Schabbat HaGadol – Keine Ketten mehr

Eine der Voraussetzungen für Freiheit ist es, Ketten, die uns fesseln, zu zerbrechen ...

3 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 18.03.21

Schabbat HaGadol

(Der Schabbat HaGadol findet dieses Jahr am 10. Nissan 5780 / 4. April 2020 statt)
 
Eine der Voraussetzungen für Freiheit ist es, Ketten, die uns fesseln, zu zerbrechen. Oft unterwerfen wir uns ideologischen bzw. mythischen Ketten, die unseren Geist in schwere Ketten legen. Warum nur? Diese Ketten fesseln Körper und Geist eines Menschen auf vielfache Art und Weise.

 

Die weitaus schlimmste Einschränkung der Freiheit ist die Versklavung des Geistes, denn wenn man den Verstand einer Person versklavt, beraubt man ihn der von Gott allen Menschen gegebenen Möglichkeit sich frei zu entscheiden, also der Wahlfreiheit.
 
Schabbat HaGadol, der große Sabbat, ist der Sabbat, der Pessach vorausgeht. Er symbolisiert den Bruch der Ketten der Sklaverei, um in völliger Freiheit Pessach begehen zu können.
Die Baalei Tosephot  erklärten, dass der Schabbat HaGadol der große Sabbat genannt wird, weil genau an diesem Sabbat Hashem große Wunder für Israel getan hat, und zwar noch vor dem Exodus aus Ägypten. Sie erklärten es wie folgt:
 
Hashem ersuchte die Kinder Israels eine Tat zu vollbringen, um dadurch eines Wunders würdig zu werden. Das Wunder wäre dann ihre Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft. Aus diesem Grund gab Er jeder Familie ein makelloses Lamm als Pessachopfer. Dieses sollten die Israeliten Ihm nach Seiner Anweisung am 10. Nissan opfern. Das Wunder, der Exodus, fand am 15. Nissan im Jahre 2448 des jüdischem Kalenders statt.
 
Jede israelitische Familie trug solch ein Lamm nach Hause und band es am Fuße ihres Bettes fest. Für die Durchführung dieses Opferrituals mussten sie ihre Angst vor der unweigerlich folgenden ägyptischen Vergeltung überwinden, was sie nur durch ihr tiefes Vertrauen in Haschem schaffen konnten. Warum hatten sie solche Angst? 
 
Das Lamm wurde in Ägypten als Gottheit verehrt. Die Ägypter reagierten mit großer Wut, als sie sahen, dass die Israeliten die Lämmer zum Schlachten mit nach Hause nahmen, sie konnten aber nichts dagegen unternehmen. Noch eine weiteres Symbol betrifft nach ägyptischer Auffassung den Monat Nissan: dieser Monat steht in dem Sternbild Widder. Die Ägypter verehrten Aries, das Widderlamm. Gerade als es seine volle Stärke erreicht hatte, wurde es von den Israeliten – unter Hashems Schutz – geschlachtet. Ein Widder, wie auch jeder andere Götze, konnte nicht den Exodus der Israeliten verhindern, immer vorausgesetzt, sie erfüllten folgende vier Voraussetzungen:
 

 

 

 

  1. Sie müssen an Hashem glauben, denn man kann nicht Diener zweier Herren sein. Die Israeliten mussten sich also entscheiden, wem sie dienen wollten: dem Pharao, d.h. den Ägyptern und ihren Götzen – oder Hashem.
  2. Sie mussten Hashem voll und ganz vertrauen, denn ihnen wurde eine sehr schwere Mitzwa auferlegt, aber Er würde ihnen auch die Kraft geben, diese Mitzwa zu erfüllen.
  3. Sie mussten ihre Ängste überwinden. 210 Jahre hatten sie unter der ägyptischer Herrschaft gelebt. Sie waren folglich in Unfreiheit geboren worden und hatten also die typische Mentalität von Sklaven. Als sie begannen Hashems Gebote auszuführen, überwanden sie endlich ihre Angst vor den ägyptischen Herrschern und ihren Götzen.
  4. Sie mussten mutig sein, denn es war nicht leicht, die aufgebrachten Ägypter zu sehen, die durch die Straßen zogen und drohend an ihre Haustüren schlugen. Da die Israeliten jedoch mit Hashems Hilfe standhaft blieben und an Seinen Gebote festhielten, verdienten sie sich den Exodus und die Erlösung.

 
Das Wunder des Schabbat HaGadol wirkt auch bei uns noch, denn es ist ein Vorbild für die Nachgeborenen. Wenn wir die richtigen Lehren aus dem Schabbat HaGadol in unserm Leben ziehen und anwenden, dann können wir alles erreichen. Wenn wir dies tun wollen, müssen wir uns aber auch der notwendigen Voraussetzungen bewusst werden:
 
Viele Leute sagen mir, dass sie wüssten, dass Hashem Realität ist, aber sie könnten sich aus vielerlei Gründen nicht an seine Gebote halten. Hier einige solcher Beispiele:
 
„Wovon soll ich denn meinen Lebensunterhalt bestreiten, wenn ich am Schabbat nicht arbeiten gehen kann? Einen Großteil meines Einkommens verdiene ich gerade an diesem Tag.“

„Wie kann ich die familiären Bindungen aufrecht erhalten, wenn ich am Schabbat nicht zum Haus meiner Eltern fahren kann? Außerdem essen meine Eltern nicht koscher, und wenn ich ihnen koscheres Essen vorsetzen würde, dann gäbe es doch nur Streit.“

„Ich kann am Schabbat nicht ohne Radio und Fernsehen sein, ich muss schließlich informiert sein, was in der Welt passiert.“

„Wie könnte ich Aliyah machen, wenn meine ganze Familie weiterhin außerhalb Israels leben würde?“
 
All diese Argumente sind psychische Ketten, die unsere Weiterentwicklung behindern und uns nicht zur geistigen Reife und Freiheit kommen lassen.

Sie zeigen sehr deutlich an, dass wir gekettet sind in einer geistigen Trägheit und Verzagtheit, die wir unbedingt mit Hashems Hilfe überwinden sollten, um Wachstum zu ermöglichen.
 
Schabbat HaGadol lehrt uns, dass wir alles erreichen können, dass es nichts gibt, was uns von der Ausführung auch noch so schwieriger Mizwot abhalten kann, wenn wir einfach diese genannten vier Voraussetzungen in unser Leben integrieren. Wenn wir an Hashem glauben und Ihm vertrauen, unsere Angst überwinden und uns Ihm hingeben, dann hilft Er uns bei der Erfüllung jedes einzelnem der Gebote. Alles was wir brauchen, ist der Wunsch, wirklich frei sein zu wollen.

 

Ein frohes Pessachfest!

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