Mitbetroffen durch Nachbarschaft

Aussatz an Häusern ist ein Phänomen, das wir in unserer Zeit nicht mehr aus eigener Anschauung kennen. Im Talmud wird Rabbi Elasar BeRabbi die Auffassung zugeschrieben ...

3 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 17.03.21

Zum Wochenabschnitt Mezora (Wajikra 14, 1 – 15, 33)

Aussatz an Häusern ist ein Phänomen, das wir in unserer Zeit nicht mehr aus eigener Anschauung kennen. Im Talmud (Sanhedrin 71a) wird Rabbi Elasar BeRabbi die Auffassung zugeschrieben: „Ein aussätziges Haus hat niemals existiert und wird niemals existieren. Warum aber ist das (Gesetz darüber in der Tora) geschrieben worden? Um dir zu sagen: forsche darüber nach, und du wirst Lohn dafür empfangen.“ Gemeint ist nicht nur, dass man für das Tora-Studium (von Gott) belohnt wird, sondern auch, dass man bei der Erforschung der Vorschriften für den Fall, der in Wirklichkeit nie vorkommen wird, wichtige Erkenntnisse gewinnen kann.

Nachmanides meint, dass ein Haus oder ein Gewand nur durch einen übernatürlichen Eingriff Gottes von Aussatz befallen werden kann. In seinem Kommentar zu Wajikra 13, 47 deutet er den Sinn eines solchen Wunders: „Aussatz an Kleidern und an Häusern ist keine natürliche Erscheinung und existiert nirgendwo anders auf der Welt als in Eretz Israel. Wenn Israel in den Wegen Gottes geht, ist der Geist Gottes ständig bei ihnen, hält ihren Körper, ihr Gewand und ihre Häuser in gutem Stand. Wenn aber einer von ihnen der Sünde verfällt, entwickelt sich ein hässlicher Schaden an seinem Fleisch, an seinem Gewand oder an seinem Hause, um darauf hinzuweisen, dass der Ewige sich von ihm entfernt hat.“
 
Im Talmud (Arachin 16a) steht eine Liste derjenigen Vergehen, die mit Aussatz bestraft werden. Der Aussatz an einem Haus wird dort in Verbindung gebracht mit Missgunst oder Engherzigkeit. Ein Beispiel, das die Sache erläutert, finden wir im Traktat Joma (11b): Derjenige, der bestimmte Dinge anderen nicht leihen will, und behauptet, er hätte solche Gegenstände nicht, wird durch die von der Tora vorgeschriebene Prozedur bloßgestellt; der Eigentümer muss sein Haus ausräumen (Wajikra 14, 36) , und dabei wird sichtbar, dass er die Unwahrheit gesagt hatte.
 
Die Bestimmungen über den Häuseraussatz enthalten, wie bereits erwähnt, wichtige Erkenntnisse. In der Mischna wird ein Sprichwort aus einer dieser Vorschriften  abgeleitet. In der Tora steht: „Kehrt der Priester am siebten Tag zurück und sieht, und siehe, der Schaden hat sich an den Wänden des Hauses ausgebreitet: so befiehlt der Priester, dass sie die Steine, an welchen der Schaden sich befindet, herausnehmen und sie außerhalb der Stadt hinaus an einen unreinen Ort hinwerfen“ (Wajikra 14, 39 & 40). Man beachte den Plural: sie sollen die Steine, an welchen der Schaden sich befindet, herausnehmen. Gemeint ist, dass bei einer gemeinschaftlichen Mauer beide Hausbesitzer an dem Einreißen (und übrigens auch – siehe Vers 42 – an dem Wiederaufbau) der Mauer sich zu beteiligen haben. Die Mischna (Nega’im 12, 6) kommentiert: „Von hier stammt der Ausspruch: Wehe dem Übeltäter, wehe seinem Nachbarn; beide ziehen heraus, beide kratzen ab, beide bringen die Steine“.
 
Das Sprichwort „Wehe dem Übeltäter, wehe seinem Nachbarn“ zitiert Raschi an zwei Stellen in seinem Kommentar zum Buch Bamidbar   (3, 29 und 16, 1). An beiden Stellen geht es Raschi um eine Beantwortung derselben Frage: Warum haben sich Persönlichkeiten aus dem Stamm Re’uben der Revolte von Korach gegen Mosche Rabbennu angeschlossen? Die Antwort lautet: Sie beteiligten sich an Korachs Aufstand, weil sie seine Nachbarn waren: Wehe dem Übeltäter, wehe seinem Nachbarn! Wir kennen noch ein weiteres Sprichwort, das herausstellt, dass Nachbarn eines Bösen mitbestraft werden: „Mit dem Unkraut leidet der Kohl“ (Talmud Baba Kamma 92a, zitiert in Raschi zu Schemot 16, 28).
 
Mitbetroffen sind wir nicht nur durch böse Nachbarn, sondern auch durch gute Nachbarn. Im Talmud stehen die zwei Sätze nebeneinander: „Wehe dem Übeltäter, wehe seinem Nachbarn. Heil dem Frommen (hebr.: Zadik), Heil seinem Nachbarn“ (Sukka 56b). Es ist ratsam, sich von bösen Nachbarn zu entfernen und die Nähe frommer Menschen zu suchen (siehe  Moses Maimonides, Hilchot De’ot 6, 1).  
 

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