Motivation

Eine der wichtigsten Eigenschaften, die man für ein gesundes Seelenleben benötigt, ist die Motivation ...

4 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 14.03.21

Eine der wichtigsten Eigenschaften, die man für ein gesundes Seelenleben benötigt, ist die Motivation, d.h., dass man bei allem, was einem widerfährt, nur die positive Seite des Geschehens betrachtet und aufgrund dessen stets aus allem gestärkt hervorgeht. 

Man kann an dieser Stelle unzählig viele Geschichten erzählen, in denen Menschen unfassbare Situationen in ihrem Leben durchschritten, doch zu guter Letzt aufgrund ihres Glaubens an Gott unbeschreibliche Erfolge erlebten. Dabei lässt sich bei jeder einzelnen dieser Personen feststellen, dass sie ohne die Eigenschaft der Motivation weder die gewünschte Erlösung noch sonst etwas erlangt hätten. 
 
Ein perfektes Beispiel dafür ist die Lebensgeschichte des gerechten Jossefs, der bis zu seinem 17. Lebensjahr von seinen Vater Jakob verwöhnt und verhätschelt wurde. Doch wie aus dem Nichts wendete sich dessen Glück auf drastische Weise und er erlitt unbeschreibliche Höllenqualen.

Diese Qualen kamen für Jossef völlig überraschend, ohne jegliche Vorbereitungen auf seelischer oder körperlicher Ebene, da er mit Sicherheit nicht einplante, dass seine Brüder mit ihm Menschenhandel treiben würden und ihn somit in die Knechtschaft verkauften. Des Weiteren träumte er bestimmt nicht einmal in seinen Albträumen von den Qualen, die er durch die Frau des ägyptischen Stadthalters Potifar erlitt, geschweige denn von den Jahren, die er unschuldig und abgeschnitten von der Außenwelt hinter Gittern saß.

Jossef plante sein Leben bestimmt so wie jeder von uns auf der für ihn optimalen Seite: Er hätte sich am liebsten noch über Jahre hinweg im Haus seines Vaters Jakob gesehen, wo man ihn wie einen König verwöhnte und ihn alles, was er wollte, tun ließ. Dort hätte er in Ruhe ein Studium aufnehmen können, er hätte so zügig seine geliebte Frau fürs Leben gefunden, mit ihr Kinder gezeugt … Doch Gott hatte andere Pläne mit ihm, und deshalb akzeptierte er alles, was ihm geschah, mit Liebe und dem Glauben, dass es sich dabei um das Beste für ihn handle.  

 

Ohne Aussicht auf jeglichen Erfolg

Jeder von uns muss sich darüber im Klaren sein, dass die Tora uns mit einer Geschichte über eine Person auf etwas aufmerksam machen möchte. Daher muss sich jeder selbst gedanklich in die Situation des gerechten Jossefs hineinversetzen, indem man sich fragt, wie man sich an dessen Stelle fühlen würde.

 
Jossef hatte keine Ahnung, wann er wieder aus dem Gefängnis heraus kommen wird, deshalb stellte er sich sicherlich ab und zu Fragen, die sich jeder von uns an dessen Stelle gefragt hätte: „Vielleicht muss ich mein gesamtes Leben in dieser Dreckszelle verweilen? Ganz alleine, ohne jeglichen Kontakt zu meiner Familie oder zu meinen Freunden? Weiterhin habe ich keine Aussicht auf jeglichen Erfolg – ich habe weder die Möglichkeit etwas zu lernen noch mich beruflich weiterzubilden oder mich selbstständig zu machen oder zu heiraten und Kinder zu haben …“

 
Wie hätte sich der gerechte Jossef wohl verhalten, wenn er damals nicht über die Eigenschaft, nur Positives zu sehen, sowie den Glauben, dass alles zu seinem Guten ist, verfügt hätte? Er hätte sich so wie jeder von uns verhalten, sobald es nicht wie geplant läuft. Er wäre innerlich zerbrochen, da er völlig verbittert und frustriert auf sein Leben geblickt hätte. Sein Herz hätte sich mit Hass und Racheabsichten gegen seine Brüder gefüllt, da sie mit seinem Verkauf den Startschuss für sein Elend gaben.

Außerdem hätte sich sein Kopf mit etlichen negativen Gedanken über Gott gefüllt, und darüber hinaus hätte er diese selbstsicher ausgesprochen: „Was soll das?! Weshalb tut mir Gott und alle seine Mitkomplizen all dieses Leid an?! Was habe ich verbrochen? Ich bin und war ein ehrlicher und aufrichtiger Mensch! Ich habe mir nie etwas zuschulden kommen lassen, und selbst wenn! Was ich durchleiden muss, habe ich nicht verdient! Verdammt noch mal! Wie zum Kuckuck soll ich in diesem Drecksloch Fuß fassen?! Ich bin hier nur von Hexern, Verbrechern und Bösewichten umgeben! Ich sehe weder meine Familie noch meine Freunde! Nichts! Was soll nur aus mir werden? Ich bin völlig abgestürzt. Gott hat sich entschlossen, mich fertig zu machen! Er hasst mich! Allem Anschein nach bin ich nichts wert! Mir ist einfach nicht zu helfen, da Gott mich nicht ausstehen kann! Er will mich zu Unrecht bestrafen! Mir reicht es! Ich habe die Nase gestrichen voll! Es wäre am besten für mich, wenn ich meinem Leben ein Ende setzte! Der Tod ist meine Erlösung …“ 

Es kann aber ebenso gut sein, dass er krampfhaft versucht, die Schuld bei sich selbst zu suchen und deshalb traurig, verzweifelt, verbittert und voller Selbsthass in den Tag hinein lebt, so wie jeder Mensch, dessen Leben nicht wie geplant verläuft. Doch der gerechte Jossef ging aus dieser ganzen Geschichte gestärkt hervor, da er seinen Verstand in die Ecke warf! Er klammerte sich fest an den Glauben, dass Gott gut ist, dass Gott nur Gutes vollbringt, dass Gott ihn liebt und dass er nichts versteht, außer dass alles gut ist! Anschließend stand er singend auf und begann voller Freude zu tanzen! Er bedankte sich dabei für alles bei Gott!  
  
Unsere Weisen offenbarten uns das Geheimnis seines Erfolges. Zum einen ebnete ihm seine Eigenschaft, dass er mit seinem Schicksal glücklich und zufrieden ist, den Weg zum Erfolg. Er war zufrieden mit dem, was er hatte, und deshalb begann er sogar im Gefängnis voller Glück und Freude zu tanzen! Und zum anderen lag Gottes Name stets auf seinen Lippen, d.h., dass seine Wortwahl immer von den Worten: „Gott sei Dank, Gott behüte, mit Gottes Hilfe, so Gott will“ … bestimmt war. Aufgrund dessen führte ihn Gott wahrhaftig zu Größe und Erfolg, indem Er ihn letzten Endes zum König Ägyptens krönte. Und all das nur dank seiner Motivation, mittels derer er daran glaubte, dass alles zum Guten ist.

 

 

Der Autor ist Gründer und Leiter des Lehrinstituts „Chut Schel Chesed“ in Jerusalem. Mehr über Rabbiner Shalom Arush erfahren Sie hier.

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