Land in Sicht

Lebe dein Leben nicht mit dem Aspekt, die Zukunft muss notwendigerweise genau wie die Vergangenheit sein.

5 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 05.04.21

Ab dem Augenblick, an dem ein Mensch weiß, dass er mittels seines guten Willens in den Augen Gottes bereits als ein vollends gerechter und weiser Mensch gilt, besitzt er dadurch die Gabe und die Kraft, stets von vorne zu beginnen, unabhängig davon wie groß sein Scheitern oder wie schwer seine Niederlage auch war!
 
Auszug aus dem Buch "Began Hagaguim" (Im Garten des Glaubens) von Rabbi Shalom Arush:
 
Zum Lesen der gesamten Geschichte „Die verschollene Königstochter“ klicken Sie bitte hier.
 
Er (Rabbi Nachman) antwortete und sagte: „Unterwegs erzählte ich eine Geschichte, die jedem, der sie hörte ein reuiges Gefühl der Einkehr vermittelte“…
 
Bevor Rabbi Nachman aus Breslev begann, uns die Geschichte „Die verschollene Königstochter“ zu erzählen, offenbarte er uns zuvor, dass sich in ihr eine Kraft verbirgt, durch die jeder Zuhörer oder Leser ein reuiges Gefühl der Einkehr verspüren wird.

 
Was ist ein Gefühl bzw. ein Gedanke der reuigen Einkehr?

 

Ein Gefühl oder ein Gedanke einer reuigen Einkehr ist eine gewisse Form eines Bedauerns. Mit anderen Worten, sobald ein Mensch sich denkt oder in seinem Herzen fühlt: „Trotz der Tatsache, dass ich nicht wirklich das Vorbild eines guten Menschen darstelle oder sogar wohl der mit Abstand schlimmste Mensch auf Erden bin, möchte ich trotzdem von diesen Moment an beginnen mein Leben von Grund auf zum Positiven zu verändern. Das heißt, ich möchte mich von nun ab nur noch auf dem geraden Weg des Lebens halten und dabei den Willen Gottes befolgen…!“ Eben dies verkörpert ein reuiges Gefühl der Einkehr, also des Bedauerns.
 
Im Babylonischen Talmud (in der Gemara) steht, was im Schulchan Aruch (einem Kommentar der Thoragesetze) festgestellt wurde, nämlich dass eine Person durch ihr reuiges Gefühl bzw. einen reuigen Gedanken der Einkehr als ein vollkommener Zaddik, also als ein von Grund auf gerechter und weiser Mensch gilt! Dies ist auch dann der Fall, wenn sie in ihrem Leben aktiv noch nichts zum Positiven veränderten bzw. bislang noch nichts ausführten, was sie sich im Moment ihres Gefühls der reuigen Einkehr vornahmen. Der Grund dafür ist, dass Gott ins tiefe Innere eines Menschenherzens blickt und dort den Ansatz oder eben die Vollkommenheit eines guten Willens sieht. Dies alleine reicht dabei bereits für Ihn aus, um sie in Seinen Augen als eine gerechte und weise Person zu sehen.
 
Dies bedeutet, dass ein Mensch über den gesamten Zeitraum hinweg, in dem er an seinem guten Willen festhält, für Gott als eine gerechte und weise Person gilt. Wie bereits gesagt, macht es dabei keinen Unterschied, ob ein Mensch seine Tätigkeiten oder seine Charaktereigenschaften aktiv zum Positiven verändert oder nicht. Oder ob er nach wie vor – wie eine Klette am Hals – an seinen blödsinnigen Begierden bzw. sinnlosen Leidenschaften hängt oder nicht. Oder ob er wirklich weiß, was Gott von ihm möchte, oder vielleicht noch nicht. Denn solange er in sich den vollen Willen trägt, sich in seinem Leben nur noch auf dem rechten Weg des Lebens zu halten, dann ist er in den Augen Gottes schlicht und ergreifend ein gerechter und weiser Mensch! In einem Wort ein Zaddik! Dabei versteht es sich selbstverständlich von selbst, dass er seine positive Veränderung an sich oder in seinem Leben langsam und mit der richtigen Anleitung zu vollstrecken hat.
 
Die bisher aufgeführten Zeilen bilden zweifellos für uns alle eine atemberaubende Quelle der Aufmunterung sowie der Verstärkung des niemals Aufgebens. Dies gilt demnach auch für die Situationen, an denen wir tief fallen oder gnadenlos scheitern bzw. versagen, denn mittels dieses Rates ist stets ein „Land in Sicht“. Folglich muss ein Mensch immer und mit starker Entschlossenheit an seinem Willen festhalten, den Willen – egal was auch kommen wird – niemals aufzugeben, stets an sich arbeiten zu wollen, und dann natürlich das Gefühl vertiefen, indem man sich nach der Nähe Gottes sehnt und deshalb auch versuchen möchte, bei allem, was man denkt, sagt oder tut, Seinen Willen zu erfüllen. Solange wir versuchen all diese Dinge zu erfüllen oder zumindest nur an unserem guten Willen festhalten, dann sind wir in den Augen Gottes gerechte und weise Menschen. Infolgedessen wird Gott uns in unserem Leben bei allem helfend zur Seite stehen, und dies wird sich dann auch spürbar in unserem Alltag bemerkbar machen, da der Segen und die Hilfe Gottes uns in allem die reelle Möglichkeit ebnet, erfolgreich zu sein. 
 
