Menora-Vision

Secharjas Menora-Vision - Eine Chanukka-Betrachtung ...

3 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 05.04.21

Secharjas Menora-VisionEine Chanukka-Betrachtung

Unsere Weisen haben festgelegt, dass am Schabbat von Chanukka die dem jeweiligen Wochenabschnitt zugeordnete Haftara durch eine bestimmte andere ersetzt wird. Man liest am Makkabäerfest einen Abschnitt aus dem Buch des Propheten Secharja (Kap. 2, 14 bis Kap. 4, 7). Dieser Abschnitt bildet auch die Haftara zum Wochenabschnitt Behaalotcha. Was der Verknüpfungspunkt zwischen Behaalotcha und der Secharja-Passage ist, fällt bei der Lektüre der zwei Texte gleich ins Auge. Die ersten Verse des Wochenabschnittes handeln vom Leuchter (Menora) mit den sieben Lampen (Bamidbar Kap. 8, 2-4), und Secharja berichtet, er habe eine Menora mit sieben Lampen gesehen.
 

In der Übersetzung von Leopold Zunz lautet der Dialog zwischen dem Engel und Secharja wie folgt: "Und er sprach zu mir: Was siehest du? Und ich sprach: Ich sehe, und siehe, einen Leuchter, ganz aus Gold, und eine Schale oben darauf und die sieben Lampen darauf, je sieben Röhren zu den Lampen oben darauf. Und zwei Ölbäume daran, einen rechts von der Schale, und einen zur Linken. Und ich hub an und sprach zu dem Engel, der mich anredete, also: Was sind diese, mein Herr? Und es antwortete der Engel, der mit mir redete, und sprach zu mir: weißt du nicht, was diese sind? Und ich sprach: Nein, mein Herr. Und er antwortete und sprach zu mir, also: Das ist das Wort des Ewigen an Serubabel, also: Nicht durch Macht und nicht durch Stärke, sondern durch meinen Geist; spricht der Ewige der Heerscharen" (Kap. 4, 2 – 6).

Am achttägigen Chanukkafest erinnern wir uns an das Ölwunder im Heiligtum, von dem der Talmud (Schabbat 21,b ) berichtet. Vom Öl der Menora ist, wie wir eben gesehen haben, auch in der Haftara die Rede. Bemerkenswert ist, dass die in der Synagoge vorgelesene Secharja-Passage an einer Stelle endet, die dem Hörer in der Synagoge eine Erklärung vorenthält; die Bedeutung der beiden Ölbäume wird nämlich erst später deutlich gemacht (siehe Verse 11 – 14 ). Der Prophet Secharja konnte das Bild nicht deuten, und daher musste der mit ihm redende Engel dem Propheten das  Gesehene erläutern.

Wie lautet die wichtige Botschaft, die an den politischen Führer Serubabel gerichtet ist? Der bekannte Bibelkommentator Raschi erklärt den Sinn des Mitgeteilten: So wie das Öl in der prophetischen Vision ohne menschliche Bemühungen in die Lampen fließt, so wird der anstehende Neubau des Heiligtums kampflos erfolgen; Gottes Geist wird den persischen Herrscher dazu bewegen, den Wiederaufbau des Tempels zu Jerusalem zu ermöglichen.

Wie Rabbiner Issachar Jacobson in einer Betrachtung zu unserer Haftara ( in seinem Werk " Chason HaMikra" ) bemerkte, ist ein politischer Kontrast zwischen der Zeit von Serubabel und der Zeit der Chanukka-Geschichte festzustellen. Secharja riet dem führenden israelitischen Politiker von einer Aufwiegelung des Volkes gegen die Perser ab; er sollte sich vielmehr unbedingt auf Gottes Geist verlassen. Hingegen lehnten die Makkabäer sich gegen antijüdische Verordnungen des griechischen Reiches auf und griffen zu den Waffen. Im Gebet am Chanukka danken wir Gott "für die Kämpfe, die Du für unsere Väter vollbracht hast, in jenen Tagen, zu unserer Zeit. Du übergabst Starke in die Hand der Schwachen, viele in die Hand von wenigen." Was lehrt uns der offensichtliche Gegensatz in den politischen Stellungnahmen? Rabbiner Jacobson hat den Schluss gezogen, dass das Volk Israel verschiedene Formen der Erlösung ( Geula ) kennt: Manchmal hilft der Ewige den Israeliten auch und gerade wenn sie ihrerseits kaum etwas zur Entwicklung beigetragen haben, und manchmal müssen die Juden militärisch aktiv werden, und erst dann greift Gott in das Geschehen ein und verhilft den wenigen zum Sieg gegen die feindliche Übermacht.
 

Secharja hat über die Menora, die er sah, präzise Angaben gemacht ( siehe Verse 2 und 3 ).  Nahum HaLevi hat in seinem Buch " The color of prophecy" ( Jerusalem 2012 ) Secharjas Vision in einem farbigen Bild dargestellt. Wie man auf den ersten Blick erkennen kann, hat der Künstler die Menora, die im Triumphbogen zu sehen ist, den Kaiser Titus in Rom errichten liess , zum Vorbild für sein Gemälde genommen. Es ist allerdings fraglich, ob man Secharjas Menora mit der Menora des Heiligtums gleichsetzen darf. Gewiss, hier wie dort leuchteten sieben Lampen an der Menora. Die Bedeutung der Zahl sieben wird übrigens im Buch Secharja erklärt: " Diese sieben sind die Augen des Ewigen, die auf der ganzen Welt umherschweifen " ( Kap. 4, Ende Vers 10 ). Aber in der Tora heisst es, dass die Menora 6 Leuchter-Arme haben soll ( Schmot 25, 32 ). Bei Secharja ist eine ganz andere Konstruktion des Leuchters angedeutet! Mordechai Zer-Kavod, der Ausleger des Buches Secharja in der " Daat Mikra " – Ausgabe, vertritt die Ansicht, dass die Lampen, die der Prophet sah, in einem Kreis angeordnet waren! Im Heiligtum hingegen waren sie auf einer geraden Linie angeordnet, wie die Menora auf dem Titusbogen beweist.

 

 

Der Autor ist Psychologe und hat an der Universität Köln gelehrt.

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