Schicksal

Vor zwei Wochen widerfuhr mir etwas sehr Interessantes. Am Anfang der Woche habe ich ein schönes und langes Gespräch mit einer führenden deutschen Psychiaterin gehabt.

5 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 05.04.21

 Vor zwei Wochen widerfuhr mir etwas sehr Interessantes. Am Anfang der Woche habe ich ein schönes und langes Gespräch mit einer führenden deutschen Psychiaterin gehabt. Die Ärztin für Psychiatrie wurde durch das Buch: „Im Garten des Glaubens“ auf uns aufmerksam und entschloss sich deshalb den Kontakt zu uns zu suchen. Als wir dann miteinander telefonierten, sagte sie mir, dass das Buch ein Umbruch für die Behandlung von Patienten mit psychischen Problemen sei.  Wir unterhielten uns dann über verschiedene Inhalte und Themenbereiche des Buches.

Kurz darauf kontaktierte mich ein Psychiater, denn die Ärztin bei einem Kongress für Medizin auf das Buch angesprochen hatte. Am Telefon zeigte er sich empört, wie man behaupten könne, dass alles von Gottes Hand herbeigeführt wird, wo wir doch alle wissen, dass es ein Schicksal gibt?

Ich ließ den armen Psychiater seinen Ballast vom Herzen reden und versuchte mich zu verteidigen.

Ich denke, dass es heute wohl wirklich niemanden gibt, der von sich selbst zu 100% behaupten würde: Es gibt keinen Gott! Jeder glaubt an Gott, die Frage ist wie.

Es gibt Menschen, die nicht in der Lage sind, an die spürbare Gegenwart Gottes zu glauben. Man es also keineswegs wahrhaben möchte, dass Gott allgegenwärtig ist; Gott jedes Detail in unserem Leben lenkt und steuert. Das Ergebnis daraus ist ein völlig falsches Glaubensbild, das davon ausgeht, dass es zwar einen Gott gibt, welcher sich jedoch weit von den Menschen entfernt im Himmel befindet. Und weil er sich so weit von der Erde weg ist, mischt Er sich auch nicht in die Angelegenheiten und Geschehnisse eines Menschen ein.
 
Anderen wiederum fehlt der Glaube darüber, dass jeder Mensch dazu befugt ist, wann er will, wie lange er will, und wie er will – sich mit Gott zu unterhalten. Man also schlichtweg davon ausgeht, ein Mensch habe weder das Recht noch die Kraft dazu, sich mit Gott über all seine Angelegenheiten zu unterhalten. Sich über alles mit Ihm zu beraten und sich mit all seinen Sorgen und Nöten aber auch mit seiner Dankbarkeit an ihn zu wenden.
 
Einigen fehlt der Glaube, dass Gott sie hört. Man sich also nicht vorstellen kann, dass Gott einem selbst sowie allen anderen Menschen auf der Welt geduldig zu hört und uns immer Aufmerksamkeit schenkt.
 
Diversen Menschen fehlt der Glaube, dass Gott sie liebt; Gott für sie sowie für alle anderen Menschen auf dieser Welt nur das Beste will und jedem helfen möchte – vor allem denen, die sich direkt an Ihn wenden.
 
Und Manchen fehlt der Glaube, dass die Barmherzigkeit Gottes keine Grenzen kennt; Gott also jedem Menschen uneingeschränkt helfen kann und sich jedem der sich an ihn wendet erbarmen will. Ohne darüber zu richten, ob der einzelne Mensch seine Hilfe nun verdient hat oder nicht.
 
Wie man sieht, glaubt mit Sicherheit jeder an Gott, allerdings eben nur nicht richtig. Durch die eben aufgeführten Beispiele kann jeder von uns leicht sehen, wo seine gedanklichen Irrtümer liegen, welche wiederum direkt zu einem falschen Glaubensbild führt.
 
Zu diesen falschen Schlüssen gehört auch der Glaube an ein „Schicksal, welches dem einzelnen Menschen vorbestimmt wäre. Die Realität zeigt unmissverständlich das ernüchternde Ergebnis auf, dass die absolute Mehrheit ohne den Glauben – und somit ohne Gott – „lebt“, so wie unser Psychiater. Und da dem nun mal so ist, haben sich mit dem Beginn des menschlichen Lebens, andauernd Menschen mit der Sprachwissenschaft beschäftigt, um ihren Glauben zu stärken, dass es Gott nicht gibt bzw. schon gibt, Er sich aber irgendwo weit entfernt im Himmel und nicht etwa hier bei uns auf der Erde befindet.
 
Diese Sprachanalytiker haben sich also in ihrem schlauen Köpfchen Wörter ausgeklügelt, welche die Existenz Gottes völlig untergraben oder ins Nichts stellt.
 