 
Ein riesiger Vorteil

 

Ein Mensch, der niemals seinen Willen oder Wunsch verliert, gut zu sein, ermöglicht sich dadurch riesige Vorteile:
 

  1. Ein Mensch ist dadurch in der Lage, nur mittels seiner Gebete alles, was er möchte, zu erreichen, da er ja schließlich in den Augen Gottes und Seinem Himmelsgericht als ein wahrlich gerechter und weiser Mensch gilt. Infolgedessen trifft jedes seiner Gebete sofort in die goldene Mitte.
  2. Rabbi Nachman aus Breslev lehrte uns bereits voller Weisheit, dass die Hauptsache an einem Menschen dessen Wille verkörpert. Demnach besitzt ein Mensch, der einen Willen hat, die Hauptsache seines Lebens; und deshalb wird es ihm auch mit absoluter Sicherheit gelingen, alles, was er möchte, zu verbessern, wiedergutzumachen, zu erreichen usw., denn nicht umsonst heißt es: „Auf dem Weg, den ein Mensch gehen möchte, auf dem wird er geführt!“
  3. Ab dem Moment, von dem an ein Mensch in sich verinnerlicht hat, welch unermesslicher Wert in seinem guten Willen liegt, weiß er dann auch: „Ich will das, was Gott will“, und er hat sich so von der Kategorie eines schlechten Menschen in die Kategorie eines gerechten und weisen Menschen katapultiert, die ihm – wie auch jedem anderen – die Tore eines schönen Lebens eröffnen.

 
Diese Erkenntnis schenkt einem Menschen daher zweifellos die nötige Kraft, um die manchmal stürmischen Tage eines Lebens zu meistern. Das heißt, ohne dabei an einer schlechten Nachricht, einer Niederlage, einem Scheitern oder dergleichen zu zerbrechen, da es ja aufgrund der inzwischen erlangten Erkenntnis keinen Grund mehr dafür gibt. Er steht einfach wieder auf und beginnt auf ein Neues! Auf diese Weise Gutes zu wollen, sich nach Gutem zu sehnen, um dadurch den Willen Gottes zu erfüllen.
 
Selbst wenn eine Person andauernd an ein und derselben Sache oder auch an vielen verschiedenen Dingen scheitert, versagt, sich daran vergeht oder dergleichen und es ihr deshalb völlig klar erscheint, dass sie diese bestimmte Sache oder die zig verschiedenen Dinge nicht über Nacht verändern kann, sollte sie trotz allem an ihren schönen Wünschen bzw. ihrem guten Willen festhalten. Denn so lange die Flamme eines positiven, guten Wunsches in unseren Herzen flackert, betrachtet uns Gott als weise und gerechte Menschen. Auf diese Weise nähern wir uns Gott im spirituellen Sinne unbeschreiblich nahe an. Und deshalb kann uns alles gelingen, da Gott uns nicht gemäß unseres reellen Verhaltens oder dergleichen führt, sondern gemäß unseres Willens, d.h. dem Willen bzw. dem Wunsch, wohin wir gehen wollen. Demnach verwirft ein guter Wille oder schöner Wunsch in unseren Herzen alle unserer Handlungen, und seien die noch so schlimm. Gott weiß schließlich am besten, dass eine charakterlich positive Veränderung einer langen und schwer befahrbaren Straße gleicht. Doch wie dem auch sei, Er betrachtet uns von der Minute an, an dem unsere Herzen sich mit guten Sehnsüchten, Wünschen und Willen füllen, als wahrlich gerechte und weise Menschen, also als wahre Zaddikim!

 

  1. Rabbi Nachman lehrt uns in seinem Buch Likutey Moharan (Band 1, Kapitel 261), dass ein Mensch in dem Moment, an dem er von seinem Lebensstandpunkt stürzte, schlichtweg wieder einen neuen Anfang wagen muss, und zwar solch einen, als ob er noch niemals zuvor einen Schritt in seinem Leben auf Gott zuging. Dies ist deshalb so wichtig, da sich jeder von uns Gott annähern muss! Allerdings ohne dabei – von egal welchem Ereignis auch immer – sich aus der Bahn werfen zu lassen. Im Gegenteil, wenn etwas geschah, dann muss man eben schlicht und ergreifend wieder von vorne beginnen, ohne sich weiterhin großartig darüber den Kopf zu zerbrechen. Denn ab dem Augenblick, an dem ein Mensch weiß, dass er mittels seines guten Willens in den Augen Gottes bereits als ein vollends gerechter und weiser Mensch gilt, besitzt er dadurch die Gabe und die Kraft stets von vorne anzufangen, unabhängig davon wie groß sein Scheitern oder wie schwer seine Niederlage auch war!!

 

 

Der Autor ist Gründer und Leiter des Lehrinstituts „Chut Schel Chesed“ in Jerusalem. Mehr über Rabbiner Shalom Arush erfahren Sie hier.

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