Ich habe alles – Wa´ischlach

… Klug sein bedeutet demnach zu erkennen, dass ein Glas halbvoll und nicht etwa halbleer ist! …

4 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 06.04.21

Aus unserer Parascha lassen sich faszinierende und fundamentale Erkenntnisse für ein erfolgreiches und vor allem schönes Leben entnehmen.

Damit wir alle gemeinsam in der Lage sind, diese fundamentalen Erkenntnisse in unser Leben integrieren zu können, werden wir zuerst zum besseren Verständnis eine Einleitung geben.
 
Nachdem wir aufstehen sagen regelmäßig das Birkot Haschachar Gebet, also die Segenssprüche am Morgen! Dort formulierten unsere Weisen die Worte:
 
„ … bringe uns nicht zur Verfehlung, nicht zur Übertretung Deiner Worte und jeglicher Schuld. Lass den bösen Trieb nicht über uns herrschen! Halte uns fern von bösen Menschen, bösen Freunden und von bösen Blicken. …“
 
Wir bitten Gott also jeden Morgen darum, Er solle uns doch bitte von allem Schlechten auf dieser Welt fernhalten und uns davor beschützen. So auch vor bösen Blicken! Doch dabei muss man wissen, die mit Abstand gefährlichsten und Schaden bringenden bösen Blicke – sind unsere eigenen – !
 
Daher muss ein Mensch, der in der Früh diese Bitte äußert, sein Herz dahin zu leiten, Gott möge ihn selbst vor seinem eigenen bösen Blick schützen! Und nicht etwa denken:
 
„Bitte, bitte mein Gott! Bitte beschütze mich vor den neidischen Augen und den bösen Blicken anderer, die mir nur etwas Böses wollen! …“
 
Bei diesen Gedanken handelt es sich um eine absolute Ketzerei und Gottesableugnung!
 
Daher verkörpern die Gedanken und das Gebet eines an Gott glaubenden Menschen:​
 
„Gott, außer Dir gibt es nichts und niemanden!“ Solange Du nicht möchtest, dass mir jemand mit seinem bösen Blick schadet, kann mir nichts geschehen! Deshalb ist es äußerst wichtig, dass ich solange an mir arbeite, bis ich selbst keinen anderen Menschen mehr mit einem bösen Blick betrachte!“
 
Das heißt also, wenn ich jemanden mit einem bösen Blick etwas Böses wünsche, dann kann mir ein anderer Mensch ebenso mit seinem bösen Blick etwas Böses tun.
 
Um das Gesagte besser zu veranschaulichen erzähle ich euch nun eine Geschichte, die sich in Irak abspielte.
 
In Irak lebte einst ein Geschäftsmann, der bei allem was er tat, atemberaubenden Erfolg hatte. Der Geschäftsmann bekam aufgrund seines riesigen Erfolgs Angst vor den bösen Blicken der Neider und begann aufgrund dessen sein Geld in „todsichere Verlustgeschäfte“ anzulegen, sodass jeder Mann sah, dass er doch nicht so erfolgreich sei wie angenommen.
 
Doch egal was er auch tat um sein Geld zu verlieren, es nützte ihm nichts. Sogar diese „todsicheren Objekte“ wurden bei ihm zum Verkaufsschlager.
 
Der Geschäftsmann ging also zu einer weisen und gerechten Person, um diese um Rat zu bitten. Der weise und gerechte Rabbi Josef Chaim, – der Ben Isch Chai – sagte ihm, dass er die Versuche, sein Geld mit Gewalt zu verlieren, einstellen solle, da der Erfolg oder Misserfolg eines Menschen einzig und allein von der Entscheidung Gottes abhängig ist:
 
„Wenn Gott möchte, dass du erfolgreich sein wirst, dann wirst du bei allem was du tust Erfolg sehen.“ 
 
Der Rabbi sagte dem Geschäftsmann mit anderen Worten, dass er keine Angst vor den bösen Blicken der Neider haben muss, wenn er daran glaubt, dass sein Erfolg ausschließlich von der Entscheidung Gottes abhängig ist. Denn wenn er tatsächlich daran glaubt, Gott ist für seinen Erfolg verantwortlich, dann kann ihm auch kein Mensch auf der Welt mit Neid etwas Böses tun! 
 
Und umgekehrt das Gleiche. – Wenn Gott entschied, dass ein Mensch keinen Erfolg sehen wird, dann wird er auch keinen haben, völlig egal was er tut. So wie einst Hillel Hasaken, einer der ärmsten und mittellosesten Menschen auf dieser Welt, sagte, nachdem er sah, dass er bei allem nur Misserfolg hatte:
 
„Wenn ich beginnen würde Kerzen herzustellen, würde die Sonne nie wieder untergehen…“ 
 
Ein Mensch muss klug sein! Denn – egal was auch kommt – es hätte auch schlechter kommen können!
 
Das hebräische Wort für klug ist: Chacham. Aus den Initialen dieses drei Buchstaben Wortes erhält man die Worte: Chezi Kos Male! – Auf Deutsch: Das Glas ist halbvoll!
 
Klug sein bedeutet demnach zu erkennen, dass ein Glas halbvoll und nicht etwa halbleer ist!
 
Man muss bei allem im Leben auf die volle Hälfte des Glases blicken und nicht etwa darüber klagen, das Glas wäre doch halb leer! Denn wenn ein Mensch wirklich klug ist, dann ist er dankbar! Für das halbvolle Glas! Mit diesem Blick auf die Dinge hat ein Mensch alles! Da er aus dieser Sicht ja etwas zu trinken hat, mit dem er seinen Durst stillen kann!
 
Ein dummer Mensch hingegen, ist undankbar und ein unverbesserlicher Pessimist, der kein Interesse daran hat, aus dem halbleeren Glas zu trinken! Und deswegen ist sein Leben auch pechschwarz!
 
In unserer Parascha lesen wir:
 
„Und Esaw sagte: ‚Ich habe genug, mein Bruder‘ …
 
Jakob antwortete:
 
‚Bitte, nimm mein Geschenk an …, denn ich habe alles‘ … “ (1. Buch Moses, Kapitel 33, Satz 9 – 11).

Der Kli Jakar geht darauf noch tiefer ein, indem er ausarbeitete:

 
„Esaw sagte: ‚Ich habe genug‘ – und Jakob erwiderte: ‚Ich habe alles‘!“
 
Jakob war ein rechtschaffener und kluger Mann zugleich. Aufgrund dessen war er immer glücklich und mit seinem Leben, also mit dem was er hatte, zufrieden.
 
Esaw war hingegen dumm. Deswegen hatte er auch einen bösen Blick und folglich hatte er zum einen immer das Gefühl nicht genug zu haben! Und zum anderen glaubte er, dies verdanke er seiner Umwelt mit ihren neidischen Blicken.
 
Die Folge war, dass Esaw niemals – und egal was er erreichte – zufrieden war! Er wollte immer nur eins: mehr! Aus dem Verhalten Jakobs lässt sich also schließen, dass er ein gutes Auge hatte! Ein Gönnerauge! Daher war er klug und wusste, sich an seinem Lebensteil zu erfreuen und sich somit mit dem was er hatte zufrieden zu geben! – Sich zufrieden zu geben bedeutet: glücklich zu sein! Und das bedeutet wiederum die Gewissheit, ALLES worauf es ankommt im Leben zu besitzen!

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