Die Mission der Juden – Lech Lecha

Die Namensänderung unseres Urvaters erwähnen wir täglich im Morgengebet ... Was bedeutet diese Änderung?

2 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 17.03.21

Zum Wochenabschnitt Lech Lecha (Bereschit 12,1 – 17,27)

Die Mission der Juden

 

 

 

 

Die Namensänderung unseres Urvaters erwähnen wir täglich im Morgengebet: „Du bist der Ewige, Gott, der du Abram erwählt hast, und hast ihn aus Ur Kasdim geführt und ihm den Namen Abraham gegeben“ (Nehemia 9,7). Was bedeutet diese Änderung? Rabbiner H.I. Grünewald erklärt, dass der Name um den hebräischen Buchstaben „Hej“ erweitert wurde, der für den Gottesnamen steht: „So sollte auch im Namen der enge Bund zum Ausdruck kommen, den Gott mit Abraham geschlossen hatte“ (Die Lehre Israels, München 1970).
 
Seinen neuen Namen erfährt Abraham in einer Ansprache Gottes: „Ich – siehe, mein Bund ist mit dir, dass du werdest zum Vater einer Menge von Völkern. Und nicht soll fortan dein Name Abram genannt werden, sondern dein Name sei: Abraham; denn zum Vater eine Menge von Völkern mache ich dich“ (Bereschit 17, 4&5). Hier wird die Mission Abrahams hervorgehoben: er soll der geistige Vater einer Menge von Völkern werden. Rabbiner N.Z.J. Berlin erklärt, die Aufgabe von Abraham bestehe darin, die Völker der Welt mit dem Einen Gott bekannt zu machen. Abraham werde als Vater bezeichnet, denn von ihm wird erwartet, dass er wie ein Vater wirkt, der seinem Sohn die richtige Anschauung vermittelt. Rabbiner Berlin sieht im Befehl „Führe dich vor meinem Angesichte“ (Vers 1) eine Aufforderung an Abraham, Gottes Herrschaft zu proklamieren.
 
Die Abraham aufgetragene Mission zu erfüllen, kann man als die historische Aufgabe des jüdischen Volkes bezeichnen. Im Wochenabschnitt Jitro wird den Israeliten gesagt: „Ihr sollt mir sein ein Königreich von Priestern“ (Schemot 19,6). Owadia Seforno erklärt, es sei die Aufgabe der Juden, der ganzen Menschheit nahezubringen, dass alle Menschen Gott anrufen und ihm gemeinsam dienen sollen. Der Prophet Jesaia hat mehrfach an diesen Auftrag erinnert (Siehe 42,6 & 61,6).
 
Die Tatsache, dass jeder Jude in einem gewissen Sinne als Priester wirken solle, hat eine Verankerung in der Halacha, und zwar an einer Stelle, die manche vielleicht überraschen wird. Im Schma-Gebet lesen wir jeden Tag das Gebot Gott zu lieben: „Und du sollst lieben den Ewigen deinen Gott“ (Dewarim 6,5). Im Midrasch Sifre steht folgende Erläuterung: „Mache Gott bei allen Geschöpfen beliebt, so wie es dein Urvater Abraham getan hat.“ Maimonides erklärt: wer intensiv liebt, der ist von dem Wunsch erfüllt, alle Menschen sollten die Vorzüge des geliebten Objekts erkennen; Abraham habe Gott sehr geliebt und deshalb alle Menschen auf Gottes Herrschaft aufmerksam gemacht – er kann uns als Vorbild dienen (Sefer Hamitzwot, Ase Nr. 3).
 
Die Eigenart unserer Mission ist nicht immer richtig verstanden worden. Was Rabbiner J.J. Weinberg zu diesem Punkt geschrieben hat, stellt die Sache klar: „Die Geschichte Israels bestätigt, dass wir nie auf Proselytenmacherei ausgegangen sind und nie den Wunsch hegten, andere Völker zu unserer Religion zu bekehren oder ihnen unsere Religion aufzuzwingen, um sie für uns zu gewinnen. Dem Judentum lag nie daran, Nichtjuden zu Juden zu machen. Religiöse Menschenfängerei ist vom talmudischen Gesetz verpönt. Unserer Art als Volk der Religion entsprechend lag uns lediglich daran, dass unsere Gedanken über Gott, Welt und Mensch von der übrigen Menschheit verstanden werden. Wir erstrebten keine nationalen Siege. Die Verbreitung von Ideen der Moral und Sittlichkeit, der Wahrheit den Weg zu bahnen, war und bleibt das Ziel unserer nationalen Ambitionen“ (Das Volk der Religion, Geneve 1949).

 

 

Der Autor ist Psychologe und hat an der Universität Köln gelehrt.

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