Die Qumran-Gemeinschaft

Die Qumran-Gemeinschaft, die am Westufer des Toten Meeres lebte, ist eine bisher wenig erforschte Strömung des Judentums in der antiken Zeit.

3 Min.

Sandra Urbanik

gepostet auf 05.04.21

Die Qumran-Gemeinschaft, die am Westufer des Toten Meeres lebte, ist eine bisher wenig erforschte Strömung des Judentums in der antiken Zeit. Von Archäologen und Historikern werden viele verschiedene Hypothesen über die Identität der Gemeinschaft aufgestellt. 

Eine Theorie ist die Identifizierung mit den Essenern, da viele Gemeinsamkeiten in der Beschreibung von Josephus (jüd. Geschichtsschreiber des 1. nachchristlichen Jh.) festzustellen sind. Auch spricht der der geografische Bericht von Plinius dem Älteren für diese Theorie. Laut diesem sollen die Essener ebenfalls am Westufer des Toten Meeres gelebt haben. Aufgrund dieser Fakten wird angenommen, dass sie derselben Gruppierung angehören, oder zumindest eine Untergruppe der Essener sind. Diese Verbindung kann jedoch nicht genau nachgewiesen werden, da der Name der Essener in den gefundenen Dokumenten vom Toten Meer nicht einmal zu finden ist.

Bestimmte Texte der gefunden Rollen lassen annehmen, dass es sich bei der Qumran-Gemeinschaft um eine Sekte handelt. Es ist jedoch strittig, ob die besagten Rollen nur von einer oder verschiedenen Sekten stammen.

Unterschiedliche Meinungen existieren ebenfalls über die Lebensweise der Mitglieder. Einige Wissenschaftler sind der Auffassung, dass es sich bei der Siedlung um den Ort einer mönchsartigen Glaubensgemeinschaft mit umfangreicher Schreibwerkstatt handelt. Andere wiederum vertreten die Meinung, dass die antike Siedlung eine normale Wohnstätte mit Gemeinschaftsräumen im Zentrum war, wo ebenfalls Frauen und Kinder lebten und Viehzucht betrieben wurde. Dies wird durch neuere Funde untermauert, da man in einer Vielzahl der Höhlen Reste von Wohn- und Haushaltgegenständen barg.

Eine andere Version sieht die Siedlung als eine verlagerte Tempelbibliothek vor der Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.). Sie war zum Schutz vor Verfolgung und Vernichtung in der bedrohlichen Situation während des jüdischen Krieges errichtet wurden. 

Die bereits oben genannten Rollen wurden in Höhlen an Berghängen verschiedener Täler entlang des Westufers des Toten Meeres gefunden. Die Entdecker der ersten Höhle waren drei Beduinen des Stammes der Ta'amireh: Muhammed edh-Dhib, Jum'a Muhammed und Khalil Musa. Die teilweise fast unbeschadeten oder fragmentarischen Reste der Rollen werden seit 1947 untersucht. Dabei handelt es sich um Handschriften in hebräischer, aramäischer, griechischer und nabatäischer Sprache. Diese Texte sollen Aufschluss über die Lehre und das Leben der Gemeinschaft geben.

Eine zentrale Bedeutung unter den Dokumenten besitzt die sogenannte „Gemeinderegel oder Sektenregel“, da man sie in 13 Abschriften fand und sie die Lebensweise der Mitglieder regelte. Durch Übersetzung wurde herausgefunden, dass der Text sich nicht nur auf die eine Gruppe bezieht. Er ähnelt einer Verfassung. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Gruppe wie eine Gesellschaft organisiert war, jedoch die Funktion einer philosophischen Schule besaß. Die Sektenregel wird als Grunddokument der Qumran-Gemeinschaft angesehen. An der Spitze der Gruppe standen die Priester und der „Lehrer der Gerechtigkeit“. Sie besaßen die Aufgabe, den Mitglieder den Glauben zu lehren und die Beratungen über Regeln zur Gruppenführung, Gemeinschaftsvermögen und Bibelauslegung zu führen. Der Glaube war geprägt von einem starken Dualismus zwischen Gut und Böse, Licht und Finsternis oder dem Gott und Satan (auch Belial genannt). Menschen wurden daher eingeteilt in Kinder des Lichts und der Finsternis. 

Aufgrund der hohen Wertschätzung von Disziplin wurden Ungehorsam und Vergehen hart bestraft. Als Höchststrafe galt die Verbannung aus der Gemeinschaft. Neben Disziplin war die Reinheit ein wichtiger Grundsatz im Leben der Mitglieder. Die Unreinheit galt als eine Barriere zwischen Gott und Mensch. „Unreine“ mussten für eine bestimmte Zeit das „Lager“ verlassen, sich in Wasser baden und die Kleider waschen. Dies geschah in der Mikwe, dem Ritualbad der Qumran-Mitglieder. 

Die Gemeinschaft glaubte an eine besondere Erwählung und an einen neuen Bund mit Gott, einen „Bund der Gnade“. Demnach sonderten sie sich von den anderen Juden ab, da diese als „verderbt“ und vom Bösen galten. Für die Zukunft erwarteten sie einen „gnädigen Beistand“ Gottes und den Tag der Vergeltung. Die Mitglieder besaßen apokalyptische Weltuntergangsphantasien. In der sogenannten „Kriegsrolle“ wird der Krieg der Endzeit zwischen den Kindern des Lichts und den Kindern der Finsternis beschrieben. In diesem Krieg wird das Gute das Böse besiegen. Die Gläubigen erhalten die „Krone des Ruhmes“ und ein „Kleid der Ehre“. Im Gegensatz dazu werden alle Anhänger des Bösen auf ewig verdammt sein.

Durch Übersetzungen erfuhr man weiterhin, dass in der Gemeinschaft eine militärische Sprache gebraucht wurde. Die Mitglieder wurden als „Freiwillige“ bezeichnet. Dies wird mit dem Krieg der Endzeit in Verbindung gebracht, da man vermutet, dass sich die Gruppe als „Kriegseinheit, die auf Gottes Zeichen zum letzten Krieg gegen die Völker und die Gottlosen unter den Juden wartet“, sah. 

Die Qumran-Gemeinschaft lehnte sozusagen die Lehre des „offiziellen“ Kultes und die Vorstellungen am Jerusalemer Tempel ab. Dies wird durch die zahlreichen Eigenheiten des Kultes und zudem durch einen eigenen Kultkalender, der ein Sonnenkalender war, verdeutlicht.

Die Autorin verfasste diesen Artikel für das Jüdische Geschichte und Kultur Projekt vom Lessing-Gymnasium Döbeln.

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