Alles was zählt

Der Frühling ist da! Zumindest in Israel, das bedeutet: Das Pessach-Fest steht vor der Tür! Deshalb hier etwas von der Bedeutung des Seders für uns ...

7 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 18.03.21

Von der Bedeutung des Seders für uns
 
Eines der wohl bekanntesten Rituale während des Pessach-Festes ist das Abhalten des Seder-Abends. Das hebräische Wort "Seder" bedeutet "Ordnung". Deswegen macht man in der ersten Nacht des Pessach-Feiertags einen sogenannten Ordnungs-Abend, also den Seder-Abend. Der Abend heißt deshalb Seder, weil unsere Weisen eine bestimmte Reihenfolge bestimmt haben, an deren Ordnung wir uns halten müssen. Doch in Wahrheit verbirgt sich hinter dieser Reihenfolge auch die vorbildliche Lebensführung eines erfolgreichen Menschen.

Bevor ein Mensch sich an die Ausführung dieses Seders begibt, muss er zunächst einmal mit der richtigen Einstellung und der notwendigen Besinnung ans Werk gehen. Er muss also im Glauben an Gott den Seder-Abend begehen. Er muss bei allem, was in dieser Nacht geschieht, davon überzeugt sein, dass alles von Gottes Hand herbeigeführt wird und deshalb alles auch nur zum Guten ist! Selbst wenn während des geplanten Seder-Abends später dann alles andere als Ordnung herrschen sollte.

Manchmal breitet sich nach all den anstrengenden und aufwendigen Vorbereitungen für das Pessach-Fest im Kopf die Überzeugung aus, der Seder-Abend werde nun auf jeden Fall wie ein schweizer Uhrwerk ablaufen. Doch dann geschieht plötzlich das, was eigentlich nicht geschehen sollte: Unordnung, Unvorhergesehenes ereignet sich, auf einmal fällt einem auf, dass man etwas zu kaufen bzw. etwas zu kochen vergessen hat oder es geschieht etwas völlig Ungeplantes …!
 
Wenn so etwas geschieht, sollte sich die gesamte Familie an meine vorherigen Worte erinnern: Man muss also bei allem, was in dieser Nacht geschieht, davon überzeugt sein, dass alles von Gottes Hand herbeigeführt wird und deshalb alles auch nur zum Guten ist! Selbst wenn während des geplanten Seder-Abends später dann alles andere als Ordnung herrschen sollte.
 
Mit anderen Worten gilt die Devise für diesen Abend: „Bitte lächeln! Nimm es leicht!“
 
Denn der eigentliche Seder – also die hauptsächliche Ordnung – soll im Kopf eines Menschen stattfinden. Und im Kopf eines Menschen herrscht nur dann Ordnung, wenn er weiß, dass alles im Leben von Gott ausgeht und zum Besten für ihn ist. Der Mensch muss danach streben, ihn kennen und schätzen zu lernen, da seine Seele sich danach sehnt, so wie es heißt:
 
Meine Seele dürstet es nach Gott, nach dem lebendigen Gott!“ Und deshalb fragt sie sehnsüchtig: „Wann werde ich vor dem Antlitze Gottes erscheinen!?“ (Psalme Davids, Psalm 42, Vers 3)
 
Es kommt dann allerdings auch darauf an, das Gesagte in unseren Alltag einzubauen. Jeder von uns kann ein Lied davon singen, wie oft er im Leben einer Situation gegenüberstand, in der es galt, sich mit allem und jedem auseinanderzusetzen, nur eben nicht damit, worauf es wirklich ankam …
 
Bei jeder solcher Gelegenheiten müssen wir uns immer vor Augen halten, dass Gott unser Leben führt und lenkt! Wie genau das geschieht, das werden wir nun – mit Gottes Hilfe – nach dem Muster des Seder-Abends feststellen!
 

KADESCH (Segnen des Weines)
 
Dieser Punkt steht unter dem Aspekt: Mach Gutes! Ein Mensch muss sich also zu allererst in seinem Leben immer vor Augen halten, dass er etwas Gutes tun muss! Er muss also stets versuchen, die eigene Spiritualität zu stärken, indem er mehr Kraft und Zeit in Gebete, in die Erlangung von Gottesfurcht und dergleichen investiert.

 
URCHAZ (Das Händewaschen ohne Segensspruch)
 
Dieser Punkt steht unter dem Aspekt: Entziehe dich allem Bösen, Schlechten und Negativen! Jeder von uns muss sich, nachdem er sich vorgenommen hat, Gutes zu tun, sich auch dazu entschließen, sich von seinem Dreck zu reinigen.
 
Im Grunde genommen erlangt dieses alles ein Mensch bereits schon durch den wahrhaften Willen, gut zu sein und Gutes zu tun. 
 
