Royal Suite

Man stelle sich vor, das Herz sei eine Royal Suite in einem Luxus-Hotel, die für den König reserviert ist, und man selbst ist der Hotelbesitzer …

4 Min.

Rabbiner Lazer (Elieser Rafael) Brody

gepostet auf 17.03.21

Heute ist „Pessach Scheni", also das „zweite Pessach“. Immer am 14 Ijar (Jüdischer Monat) wird dieses spirituelle Highlight gefeiert, unter dem Motto: „Es ist niemals zu spät, es gibt immer eine zweite Chance.“
 
Das „zweite Pessach" ist für jene bedacht, die am ursprünglich vorgesehenen Datum die Gelegenheit verpassten, das Pessach-Lamm darzubringen.Um uns deshalb einweinig in die vergangene Pessach Stimmung hinein zu versetzen, wollen wir an dieser Stelle eine der beliebtesten Fragen rund um das Pessach-Fest durchleuchten.  
 
Viele fragen: „Warum wird so eine Aufregung wegen der Shmura Matzen gemacht? Warum soll man überhaupt 40 Dollar für ein Kilo Matze zahlen? Shmura bedeutet überwacht. Matze wird aus Getreide herges tellt, das vom Augenblick der Ernte an besonders überwacht wird, damit keine Gärung entstehen kann. Das Getreide wird dann – oft mit der Hand – gemahlen, damit man  es dann als Matze für Pessach nutzen kann und damit die Mitzwa erfüllt.
 
Warum sind so viele bereit – besonders unter den thoratreuen Familien – mehrere hundert Dollar für Shmura Matzen aufzubringen? Besonders Chassidim tun dies, um die Traditionen vom Vater auf den Sohn weiterzugeben, dies ist besonders an Pessach wichtig. Hinzu kommt noch, dass die Shmura Matza Schutz vor der Strafe Karet gibt, d.h. die Ablösung einer Seele von Hashem – Gott behüte! – denn das wäre die Folge vom Verzehr von Chametz an Pessach.
 
Es ist eine großartige Arbeit, die bei der Überwachung der Matze geleistet wird. Die gleiche Aufmerksamkeit verdient unser Herz. Wir klammern uns an Hashem und bedenken nicht,  dass ein Schandfleck auf unserem Herzen ein Ablösen von Hashem bewirken kann – Gott bewahre! In der Tat, genauso wie der Teig für die Matze sauer werden kann und somit ungenießbar für den Verzehr bzw. strafbar (=„karet“), wenn man ihn an Pessach isst, genauso kann unser Herz sauer werden.
 
Wie ist das gemeint?
 
Unsere Weisen sagen, dass über schlechte – also verbotene – Taten zu grübeln schlimmer ist, als sie durchzuführen (Gemara Traktat Yoma 29 a). Die Leute fragen: Was ist so schlimm daran, was ich denke? „Tu ich jemandem weh damit? Ich berühre damit doch keinen fremden Besitz.“ Verbotene Gedanken sind aber eine sehr ernste Sache – sie zerstören das Herz und entfernen einen Menschen von Hashem. Verbotene Gedanken sind für das Herz genauso wie Hefe für den Teig – sie säuern und verderben es.
 
Die Säuerung des Herzens ist ein spiritueller Prozess, der laut jüdischem Gesetz  genauso funktioniert  wie ein Prozess der Beizung. So z.B.: Nach jüdischem Gesetz wenn ein Stück kaltem Fleisch in einen Topf mit kalter Milch fällt, dann müssen wir das Fleisch sofort aus der Milch herausnehmen und es abwaschen. Auf diese Weise behält es sogar noch den Status „Glatt Koscher“. Aber wenn das gleiche Stück Fleisch über 24 Stunden in der Milch liegen würde, dann wäre es gebeizt bzw. „kawush“. Die Gemara erklärt, dass gebeizt gleichbedeutend wie gekocht ist (Traktat Chullin 97b). Folglich wird das Fleisch unrein und zum Verzehr ungeeignet (siehe hierzu Kodex des jüdischen Gesetzes Yura Dea 105:1), als wäre es in einen Topf mit kochender Milch gefallen.
 