Eines dieser Wörter ist – wie bereits gesagt -: Schicksal. Denn es umschreibt die Wahrheit, dass alles, was uns in unserem Leben widerfährt, durch Gott gewollt ist. Und einzig und allein dazu dient, unseren Glauben zu stärken und unsere persönliche Entwicklung voranzubringen. Aber zu glauben, dass es von Gottes Hand herbeigeführt wurde, das kommt für unseren Psychiater nicht infrage. Er nennt das lieber Schicksal …
 
Ich habe den Psychiater dann gefragt, wer sein Schicksal denn bestimmen würde. Er meinte daraufhin, dass es egal sei und es keine Rolle spielt. Allein die ERKENNTNIS das Menschen ihr Schicksal nicht beeinflussen könnten und sich ihm hinzugeben hätten wäre wichtig.

Ich denke, dass auch du wohl jetzt durch das Lesen dieser Zeilen ins schmunzeln gekommen bist?

Doch um ehrlich zu sein, habe ich mit so einer Antwort von dem wirklich sehr gebildeten Psychiater gerechnet, schließlich hält er sich exakt an das Regelwerk der Wissenschaft, welches durch die Sprachanalytik vorgibt zu sagen, es wäre egal … Doch was im Leben ist tatsächlich egal? Gibt es wirklich etwas auf dieser Welt, das keine Rolle spielt? An solche Worte zu glauben ist aus meiner Sicht, mehr als grob fahrlässig. Denn jeder Mensch tut nichts einfach nur so. Zu behaupten, dass wir Etwas einfach nur so – also ohne jegliche Absichten – tun, ist eine Selbsttäuschung. Die nur dazu dient uns in dem Glauben zu bestärken, wir müssten uns dem Schicksal willenlos ergeben.
 
Und genau deshalb haben unsere Weisen immer wieder darauf hingewiesen, „dass eine Handlung einer Absicht bedarf … Denn eine Handlung ohne Absicht gleicht einem Körper ohne Seele.“
 
Und zu behaupten Etwas wäre egal, einfach nur so, Schicksal usw., das gleicht einer Handlung ohne Absicht! Und eine Handlung ohne Absicht gibt es in Wahrheit nicht, denn ganz egal was man auch tut, eine gewisse Absicht steht dahinter. Die Frage ist welche. Und wenn die Absicht einer Handlung daraus besteht, zu denken, dass alles, was mir widerfährt, Schicksal sei und somit basta, dann gleicht dies einem Selbstbetrug.
 
Unser weiser Rabbi Schlomo Alkabetz schrieb dazu, in dem von ihm verfassten Lecha Dodi Schabbat-Lied:
 
„Bei allem gibt es einen Abschluss (also ein Endprodukt), doch von Anfang an war dieser geplant!“ (Schabbat Lied – Lecha Dodi, Vers 2)
 
Jeder Mensch muss sich also – bevor er etwas tut – vor Augen halten, was am Ende dabei herauskommen wird!
 
Das gleiche gilt natürlich auch für die Ausführung und Einhaltung aller Ge- und Verbote unserer heiligen Thora. Rabbi Nachman aus Breslev sagte einst, dass wir nicht wirklich imstande sind, ein Gebot ordnungsgemäß auszuführen, da unsere wahren Motive einer Gebotsausführung, nicht immer rein und sauber sind. Daher sagte Rabbi Nachman, dass es sehr wichtig ist, vor jedem Gebot, dass man tut, einige Worte zu sprechen, umso die wahre Absicht einer Handlung in sein Herz zu lenken und somit auch die Beziehung und Bindung zu Gott noch mehr zu steigern.
 
Daher sag beispielsweise vor der Gabe einer Spende immer:
 
Ich gebe hiermit eine Zedaka (eine Spende) zu Ehren Gottes und im Gedenken an Rabbi Nachman aus Breslev. Seine Verdienste und seine Rechte seien uns auf ewig zum Schutz – Amen“. 
 
Und vor der Ausführung einer Mitzwa sag bitte:
 
Ich verbinde mich jetzt, (z.B.: in meiner einstündigen Hitbodedut – oder: Beim Entzünden der Schabbat-Kerzen) zu allen wahrhaftigen Zaddikim (also zu allen wahren Gerechten und Weisen) unserer Generation. Sowie zu allen wahrhaftigen Zaddikim die bereits unter der Erde ruhen, also den Heiligen, die unter der Erde weilen. Und insbesondere zum wahren Zaddik, unserem heiligen Rabbi, dem Zaddik, der das Fundament der Erde bildet, dem sprudelnden Bach, der Wurzel der Weisheit, der Freude und des Glaubens, Rabbenu (unserem Rabbi) Nachman ben (der Sohn von) Simcha ben (und der Sohn von) Feyge aus Breslev. – Ihre Verdienste und ihre Rechte seien uns und dem gesamten Volk Israel auf ewig zum Schutz – Amen“.

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