Ein weiterer Punkt, den es hier zu beachten gilt, ist die Absicht, sich Gott nähern zu wollen. Ein Mensch muss also wollen, dass Gott ihn von seinen Verfehlungen rein wäscht, indem er beispielsweise mit Ihm redet, sich mit Ihm über alle seine Dinge berät, usw.
 

KARPAS (Eintauchen eines Stücks rohen Gemüses in Salzwasser, oftmals Petersilie oder gekochte Kartoffeln und dem Segensspruch über die Erdfrüchte)
 
Der Karpas verkörpert die Vorbereitung zum Maror (Bittergemüse, oftmals ein Salatblatt). Denn zum Essen des Karpas bedarf es des Segensspruches für die Erdfrüchte (bore Peri HaAdama), und dabei muss ein Mensch sich gedanklich auch darauf vorbereiten, bald den Maror, das ebenfalls eine Erdfrucht ist, zu essen. Dieses Mal allerdings ohne den Segensspruch.
 
Doch nun stellt sich die Frage, weshalb wir an einem Feiertag, an dem es ja normalerweise gilt, glücklich und zufrieden zu sein und wir demnach also süße und geschmacksvolle Dinge essen sollten, Maror (Bitterkräuter) essen sollen!
 
Dieser Maror verkörpert die bitteren Zeiten im Leben eines Menschen, wie z.B. finanzielle, gesundheitliche oder persönliche Probleme. In diesen oftmals stürmischen Lebenslagen gilt es, nicht den Mut zu verlieren, und das geht nur mit der notwendigen Vorbereitung. Das heißt, sich an Gott zu wenden und dadurch immer zu erkennen, dass ER uns in eine Glaubensprüfung hinein versetzte. In eine Prüfung, in der es gilt, Ihn als Ausgangspunkt der Ursache zu erkennen und nicht etwa andere Menschen oder Ursachen als Ausgangspunkt zu fixieren. Wenn man danach einsieht, dass es der größte Fehler war, Gott nicht beachtet zu haben, legt sich der Sturm schneller als er kam. Doch um diese Erkenntnisse wirklich zu erlangen, ist ein gewissenhaftes Lernen des Buches „Im Garten des Glaubens“ hilfreich, da dort der Weg zum Glauben aufgezeigt wird, ja sogar sein wesentlicher Inhalt dort deutlich dargestellt wird .

 

JACHAZ (Die Mazza wird in zwei unterschiedlich große Teile zerbrochen. Den größeren Teil hebt man für den Afikoman bis zum Schluss des Seders auf.)

In den meisten der jüdischen Familien heißt es, so wie wir die Mazza in zwei Stücke teilen, so teilte Gott für uns das Meer. Im Bezug auf die Meeresteilung durch Gott heißt es u.a. im Talmud (Traktat Pesachim): „Einem Menschen immer eine geregelte Finanzlage zu garantieren, gleicht der Teilung des Meeres.“

Gelernt haben dies unsere Weisen von König David, der sagte: „… der (Gott) das Meer in Stücke teilte …“ und anschließend heißt es: „… der (Gott) allem Fleisch Speise gibt …“ (Psalm 136, Vers 13+25)

Mit anderen Worten: Ein Mensch muss alles daran setzen, den Glauben zu erlangen, dass Gott es ist, der die Finanzlage aller Menschen auf dieser Welt lenkt und steuert. Ein Mensch, der dies nicht glaubt, steht solange vor einem unüberwindlbaren Meer, bis er schließlich daran glaubt. Denn dann kommt Gott und rettet ihn, indem Er vor ihm das Meer teilt, so wie es heißt: „Du öffnest Deine Hände und sättigst alle Lebenden nach ihrem Verlangen.“ (Psalm 145, Vers 16)

MAGID (Man liest die Hagada)

Beim Lesen der Hagada geht es in erster Linie darum, die Geschichte vom Auszug der Kinder Israels aus Ägypten zu erzählen, also all die Wunder und faszinierenden Dinge, die Gott damals das Volk Israel erleben ließ. Doch das Wichtigste dabei ist, dass jeder sich auch an seinen persönlichen Auszug aus Ägypten erinnert! Jeder Mensch muss also in dieser Erzählung alle die wunderbaren Dinge erkennen, die Gott ihn erleben ließ und auch, wie Er ihn immer hilfreich durchs Leben begleitete.
 

RACHZA (Das Händewaschen mit Segensspruch)

Das lehrt uns, dass man von guten Gedanken und dem Willen, Gutes zu tun, nicht genug haben kann. Des Weiteren gibt es Anregungen, diesen Zustand zu erweitern, immer mehr Spiritualität anzustreben.

