Leuchtende Ideen

Viele Städte wollen Licht in die dunkle Jahreszeit bringen – dafür holen sie alles an Leuchtmitteln aus ihren Lagern, was sie nur finden können.

3 Min.

Sabine Brandes

gepostet auf 16.03.21

Alles ist erleuchtet. Zum Lichterfest wird dieser Satz in Israel wahr. An Chanukka brennen nicht nur die Leuchter mit den acht Kerzen. Das ganze Land fährt Lichter auf, wie in keiner anderen Woche im Jahr. Acht Tage lang dauert das Fest, das den Sieg der Makkabäer über die Hellenen im Jahr 164 v.d.Z. feiert. Fast jede Familie hat ihre eigene Chanukkia-Tradition.

 

Manche entzünden eine einzige, andere für jedes Kind eine, und wieder andere stecken Kerzen in alle Leuchter, die sie finden können. Begrenzungen gibt es nicht. Man kann es aber auch kollektiv tun. Bei der jährlichen Chanukka-Staffel wird eine brennende Fackel von einem zum anderen gereicht. Die Menschenkette beginnt in der Stadt Modiin und endet in Jerusalems Altstadt, wo die riesige Chanukkia an der Kotel feierlich von den Oberrabbinern entzündet wird.

 

 

SPEISEN

 

Wer Kalorien zählt, ist selbst schuld. Denn die Sufganiot werden von Jahr zu Jahr raffinierter. Wer hat schon einmal einen mit Sesamkrokant-Halva und geschroteten Kaffeebohnen probiert oder die mit salzigem Karamell und Brezelstückchen? Der Trend sind herzhafte Varianten; gefüllt mit Käse oder Labaneh-Joghurt mit Kräutern bringen sie Abwechslung auf den Tisch. Wer dennoch auf die Gesundheit achten will, greift zu Gebackenem statt Frittiertem. Vegane Varianten hat mittlerweile fast jede Bäckerei im Sortiment.

 

Die Winzer im Land erkennen langsam, aber sicher auch die Wintermonate als »Wein-Zeit« an. Rechtzeitig zur Saison brachten die »Galil Mountain«- und »Golan Heights«-Weinkellereien eine Broschüre zur korrekten Paarung von traditionellen Chanukka-Speisen mit dem passenden Wein heraus (yardenwines.com/press/hanukkah-food-and-wine-pairing-guide). Zu Gemüse-Käse-Latkes mit Crème fraiche etwa passt eine Cabernet-Sauvignon-Merlot-Mischung, denn die »erdige, würzige und pfeffrige Note des Weines passt bestens zu den Gewürzen dieser köstlichen Vorspeise«, heißt es. Sufganiot als Nachspeise können übrigens mit einem Moscato gereicht werden.

 

 

STÄDTE

 

Chanukka ist die Zeit für einen ausgedehnten Spaziergang. Vor allem in den Gegenden mit überwiegend streng religiösen Bewohnern gibt es etwas zu sehen. Die mystische Stadt Safed hoch oben im Norden oder das malerische Viertel Nachlaot in Jerusalem sind bekannt dafür, ganz in den Glanz von Chanukka getaucht zu sein. Doch auch in Bnei Brak und Mea Schearim leuchtet es hell. Besucher kommen aus dem ganzen Land, um sich bei einem Spaziergang durch das Viertel in festliche Stimmung versetzen zu lassen.

 

Trotz der Unruhen im Land wollen sich die Israelis das Feiern nicht nehmen lassen. Und damit sind alle Israelis gemeint: jüdisch, muslimisch, christlich, drusisch und alle anderen Gruppierungen. In der wohl harmonischsten Stadt des Landes, Haifa, findet jedes Jahr zwischen Chanukka, Weihnachten und Eid Al-Adha das Fest der Feste (Holiday of Holidays) statt. Vom 14. bis 23. Dezember begeht man die Feiertage interkulturell und in voller Akzeptanz des anderen mit Chanukkiot, Weihnachtsbäumen und arabischen Leckereien – und das bereits seit 1914.

 

Viele Städte wollen Licht in die dunkle Jahreszeit bringen – dafür holen sie alles an Leuchtmitteln aus ihren Lagern, was sie nur finden können. In Jerusalem sind an verschiedenen Tagen Teile der Altstadt besonders festlich beleuchtet, in Tel Aviv gibt es bei Straßenfesten, in Klubs und Bars »Eight Nights of the Light«. In Netanja nördlich von Tel Aviv blitzt und blinkt es das ganze Jahr über. Lichterketten an Palmen, blinkende Brückenpfeiler über Autobahnen: Die sonst unscheinbare Stadt hat zweifellos die meisten (skurrilen) Lichtinstallationen im ganzen Land.

 

 

WÄRME

 

Die meisten Museen im Land bieten besondere Attraktionen an. Von Dreidel-Wettbewerben über Chanukkia-Basteln bis zu Sonderausstellungen. In vielen gibt es sogar freien Eintritt. Im Museum des essbaren Öls in Haifa steht Chanukka übrigens das ganze Jahr über auf dem Programm. Acht Tage lang dauern die Chanukkaferien, und die Familien nutzen die Zeit oft für Museumsbesuche.

 

Wer sich nach einem der obligaten Winterspaziergänge aufwärmen will, kommt um das (alkoholfreie) Getränk des Winters nicht herum. Sachlab, ein heißes nahöstliches Milchgetränk mit Rosenwasser, taucht immer dann, wenn die ersten Winde wehen, auf den Marktständen auf. Auf dem Mahane-Jehuda-Markt in Jerusalem dampft es in dickbäuchigen Kesseln vor sich hin. Wenn dazu die Kerzen in den Fenstern scheinen, stellt sich wohl bei jedem das wohlig-warme Chanukka-Feeling ein.

 

 

Dieser Artikel erschien in der Jüdischen Allgemeinen.

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