Das Leben gehört gefeiert

Einer der schönsten Tage für mich ist der 18. Tishrey, der 4 Tag des Sukkot-Festes. Wertvolle chassidische Geheimnisse und Glaubenssätze der Tora wurden an diesem Tag offenbart.

5 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 05.04.21

Einer der schönsten Tage in meinem Leben ist der 18. Tishrey, der 4 Tag des Sukkot-Festes. Dieser Tag ist auch die Jahrzeit von Rabbi Nachman aus Breslev, dem heiligen Zaddik, der – entsprechend unserer Tradition – der Welt die wertvollen chassidischen Geheimnisse und Glaubenssätze der Tora gezeigt hat. Rabbi Nachman bat seine Schüler vor seinem Tod, dass sie sein Verlassen der körperlichen Welt freudig begehen mögen. Dieses öffentliche Gedenken an einen verstorbenen heiligen Rabbiner nennt man Hilula.

 

Die Sukkotfeierlichkeiten in Jerusalem sind jedes Jahr etwas ganz Besonderes. Die Sukka symbolisiert Gottes uneingeschränkte Herrlichkeit, welche die Israeliten bei der Wanderung in der Wüste beschützte. Seine Schechinah lag über ihnen und bis heute liegt Seine Präsenz über unseren Sukkot. Allabendlich sprechen wir in der Sukka einen besonderen Segen über die Ushpizin. Das Wort "Ushpizin" stammt aus dem Aramäischen und bedeutet "Gäste". Mit den Gästen sind Avraham, Yitzchak, Yaakov, Moshe, Aharon, Yosef und König David gemeint, die unsere Sukkot besuchen. Am 18. Tishrey dürfen wir symbolisch als Gast, den Uschpisin, Moshe (Moses) in der Sukka begrüßen. Zu Tempelzeiten wurde Wasser aus dem Shiloach hinauf in den Tempel gebracht. Eine besonders festliches Event, von dem es im Talmud Sukkah 51b heißt: "Wer niemals das Simchat Beit HaShoeva sah, hat noch niemals richtige Freude in seinem Leben empfunden."

 

Zu Simchat Beit HaShoeva finden in der Jerusalemer Altstadt viele Feierlichkeiten statt. So auch bei uns, in der Chut-Shel-Chessed-Sukka, mit dem großen Gastgeber: Rabbi Shalom Arush. Wer dort bei der Hilula von Rabbi Nachman aus Breslev teilnimmt, wird wirkliche Freude in seinem Leben erfahren. Hier ein Video.

 

Das Leben kann morgen schon zu Ende sein

 

Auch dieses Jahr haben wir bei der Hilula von Rabbi Nachman mächtig gefeiert. Für mich war es sehr besonders, da mein Schwiegervater Marcel ben Simi s.A. auch mit feierte. Er besuchte die Chut-Shel-Chessed-Sukka, damit auch er, die Hilula von Rabbi Nachman aus Breslev mit feiern kann. Kerngesund voller Freude und Glück. Am Morgen darauf wachte er auf, erlitt völlig unerwartet einen Schlaganfall und verstarb. Für uns alle war das ein sehr schwerer Schlag. Neben dem Verlust mussten wir uns auch mit der harten Realität auseinandersetzen – der Realität, dass in dem Satz: „Wer weiß, was morgen ist.“ sehr viel Wahrheit drin steckt. Morgen schon kann es zu Ende sein

 

König David sagt in den Psalmen: „Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, sind es achtzig.“ (Psalm 90,10) Wir werden also im Durchschnitt maximal 80 Jahre alt. Das sind 29.200 Tage. 9.000 Tage davon schlafen wir. Das bedeutet, uns bleiben in etwa nur 20.000 Tage! Nicht mehr und nicht weniger. Nur 20.000 Tage, das ist alles, was uns an Lebenszeit bleibt. Auch wenn das vielleicht eine Milchmädchenrechnung ist, es geht um die Bedeutung dieser Zahl, nicht um die Exaktheit.

