Gottesmann und Generalmajor

Wie ehrt man beliebte Hochschullehrer? Üblicherweise, indem man diesen Professoren anlässlich eines runden Geburtstages eine Festschrift überreicht, für die Fachkollegen...

2 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 05.04.21

Wie ehrt man beliebte Hochschullehrer? Üblicherweise, indem man diesen Professoren anlässlich eines runden Geburtstages eine Festschrift überreicht, für die Fachkollegen, Freunde und Schüler passende Beiträge verfasst haben. In der rabbinischen Welt war die Idee einer Festschrift früher unbekannt, aber zur Freude des religiösen Bildungspublikums hat sich das im letzten Jahrhundert geändert. Die hier anzuzeigende Neuerscheinung ist nicht die erste Aufsatzsammlung, die zu Ehren eines Rabbiners veröffentlicht wurde.

Vor kurzem wurde das "Rabbi Mordechai Piron Jubilee Book" in Jerusalem der Öffentlichkeit vorgestellt. Geplant war dieser Band als ein Geschenk zum 90. Geburtstag von Piron. Als das Unternehmen endlich abgeschlossen wurde, hatte der Geehrte bereits seinen 92. Geburtstag hinter sich. Über diese in Israel nicht unübliche Verspätung hat sich niemand sonderlich geärgert. Denn der Zweck des Projektes, Piron eine Freude zu bereiten, wurde doch erreicht, und wissenschaftliche Beiträge verlieren durch das spätere Erscheinungsdatum nicht an Bedeutung.

Es war eine richtige Entscheidung, eine biographische Notiz über den Jubilar den zahlreichen Artikeln in der Festschrift voranzustellen. Denn sogar Leute, die Piron hier oder da begegnet sind, kennen seine Lebensgeschichte bestenfalls punktuell. Piron, damals noch Egon Pisk genannt, wurde 1921 in Wien geboren. Nachdem die Nazis Österreich annektiert hatten, schickten seine Eltern ihren einzigen Sohn mit der Jugendalija nach Erez Israel; Vater und Mutter hat er nie wiedergesehen. Den Knaben erwartete im damaligen Palästina kein leichtes Leben, aber er hat doch seinen Weg gemacht.

Nach dem Besuch einer landwirtschaftlichen Schule studierte er in verschiedenen Jeschiwot; zu seinen großen Lehrern zählen Rabbiner Zwi Jehuda Kook und Rabbiner Jakob Moshe Charlap. Ordiniert zum Rabbiner wurde Piron auch von Oberrabbiner Yizhak HaLevi Herzog. Piron studierte sowohl an der Hebräischen Universität als auch an einer Hochschule in London.

Im israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948 kämpfte Piron mit und wurde im Kampf verletzt. Nach der Staatsgründung hat er im Rabbinat der neugebildeten Armee gedient. Von 1971-1977 hatte er das Amt des Oberrabbiners der Armee inne; sein Militärrang zum Schluss: Aluf (= Generalmajor). Nach seiner Zeit in der Armee wirkte er 12 lange Jahre als Gemeinderabbiner in Zürich. Piron hat zahlreiche Artikel publiziert und bisher sechs Bücher über Philosophie, Halacha und jüdische Geschichte geschrieben. Hervorgetreten ist er auch als ein Gesprächspartner im jüdisch-christlichen Dialog. Noch im hohen Rentenalter erteilt Piron regelmässig Tora-Unterricht.

Die Aufsätze in der Piron-Festschrift spiegeln die Vielseitigkeit der Interessen des Jubilars. Die Herausgeber haben die Beiträge in acht Abteilungen eingeteilt: Die Bibel und die Literatur unserer Weisen; jüdisches Recht; Rabbinat, Gemeinde und Führung; halachische Fragen; die israelische Armee und der Staat; jüdische Geschichte; Kunst und Literatur; Erziehung und jüdisches Denken. Es wäre unfair, die berühmtesten Autoren hervorzuheben oder einzelne neue Erkenntnisse hier zu referieren. Sicher ist, dass jeder, der sich für die Welt des Judentums interessiert (und hebräisch lesen kann), aus dem neuen Sammelband viel Wissenswertes lernen kann.

Piron ist als ein kenntnisreicher und menschenfreundlicher Gottesmann bekannt. Eines seiner Bonmots lautet: " Ein Rabbiner darf über alles reden – nur nicht über 20 Minuten! " Allzu menschlich ist, dass der begnadete Redner Piron sich manchmal nicht an diese Maxime gehalten hat.

Aviad Hacohen & Tsevi E. Tal (Herausgeber), Safra Ve`saifa. The Book and the Sword. Rabbi Mordechai Piron Jubilee Book, Jerusalem 2013. 710 Seiten

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