Vom wahren Gottesdienst

Zum Wochenabschnitt Pekude (Schmot 38,21– 40,38) - Wer den letzten Wochenabschnitt im Buch Schmot aufmerksam liest,...

3 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 05.04.21

Zum Wochenabschnitt Pekude (Schmot 38,21– 40,38)

Wer den letzten Wochenabschnitt im Buch Schmot aufmerksam liest, dem wird sicher ein Leitmotiv auffallen;  immer wieder heißt es: „wie Gott Mosche geboten hatte“ (Schmot 39,1 u.a.). Hier drängt sich die Frage auf: was will uns die Tora durch die auffällige Wiederholung der Feststellung „wie Gott Mosche geboten hatte“ deutlich machen? Rabbiner I.M. Levinger hat in der Schomre Thora-Festschrift (Basel 2000) folgende Anwort gegeben: „Wenn ein Baumeister ein Gebäude erstellt, möchte er auch etwas Persönliches darin haben.

Häufig finden wir irgendeine Besonderheit, eine Verzierung oder auch nur eine Tafel, die besagt, wer das Haus gebaut hat. Viele Menschen sind bereit, große Spenden zu geben, wenn ihr Name irgendwo auf einer Gedenktafel figurieren wird. Der durchschnittliche Jude weiß immer, wie man es besser machen kann und gibt seinen Kommentar dazu ab. Da sagt uns die Tora: In keiner der Bauetappen baute Mosche etwas Eigenes ein, er führte aus, was Gott ihm befohlen hatte. Nicht etwa, dass er weniger gemacht hätte – keineswegs. Aber er machte auch nichts Zusätzliches. Sein persönlicher Anteil war die exakte Ausführung, genau wie Gott es ihm gesagt hatte.“Diesen Gedankengang finden wir bereits in Rabbiner S.R. Hirschs Kommentar zu Schmot 39,43.

In seinem Werk „Bet Halevi“ geht Rabbiner J.B. Soloveitchik einen Schritt über die historische Betrachtung hinaus. Aus der häufigen Widerholung des Ausdrucks „wie Gott Mosche geboten hatte“ zieht er eine wichtige Lehre: die Juden werden ermahnt, im Rahmen ihres Gottesdienstes nur das zu tun, was ihnen geboten wurde.

Sie sollten sich davor hüten, neue Formen und Rituale zu erfinden. Kreativität und Phantasie sind auf vielen Gebieten erwünscht und segensreich, nicht jedoch im Bereich des Gottesdienstes – hier sind exakt vorgeschriebene Formen penibel zu beachten.
 
Die ins Auge springende Wiederholung der Bemerkung „wie Gott Mosche geboten hatte“ verknüpft Rabbiner Jakob ben Ascher (Baal Haturim) mit einer Passage im Wochenabschnitt Ki Tissa. Nach der Anbetung des Goldenen Kalbs setzte sich Mosche für das jüdische Volk ein: „Und es geschah Tages darauf, da sprach Mosche zu dem Volke: Ihr habt euch zuschulden kommen lassen eine große Schuld. Und nun will ich hinaufgehen zum Ewigen, vielleicht, dass ich Sühne erwirke für eure Schuld. Und Mosche kehrte zurück zum Ewigen und sprach: Ach, das Volk hat sich zuschulden kommen lassen eine große Schuld, dass sie sich goldene Götter gemacht. Nun denn, dass du ihre Sünde vergebest! Wo aber nicht, lösche mich doch aus deinem Buche, das du geschrieben.“ (Schmot 32, 30 – 32). Um was für ein Buch handelt es sich? Raschi erklärt: „Aus der ganzen Tora, damit man nicht sagen soll, ich war nicht würdig genug, die Barmherzigkeit Gottes für sie zu erflehen.“ Raschbam und Nachmanides meinen, vom „Buch des Lebens“ sei die Rede. Gott aber will nicht, dass Mosche für andere leiden soll: „Und der Ewige sprach zu Mosche: Wer gegen mich gesündigt hat, den werde ich auslöschen aus meinem Buche“ (Schmot 32, 33). Nach Rabbiner Jakob ben Ascher wird Mosche für seine Opferbereitschaft belohnt, indem sein Name im Wochenabschnitt Pekude so  häufig wiederholt wird.
 
Rabbiner Jakob ben Ascher vermerkt, dass die Bemerkung „wie Gott Mosche geboten hatte“ 18 mal vorkommt – dem entsprechend finden wir im „Achtzehn-Gebet“ (hebr.: Schmone-Esre) 18 Segenssprüche (ein weiterer Segensspruch wurde später eingeführt). Die Verknüpfung zwischen den Versen in Pekude und der Schmone-Esre hat nicht Rabbiner Jakob ben Ascher hergestellt; er zitiert lediglich einen Ausspruch von Rabbi Jochanan, der sowohl im Talmud Jeruschalmi (Berachot, Kap. 4 Halacha 3) als auch im Midrasch Tanchuma (Anfang Paraschat Wajera) überliefert ist. (In beiden Quellen werden die 18 Segenssprüche mit anderen Sachverhalten in Verbindung gebracht – auf die übrigen Verknüpfungen wollen wir hier nicht näher eingehen.)

Wie Rabbiner M. Miller in seinem Buch „Sabbath Shiurim“ (Gateshead 5731) ausführt, hat Rabbi Jochanan nicht lediglich eine formale Ableitung im Sinn gehabt; er wollte vielmehr auf einen inneren Zusammenhang aufmerksam machen. Wie sieht dieser Sinnzusammenhang aus? Mosche hat, wie oben erwähnt, bei seinem Einsatz für das jüdische Volk Selbstlosigkeit bewiesen. Diese vorbildliche Einstellung ist Voraussetzung für das richtige Gebet. Beim Beten soll man nicht versuchen, seine egoistische Ziele gegen den Willen Gottes durchzusetzen. Der betende Mensch darf seine Wünsche nur dann äußern, wenn er demütig vor Gott steht und dessen Güte und Weisheit anerkennt. Beim Beten – die Schmone-Esre ist das Hauptgebet jedes Gottesdienstes – sollte uns Mosche Rabbenus Einstellung als Leitlinie dienen.
 

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