Die Säuerung des Herzens funktioniert auf gleiche Weise. Manchmal tritt ein verbotener Gedanke in unser Herz. Wenn wir diesen sofort löschen, also Teshuwa machen und beten, dann hat der verbotene Gedanke keine negative Wirkung mehr. Genau wie das kalte Stück Fleisch, entfernen wir von unserem Herzen den Dreck und Schlamm der verbotenen Gedanken, waschen es mit Thora und Teshuwa – und gehen weiter mit einem Lächeln auf unserem Gesicht. Doch wenn aber – Gott bewahre – unsere Herzen länger als 24 Stunden in diesen schlechten Gedanken bleiben, dann ist es gebeizt, völlig verbittert und dreckig – ungeeignet für Heiligkeit.
 
Dies ist ein großes Problem. Warum?
 
Die Thora fordert uns auf, Hashem aus ganzem Herzen zu lieben (siehe Dewarim 6:5). Wenn wir aber an unser Herz etwas anderes als Hashem kommen lassen, dann handeln wir gegen Seinen Willen. Die Thora verbietet in einem separaten Gebot ausdrücklich den unbefugten Gebrauch des Herzens, damit wir nicht in die Irre gehen und unsere Augen und Herzen beschmutzen (Bamidbar 16:39).
 
Also, welche Verbindung besteht zwischen Herz und Augen? Unsere Weisen lehren uns: Wenn das Auge etwas sieht was es nicht sehen soll, dann wird unser Herz verunreinigt (siehe Midrasch, Bamidbar Raba 10:2). Umgekehrt aber, wenn das Auge nichts Verbotenes sieht, dann bleibt das Herz rein. Dies erklärt in aller Kürze die Bedeutung der shmirat eynayim oder Überwachung der Augen. Mit Shmura-überwachten Augen kann unser Herz nicht „sauer“ werden. Wenn ein Stück Fleisch in heiße Milch fällt, dann muss es vernichtet werden, man kann es noch nicht einmal einem Hund zum Fressen geben. Ein in unzüchtigen Gedanken gebadetes und gebeiztes Herz kann zum Glück nicht weggeworfen werden, ein solcher Mensch jedoch wird ein von Hashem verordnetes quälendes Leben erdulden müssen. Dies zwar nicht als Strafe, sondern als die einzige Möglichkeit, ein solches Herz zu reinigen. Man wäre gut beraten, wenn man in Hinblick auf sein Herz seine Augen schützt. In Wahrheit ist es jedoch nicht Hashem, der einem Menschen ein quälendes Leben verordnet, sondern der Mensch hat durch seine Entscheidung entsprechend seinem freien Willen diesen Weg gewählt. Wenn ich einen glühenden Stab anfasse, dann darf ich mich doch nicht wundern, dass ich mich sehr schmerzvoll verbrenne.
 
Man stelle sich vor, das Herz sei eine Royal Suite in einem Luxus-Hotel, die für den König reserviert ist, und man selbst ist der Hotelbesitzer. An einem großen Tag kommt der König mit seinem Gefolge und findet seine königliche Suite in völliger Unordnung. Auch findet er einen Betrunkenen mit schmutzigen Schuhen in dem für den König vorgesehenen Bett liegen. Welche Demütigung ist das und was für Probleme kommen auf den armen Hotelier zu. Stattdessen hätte er Wachen vor dem Zimmer aufstellen sollen. Die königliche Suite ist in dieser Parabel unser Herz. Der König ist Hashem. Der Betrunkene ist Yetzer HaRa – der böse Trieb – zusammen mit allen diesen schmutzigen Bildern. Unsere Augen bilden den Eingang zur Suite. Wenn wir Hashem in unserem Herzen wohnen lassen wollen, müssen wir unsere Augen stark bewachen und sie nur für gute und heilige Dinge öffnen.
 
Lasst uns beten damit wir für dieses Pessach sowohl Shmura Matza als auch Shmura Herzen haben werden. Amen!

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