Shmirat Negia

Mann und Frau dürfen sich vor der Ehe nicht berühren. Das jüdische Gesetz, die Halacha betitelt diese Lebenshaltung als „Shmirat Negia“.

2 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 16.03.21

Mann und Frau dürfen sich vor der Ehe nicht berühren. Das jüdische Gesetz, die Halacha betitelt diese Lebenshaltung als „Shmirat Negia“, also ein auf Abstand gehen, wo man sich vor Berührung hütet. Viele Menschen und auch vor allem Jugendliche tun sich damit sehr schwer und fragen mich immer wieder, warum es denn so wichtig sei, ein Shomer Negia zu sein.

 

Die Antwort darauf ist romantisch, wie so oft im so liebegeladenen Judentum. Das Eheleben ist das höchste Ziel im Judentum und es gilt dieses Ziel „unbestechlich“ zu erreichen, was bedeutet, sich bewusst zu machen, dass eine Intimität einen Anfang und ein Ende hat. Der anfängliche Schritt in die Intimität beginnt heute oft mit der körperlichen Nähe, man berührt sich, küsst sich und hat dann auch relativ schnell eine sexuelle Beziehung.

 

Doch eine erfüllte Intimität beginnt in Wahrheit mit der emotionalen Nähe und gefühlsbetonten Verbundenheit und erst daraus entsteht dann der körperliche Akt, der dann tatsächlich sehr intensiv und erfüllt ist – auf einer Art, die heute viele Menschen so nicht kennen.

 

Ein Paar, das sich also nicht darum bemüht, zu allererst emotional miteinander verbunden zu sein, sich seelisch zu verstehen und auf dieser Ebene zu kommunizieren, indem es also diese wichtige erste Stufe einfach überspringt und sofort „zur Sache“ kommt, ist dazu geneigt, beziehungsentscheidende Fragen falsch einzuschätzen.

 

Die vor der Ehe erlebten sexuellen Erfahrungen sind nicht wirklich verbindlich. Sie beruhen auf reinem Begehren. So führen sie zu der Einstellung, dass kein Anlass besteht, eine echte lebendige und stabile Partnergemeinschaft aufzubauen. Man rutscht dann sehr leicht in die Schiene, nur noch auf Sensationen aus zu sein, welche man dann auch in der Zukunft erleben will. Und hier besteht dann die große Gefahr, dass ein Paar mit diesen Backgrounds eine verbindliche Beziehung im Rahmen der Ehe eingeht und eine Familie gründet, dann aber auf einmal merkt, dass seine Lebenspartnerin oder ihr Lebenspartner seinen oder ihren sexuellen Drang nicht ganz befriedigen kann, weil er oder sie Ambitionen hat und nach Sensationen sucht, die er oder sie als junger Mensch erfahren hat. Ohne Sensationen weicht dann die Lust zur Langeweile und der Mensch wertet es als Problem. Dabei sind Probleme ein Segen! Denn Probleme innerhalb einer Ehe initiieren eine Weiterentwicklung. Das verstehen vor allem aber nur die Menschen, die echte Intimität erlebt haben. Leute, die gleich „zur Sache“ gegangen sind, neigen eher dazu, sich nicht entwickeln zu wollen, weil es zu anstrengend ist. So wird man dann eine Affäre haben, sich scheiden lassen, oder in völlige Gleichgültigkeit verfallen und eine schreckliche Beziehung führen.

 

Wer aber trotz dieser Krise bleibt, den macht der Frust mutiger und freier. Wer bereit ist, zu wachsen, wird eine Beziehung haben, wie er sie vorher nicht kannte – intimer, erfüllender.

 

Ein Partner macht das Leben nicht leichter. Wenn man Glück hat, versüßt ein Partner die Anforderungen des Lebens, aber er lässt sie nicht weniger werden.

 

Menschen suchen ja gerne nach einem einfachen Weg. Aber wenn sie erkennen, dass es einen guten Grund dafür gibt, warum etwas schwierig ist, dann wird es leichter.

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