Wie alles begann

Wer heute durch das Land Israel reist, dem fällt auf, dass überall fleißig gebaut wird. Taxifahrer in Jerusalem erzählen gerne, ...

3 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 17.03.21

Mazkeret Batyas fromme Farmer

Wer heute durch das Land Israel reist, dem fällt auf, dass überall fleißig gebaut wird. Taxifahrer in Jerusalem erzählen gerne, dass dieses oder jenes Viertel vor 30 Jahren noch gar nicht bestanden hat. Wir können uns gar nicht vorstellen, wie das Land aussah, als die erste Einwanderungswelle in letzten 2 Jahrzehnten des 19 Jahrhunderts ankam.

 Einen guten Eindruck von den damaligen Verhältnissen vermittelt ein neues Buch von Sam Finkel. Dieser Autor erzählt die Geschichte der Stadt Mazkeret Batya, die 5 km von Rechovot (25 km von Tel Aviv und 30 km von Jerusalem) entfernt ist. Als die ersten Siedler 1883 aus Osteuropa kamen, nannten sie ihren neuen Heimatort Ekron. Die Namensänderung erfolgte einige Jahre später, und zwar auf den Wunsch von Baron Edmund James de Rothschild aus Paris, der das ganze revolutionäre Siedlungsprojekt finanziert hat. Der Name Mazkeret Batya erinnert an seine Mutter Batya, die kurz zuvor gestorben war.

Mazkeret Batya hat heute mehr als 10 000 Einwohner. Die Anfänge waren außerordentlich bescheiden. Auf Anregung von Rabbiner Schmuel Mohilever wurden zehn Landwirte aus dem weißrussischen Ort Pavlovka  angeworben, um als Farmer im Heiligen Land zu arbeiten. Das Experiment war sehr gewagt und drohte mehr als einmal zu scheitern. Finkel schildert die einzelnen Schritte des Aufbaues einer landwirtschaftlichen Siedlung.

 Wenig bekannt ist, dass diese ersten Einwanderer im 19.Jahrhundert fromme Juden waren, die nicht den Sozialismus aufbauen wollten  (wie die später ins Land gekommenen zionistischen Pioniere), sondern lediglich die Gebote der Tora im verheissenen Land halten wollten. Über die Motive der frommen Farmer von Mazkeret Batya streiten sich die Historiker : Waren sie Idealisten oder nur Opportunisten? Finkel referiert fairerweise beide Ansichten. Dass der Autor mit den Pionieren, die aus Russland kamen, sympathisiert, ist nicht zu übersehen aber er bemüht sich um Objektivität und verschweigt z.B. nicht, dass sie recht stur waren und dem Baron Rothschild, ihrem Wohltäter, nicht nur Freude bereitet haben.

Der Titel des leserfreundlich aufgemachten Buches, "Rebellen im Heiligen Land", bezieht sich auf einen Kampf, der im Jahr 1888/89 stattfand. Die von Baron Rothschild eingesetzten Administratoren wollten die streng gesetzestreuen Farmer zwingen, im Schmitta-Jahr den Boden zu bestellen; die Bauern sollten sich auf bestimmte halachische Fiktionen ("Heter mechira") verlassen. Diese aber waren dazu nicht bereit, und die  Rabbiner in Jerusalem unterstützten die Haltung der strenggläubigen Bauern.Die Farmer setzten sich am Ende durch, und viele religiöse Menschen halfen ihnen zu überleben. Ihre Gegner warfen ihnen vor, nur aus Faulheit im Schmitta-Jahr nicht arbeiten zu wollen. Unterschiedliche Weltanschauungen prallten damals aufeinander. Der Kampf um die religiöse Haltung der neuen jüdischen Gemeinschaften dauert aber bekanntlich bis heute noch an.

Die unterschiedlichen religionsgesetzlichen Positionen arbeitet Finkel sehr gut heraus, wobei er ausdrücklich keine Partei ergreift. Er stellt die verschiedenen Protagonisten vor und rekonstruiert die alten Auseinandersetzungen. So genau werden manche Leser die ganze Geschichte nicht wissen wollen, aber es ist lobenswert, dass der Verfasser nicht an der Oberfläche geblieben ist. Mehr als 500 Anmerkungen belegen seine Ausführungen und ermöglichen eine weitere Vertiefung. Viele Bilder und Karten lockern und illustrieren die Texte.

Der Geist der ersten Einwohner von Mazkeret Batya konnte sich nicht halten; ob diese Entwicklung dem Leser gefällt oder nicht, hängt ganz von seiner Einstellung ab. Eine Säkularisation setzte bald ein, und schon in der 3. Generation fanden sich Einwohner, die den Schabbat öffentlich entweihten. Finkel verfolgt die Geschichte einiger Nachkommen der Gründer bis in die heutige Zeit. Einer zum Beispiel ist ein stolzer Farmer, der die Tradition der Gründer aufrecht erhält und  im Schmitta-Jahr nur im erlaubten Maße auf dem Feld arbeitet.

Es ist ein Verdienst von Sam Finkel, die Tatsache erneut in Erinnerung gebracht zu haben, dass die ersten Farmer Israels gesetzestreue Juden waren. Sie kamen ins Land vor den säkularen – und auch vor den religiösen Zionisten. Zions – und Toraliebe waren ihre Motive. Sie kamen aus Pavlovka, dessen jüdische Gemeinschaft Anfang November 1942 von einer deutschen Einsatzgruppe ausgelöscht wurde. Eine Gedenktafel auf dem Friedhof in Mazkeret Batya erinnert heute an die Märtyrer von Pavlovka.

Rabbiner Schmuel Mohilevers Überreste wurden im Jahre 1991 von Bialystok nach Mazkeret Batya überführt. In Mazkeret Batya befindet sich ein Museum, welches die hervorragenden Leistungen dieses Tora-Gelehrten dokumentiert.

  

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