Größe in keiner Stadt zu finden war. Anschließend fragte er den Stellvertreter des Königs: „Wer bist du?“ Er antwortete ihm daraufhin: „Ich bin ein Mensch.“ Den Riesen verwunderte diese Antwort und er sagte: „Ich bin schon seit sehr langer Zeit in der Wüste, allerdings sah ich – seit ich mich erinnern kann – noch nie einen Menschen.“ 
 
So erzählte der Stellvertreter des Königs ihm die gesamte bisherige Geschichte und auch, dass er nun nach einem Berg aus Gold und einem Schloss aus Perlen suche. Der Riese antwortete ihm daraufhin: „Mit absoluter Sicherheit ist davon auszugehen, dass solche Dinge nicht existieren!“
 
So entmutigte der Riese ihn und ging noch weiter mit der Behauptung, dass man ihm offensichtlich seinen Verstand mit völligem Unsinn verwirrt habe, da davon auszugehen sei, dass diese Dinge schlicht und ergreifend nicht existieren würden.
 
Der Stellvertreter des Königs brach daher in Tränen aus und begann bitterlich zu schreien, da er davon überzeugt war, dass der Berg und das Schloss gewiss irgendwo existieren müssten.
 
Doch der Riese wies ihn erneut ab, indem er ihm wieder mit verletzenden Worten darauf hinwies, dass man ihm völligen Unsinn erzählt habe. Aber der Stellvertreter des Königs beharrte weiterhin auf seiner Meinung, indem er sagte, dass diese Dinge ganz sicher existieren.
 
Daraufhin sagte der Riese: „Meines Erachtens ist das alles einfach Stuss, da du allerdings so sehr darauf beharrst und ich die Verantwortung für alle Tiere habe, werde ich sie jetzt – dir zu liebe – alle zu uns rufen. Wer weiß, vielleicht kann uns eines dieser Tiere sagen, wo sich dieser Berg und dieses Schloss, nach denen du so händeringend suchst, befinden.“ 
 
Also rief er alle Tiere zu sich und befragte dabei – vom kleinsten bis hin zum größten Tier – alle Tierarten, jedes einzelne, ob sie vielleicht diesen Berg und dieses Schloss kennen? Als Antwort erhielt er von allen immer wieder dieselbe Antwort, nämlich: dass sie diese Dinge niemals gesehen haben. Daraufhin meinte der Riese erneut: „Siehst du, ich sagte dir doch bereits, dass man dir damit eine Torheit eingeredet hat. Meiner Meinung nach wäre es das Beste für dich, dorthin zurückzukehren von wo du kamst! Denn du wirst den Berg und das Schloss niemals finden, da sie ja schließlich nicht existieren.“ 
 
Der Stellvertreter des Königs war nicht zu entmutigen und antwortete dem Riesen beharrlich, voller Elan und in grenzenloser Überzeugung, dass diese Dinge mit absoluter Sicherheit existieren!
 
Danach antwortete ihm der Riese: „Mein Bruder, der für alle Vögel verantwortlich ist, lebt dort in der Wüste. Geh zu ihm und sage ihm, dass ich dich zu ihm sandte. Wer weiß, vielleicht hat einer der über der Erde schwebenden Vögel diesen Berg und dieses Schloss gesehen!?“ 
 
So gesagt, machte sich der Stellvertreter des Königs auf den beschwerlichen Weg einer jahrelangen Suche nach dem Bruder.
 
Nach vielen, vielen Jahren begegnete ihm erneut ein äußerst riesiger Mann – es war der Bruder des Riesen -, der ebenfalls einen massiven Baum mit sich trug und ihn mit derselben Frage konfrontierte. Der Stellvertreter des Königs erzählte nun also auch ihm die ganze Geschichte, und auch, dass sein Bruder ihn geschickt habe. Doch auch der Bruder des Riesen entgegnete ihm ebenfalls abweisend, indem auch er ihn davon überzeugen wollte, dass diese Dinge mit absoluter Sicherheit nicht existieren würden.
 
Und auch jetzt wollte der Stellvertreter des Königs nichts davon hören und antwortete auch ihm (also dem Bruder des Riesen) eindringlich, voller Elan und grenzenloser Überzeugung, dass diese Dinge zu 100% existieren würden!
 
Der Bruder des Riesen sagte darauf kleinlaut:„Wie du ja bereits weißt, bin ich für alle Vögel verantwortlich, daher werde ich sie nun allesamt zu uns herbestellen. Wer weiß, vielleicht hat einer von ihnen doch diese Dinge, nach denen du so händeringend suchst, gesehen.“ 
 
Also rief er alle Vögel zu sich, und befragte vom kleinsten bis hin zum größten Vogel – jeden einzelnen – ob sie vielleicht etwas Derartiges beobachtet hatten? Als Antwort erhielt er von allen immer wieder ein und dieselbe Antwort: dass keiner jemals diesen Berg und dieses Schloss zu Augen bekam. Er meinte dann: „Siehst du! – Ich sagte dir doch bereits, dass diese Dinge nicht existieren. Daher höre doch nun bitte endlich auf mich und kehre dahin zurück, von wo du kamst, da aufgrund der Tatsache, dass diese Dinge ja schließlich nicht existieren, dies das Beste für dich ist.
 