 

Ich habe den Anschein, dass die meisten Menschen sich dieser Tatsache nicht bewusst sind. Wir haben nur dieses eine Leben geschenkt bekommen. Eine weitere Chance bekommen wir nicht. Trotzdem gammeln die meisten Menschen nur durchs Leben. Sie halten an alten Dingen in der Vergangenheit fest. Sie denken an die guten alten Zeiten, obwohl Sie noch so jung sind.

 

Die meisten Menschen könnten sich schon Montagmorgen die Kugel geben. Sie warten nur darauf, dass es wieder Freitag wird. Sie warten auf das Wochenende und den Urlaub. Das ist einfach nur traurig. Ich meine, das Leben hat so viele Dinge zu bieten. So viele schöne Sachen, über die man sich freuen kann. Trotzdem werfen die meisten Menschen ihr Leben regelrecht weg.

 

Sie jammern über das Wetter. Sie denken an die guten alten Zeiten, in denen alles besser war. Sie hängen immer noch am Ex-Partner. Sie reden sich irgendwelche Lebenslügen ein: „Irgendwann wird alles besser, ich muss nur durchhalten.“

 

Der „erlösende“ Tag wird niemals kommen, wenn es kein Umdenken im Kopf gibt.

 

Nur wir selbst können entscheiden: Will ich diese 20.000 Tage nutzen und das Beste daraus machen? Oder will ich gar nichts machen? Will ich weiterhin rumjammern und allen anderen die Schuld geben? Diese Entscheidung ist jedem selbst überlassen…

 

Fangen Sie an, sich bewusst zu werden, dass das Leben schnell zu Ende sein kann. Machen Sie deshalb das Beste aus den 20.000 Tagen.

 

Eines Tages bat eine Lehrerin an einer israelischen Hochschule in Jerusalem ihre Schüler, die Namen der anderen Schüler in der Klasse auf ein Blatt Papier zu schreiben und ein wenig Platz neben den Namen zu lassen.

Anschließend sagte sie zu den Schülern, sie sollten überlegen, was das Netteste ist, das sie über jeden ihrer Klassenkameraden sagen können und das sollten sie neben die Namen schreiben.

Es dauerte eine volle Stunde, bis jeder fertig war. Und bevor sie den Klassenraum verließen, gaben sie die Blätter bei der Lehrerin ab.

Am Wochenende schrieb die Lehrerin jeden Schülernamen auf ein Blatt Papier und daneben die Liste der netten Bemerkungen, die ihre Mitschüler über den einzelnen aufgeschrieben hatten.

Am Montag gab sie jedem Schüler seine/ihre Liste.

Schon nach kurzer Zeit lächelten alle.

„Wirklich?“, hörte man flüstern…, „Ich wusste gar nicht, dass ich hier jemandem etwas bedeute!“ und „Ich wusste nicht, dass mich andere so mögen“, waren die Kommentare.
 
Niemand erwähnte danach die Listen wieder. Die Lehrerin wusste nicht, ob die Schüler sie untereinander oder vielleicht mit ihren Eltern diskutiert hatten, aber das spielte schließlich auch keine große Rolle – die Übung hatte ihren Zweck erfüllt. Die Schüler waren glücklich mit sich und den anderen.

Einige Jahre später war einer der Schüler im zweiten Libanon-Krieg gefallen und die Lehrerin ging deshalb natürlich zum Begräbnis des Schülers.

Die Bestattungszeremonie war überfüllt mit vielen Freunden.

Einer nach dem anderen, der den jungen Mann geliebt oder auch nur gekannt hatte, ging an sein Grab vorbei und erwies ihm die letzte Ehre.