 

MOZI MAZA (Das Gebot Mazza zu essen)

Hierin verbirgt sich alles rund um das Thema Partnerschaft und Beziehung. Denn im Talmud (Traktat Jewamot) heißt es: Maza o Moze?" (dt.: Hat er gefunden oder findet er?) Gemeint ist hier: Was spürt er? Was fühlt er? Was geht in ihm vor?

Und dazu heißt es: „Wer seine Ehefrau gefunden hat, der hat etwas Gutes gefunden!“ (Salomos Sprüche, Kapitel 18, Vers 22)

Wer dem nicht hundertprozentig zustimmen kann, für den heißt es: „Bitterer als den Tod fand (empfand) ich die Frau“ (Die Predigten des Königs Salomo, Kapitel 7, Vers 26)

Mit anderen Worten hat ein Mensch die Wahl, ob sein Haus eine Art Filiale des Paradieses ist oder eher der Hölle gleicht. Ein Mensch muss also alles in seinem Leben daran setzen, Hausfrieden zu haben! Nur wenn zwischen Mann und Frau harmonische Liebe herrscht, nur dann kann man das Paradies schon in diesem Leben kosten. Mehr dazu im Buch: "Im Garten des Friedens" (für Männer) und auch im Buch „Glück und Segen“, der täglichen Inspiration für Frauen. Und auch die Hör-CD „Nur die Liebe zählt“ kann hier sehr gut tun.

MAROR (Man nimmt mindestens 28 Gramm von Bitterkraut und sagt einen speziellen Segensspruch, indem man sich dafür bedankt, das Bittere zu essen.)

Weiter oben haben wir unter dem Punkt „KARPAS“ bereits auf das Maror hingewiesen. Das Maror verkörpert also alles, was wir im Leben als schlecht, störend oder negativ bewerten. Doch um manche bittere Seiten im Leben schnell hinter sich zu lassen bedarf es der Erkenntnis, dass in Wirklichkeit alles zum Guten ist! Und deshalb muss man sich auch dafür bei Gott bedanken! Mehr dazu – speziell zu Pessach und somit auf die Thematik Auszug aus Ägypten zugeschnitten – die Hör-CD: „Hör auf zu jammern

 

 

SCHULCHAN ORECH (Das Festmahl)

Wenn ein Mensch die bitteren Momente im Leben mit einem Lächeln auf den Lippen besteht und sie in Liebe akzeptiert, dann wird er bald ein königliches Festmahl in seinem Leben erleben.

ZAFUN (Das Essen des Afikoman und das Verbot, danach noch etwas zu verzehren)

Der Afikoman verkörpert den Glauben an Gott, die EMUNA. Denn nachdem man den Afikoman gegessen hat, darf man an diesem Abend nichts mehr essen, weil der Geschmack über die Nacht hindurch im Mund und somit im Gedächtnis des Menschen bleiben soll. Des Weiteren erwacht ein Mensch dann auch mit dem Wissen , dass er zuletzt den Afikoman gegessen hat und es nun wieder darauf ankommt, ihn – also die Emuna – zu erreichen. Der einzige wohltuende Geschmack im Leben ist die Emuna also der Glaube an Gott!

 

BARECH (Das große Tischgebet – Birkat Hamason)

Wir müssen uns im Leben für alles bedanken und uns mit dem, was wir haben, glücklich schätzen, oder noch besser gesagt: wir müssen uns an unserem Teil erfreuen. Denn alles, was Gott macht, macht er zum Guten!
 

HALLEL (Das Hallel-Gebet)

Das gilt auch hier, nur mit dem Unterschied, dass unsere Weisen uns darauf aufmerksam machen wollten, dass dies das Beste sei, was wir in unserem Leben machen können. Gott zu lobpreisen, sich bei Ihm zu bedanken usw., so wie es einst König David wie kein zweiter vorlebte: „Singt Ihm! Spielt Ihm auf! Dient Gott in Freude! Singt dem Ewigen ein neues Lied! Die ganze Erde soll dem Ewigen ein Lied singen! Umjubelt den König, unseren Gott und Vater im Himmel!“ (Psalme Davids)

NIRZE (Lieder und Lobpreisungen)

Nun haben wir von unseren Weisen das Versprechen, dass Gott mit uns hoch zufrieden sein wird und wir deshalb ein schönes, langes und angenehmes Leben haben werden!

In diesem Sinne segne ich euch alle, dass ihr es schaffen werdet, diesen Seder in euren Alltag zu übernehmen und dadurch zu einem erfüllten Leben zu kommen!
 


 

 Klicken Sie hier um das Video von der Bedeutung des Seders für uns zu sehen!
Pessach Kascher WeSameach

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