Doch auch jetzt sagte der Stellvertreter des Königs mit grenzenloser Überzeugung, dass es den Berg und das Schloss mit absoluter Sicherheit irgendwo auf dieser Welt gibt.
 
Der Bruder des Riesen antwortete ihm dann: „Hinter dieser Wüste lebt mein anderer Bruder, der für alle Winde, die auf der Erde umherziehen, verantwortlich ist. Wer weiß, vielleicht hat einer dieser Winde diese Dinge, nach denen du so verzweifelt suchst, ja gesehen!?“ 
 
Also machte er sich wieder bittend auf eine weitere jahrelange Suche, in der er eines Tages erneut auf einen immens riesigen Mann (also den Bruder der beiden Riesen) traf. Und auch dieser trug ebenfalls einen massiven Baum mit sich und auch er konfrontierte ihn mit derselben Frage. Folglich erzählte ihm der Stellvertreter des Königs nun alle bisherigen Geschehnisse. Daraufhin versuchte auch der dritte Bruder der Riesen, ihn genauso zu entmutigen, allerdings erhielt auch er vom Stellvertreter des Königs eine klare und deutliche Absage. So sagte der dritte Bruder der Riesen, dass er seinetwegen alle Winde zu sich herbestellen wird, um sie diesbezüglich zu befragen.
 
Also rief er alle Winde zu sich und begann, jeden einzelnen zu befragen; doch auch dieses Mal lautete die Antwort aller befragten Winde, dass sie diesen Berg und dieses Schloss noch niemals gesehen haben. Der dritte Bruder sagte daraufhin: „Siehst du nun endlich ein, dass man dir völligen Unsinn erzählt hat!?“ 
 
Der Stellvertreter des Königs brach deswegen erneut in Tränen aus und begann lauthals bitterlich zu schreien: „Aber ich weiß mit absoluter Sicherheit, dass diese Dinge irgendwo existieren!!“ Noch während er dies sagte, sah der für alle Winde verantwortliche Riese, also der dritte Bruder der Riesen, wie doch noch ein Wind – mit großer Verspätung – sich ihnen näherte. Ihn erzürnte dies sehr und er sprach deshalb zum Wind: „Was – bitte schön – ist der Grund deiner Verspätung? Ich habe alle Winde zum selben Zeitpunkt zu mir herbestellt, weshalb also kamst du nicht mit ihnen zusammen!?“
 
Der Wind antwortete ihm: „Der Grund für meine Verspätung ist, dass ich eine Königstochter zu einem Berg aus Gold in ein Schloss aus Perlen befördern musste.“ 
 
Die Freude des Stellvertreters des Königs kannte nun keine Grenzen mehr; er war einfach überglücklich. So fragte der für die Winde Verantwortliche diesen Wind: „Was gibt es dort von Wert?“ – (Mit anderen Worten, welche Dinge oder Gegenstände sind dort wertvoll oder werden dort als wichtig und bedeutend gewertet?) Der Wind gab zur Antwort, dass dort alles sehr wertvoll sei. Daraufhin sagte der für die Winde Verantwortliche zum Stellvertreter des Königs: „Da nun ein wahrhaft großer Moment gekommen ist und du bisher unermessliche Anstrengungen und mühevolle Arbeiten auf dich nehmen musstest, könntest du jetzt vielleicht wegen des fehlenden Geldes scheitern. Daher gebe ich dir nun ein Gefäß, aus dem du jedes Mal wenn du hineingreifst, Geld entnehmen kannst.“
 
Dann befahl er diesem Wind, dass er ihn (den Stellvertreter des Königs) dorthin führen solle. So gesagt, trug ihn der Sturmwind bis vor das Eingangstor des Schlosses. Dort standen allerdings einige Soldaten, die ihm den Eintritt in die Stadt verweigerten. Daher griff er in das Gefäß, aus dem er Geld herausnahm, um die Soldaten zu bestechen. Anschließend ging er in die ungewöhnlich schöne Stadt hinein.
 
Dort ging er auf einen Mann zu, von dem er sich ein möbliertes Zimmer mietete, da er sich dort ja schließlich wohl einige Zeit aufhalten wird, denn es wird wohl eine Menge Weisheit und Verstand benötigen, um die Königstochter nun auch tatsächlich befreien zu können.
 
Wie genau er sie befreit hat, verriet Rabbi Nachman uns nicht, doch auf jeden Fall befreite er sie am Ende!!

 

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