Die Lehrerin ging als letzte und betete vor dem Grab. Als sie dort stand, sagte einer der Soldaten, die den Sarg trugen, zu ihr: „Waren sie Schlomis Mathe-Lehrerin?“ Sie nickte: „Ja.“ Dann sagte er: „Schlomi hat sehr oft von Ihnen gesprochen …“

Nach dem Begräbnis waren die meisten von Schlomis früheren Schulfreunden versammelt. Schlomis Eltern waren auch da und sie warteten offenbar sehnsüchtig darauf, mit der Lehrerin zu sprechen.

„Wir wollen ihnen etwas zeigen“, sagte der Vater und zog eine Geldbörse aus seiner Tasche. „Das wurde gefunden, als Schlomi gefallen ist. Wir dachten, Sie würden es vielleicht wiedererkennen.“

Aus der Geldbörse zog er ein stark abgenutztes Blatt, das offensichtlich zusammengeklebt, viele Male gefaltet und auseinandergefaltet worden war.

Die Lehrerin wusste ohne hinzusehen, dass dies eines der Blätter war, auf denen die netten Dinge standen, die seine Klassenkameraden über Schlomi geschrieben hatten.

„Wir möchten Ihnen so sehr dafür danken, dass Sie das gemacht haben., sagte die Mutter. „Wie Sie sehen, hat Schlomi das sehr geschätzt.“
 

Alle früheren Schüler versammelten sich um die Lehrerin.
 

Chaim lächelte ein bisschen und sagte: „Ich habe meine Liste auch noch. Sie ist in der obersten Schublade in meinem Schreibtisch.“
 

Binjamins Frau sagte: „Binjamin bat mich, die Liste in unser Hochzeitsalbum zu kleben.“
„Ich habe meine auch noch“, sagte Michal. „Sie ist in meinem Tagebuch!“
 

Dann griff Mirjam, eine andere Mitschülerin, in ihren Taschenkalender und zeigte ihre abgegriffene und ausgefranste Liste den anderen. „Ich trage sie immer bei mir., sagte sie und meinte dann: „Ich glaube, wir haben alle unsere Listen aufbewahrt.“
 

Die Lehrerin war so gerührt, dass sie sich setzen musste und weinte. Sie weinte aber vor allem um Schlomi und für alle seine Freunde, die ihn nie mehr sehen würden.
 

Im Zusammenleben mit unseren Mitmenschen – und insbesondere mit unserer eigenen Frau (oder Mann) – vergessen wir oft, dass jedes Leben eines Tages enden wird und wir nicht wissen, wann dieser Tag sein wird.
 

Deshalb sollte man den Menschen, die man liebt und um die man sich sorgt auch sagen, dass sie etwas Besonderes und Wichtiges sind. Sag es ihnen, bevor es zu spät ist!
 

Wenn du dies nicht tust, wirst du wieder einmal eine wunderbare Gelegenheit verpasst haben, etwas Gutes und Schönes zu tun!
 

Da du ja nun diese Zeilen gelesen hast, dann doch nur deshalb, weil sich jemand um dich sorgt. Also gibt es zumindest einen Menschen, dem du etwas bedeutest.
 

Jetzt ist es an der Zeit, dass du einer Person sagst, wie sehr du sie liebst! Ruf sie augenblicklich an oder geh zu ihr! Was man in das Leben der anderen einbringt, kommt auch ins eigene Leben zurück. Daher lass diese eine Person wissen, dass jeder Tag mit ihr für dich ein gesegneter Tag ist genauso etwas Besonderes wie sie es für dich ist!
 

Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird zu Leben. Das Leben gehört gefeiert, das anstehende Chanukka Fest ist der perfekte Anlass eine Feier steigen zu lassen! Mehr dazu hier.

 

Im seligen Angedenken an einen großen Mann, meinen Schwiegervater der mir mit unserer ersten Begegnung wie ein Vater war, „Marcel ben Simi“, möge seine Seele mit dem Band des Lebens verbunden sein – AMEN.

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