Parashat Ha’asinu – Gedichtananlyse

Am Ende der Torah gibt Moshe Rabeinu uns ein Gedicht, dass wir auswendig lernen sollen, damit es uns immer vor Augen steht: Ha'asinu hat uns viel zu sagen

5 Min.

Breslev Israel Redaktion

gepostet auf 24.09.19

Das Lied

 

Parashat Ha'asinu enthält, und hat ihren Namen, von dem Lied, das Moshe Rabeinu befohlen wurde, aufzuschreiben und den Söhnen Israels beizubringen. Das Lied enthält zunächst einen Überblick über das Verhalten des Volkes vom Auszug aus Ägypten bis jetzt. Danach wird angekündigt, dass das Volk satt und dick werden, und HaShem vergessen wird. Es folgt eine Beschreibung der Katastrophe, die das Volk treffen wird, weil HaShem sein Gesicht vor ihnen verbirgt. Aber das Ende des Liedes verkündet, dass der Heilige, gepriesen sei er, sich über sein Volk erbarmt, ihre Feinde schlägt und ihr Blut rächt und sein Volk rettet.

Die Reaktioin HaShems auf den geistlichen Abstieg des Volkes und seinen Verrat wird im Lied so dargstellt: "Sie werden mich neidisch machen mit einem Nicht-Gott, sie werden mich wütend machen mit ihrem eitlen Tun, und ich werde sie neidisch machen mit einem Nicht-Volk, mit einer widerwärtigen Nation werde ich sie wütend machen." (Devarim 32, 21) Hier müssen wir fragen: Worin ist diese Reaktion HaShems anders als an anderen Stellen, an denen ein fremdes Volk von HaShem geschickt wird, um Israel zu bedrängen und zu bestrafen?

 

 

Fremde Völker als Werkzeug HaShems

 

So eine Ankündigung gibt es im Abschnitt Ki Teze, Devarim 28, 49ff und im Abschnitt Bechukotai, VaJikra 27, 17. Wo liegt der Unterschied zwischen diesen Stellen?

In unserem Abschnitt wird das fremde Volk naval genannt (wiederwärtig, abscheulich, gemein) – was genau drückt dieses Wort aus? In den Psalmen finden wir den Vers: "Der Naval sagt in seinem Herzen: es gibt keinen Gott. Sie waren korrupt und haben Schreckliches verbrochen, und es gibt keinen, der Gutes tut" (Tehilim 53, 2). Der Naval ist also einer, der sagt "es gibt keinen Gott" und dann deswegen schlecht handelt. Nicht jeder, der Böses tut, ist ein Naval. Naval ist, wer böses tut, weil er G-ttes Existens leugnet, oder der G-ttes Interesse an der Welt, Fügung. Auch wer G-tt verflucht oder verspottet wird Naval genannt.

Die Nation, der Feind oder Hasser in Ki Teze und in Bechukotai werden nicht Naval genannt. Sie sind zwar Götzendiener, aber die Ablehnung HaShems ist nicht Teil ihrer bösen Identität. Und der Rambam (Maimonides) schreibt, dass jeder Götzendiener seinen Götzen letztlich nur als Mittelsmann zwischen sich und dem eigentlichen Schöpfer (HaShem) sieht. Die fremden Völker in Ki Teze und Bechukotai sind also zwar böse, aber nicht naval. Anders das Volk in unserem Abschnitt. Hier ist von einem Volk, dass HaShem per Definition leugnet und verachtet. Auch Raschi kommentiert das Wort naval mit "die Ketzer".

Die Zurechtweisund und Ankündigung von Strafe in unserem Abschnitt ist also unterschiedlich zu denen in anderen Abschnitten durch die Art des Feindes, der angekündigt wird. Außerdem sind auch die erwähnten Sünden des Volkes anders. In den anderen Abschnitten heißt es, dass das Volk nicht auf HaShem hört, die Mitzvot nicht erfüllt und nicht in den Wegen HaShem wandelt. In unserem Abschnitt, dass das Volk seinen Schöpfer, seinen Fels verlässt (Devarim 32, 15), das heißt seine Existens leugnet. Außerdem heißt es, dass sie unbekannte Götzen verehren (Devarim 32, 17) also nicht die herkömmlichen, die als Mittelsmann fungieren. Darum wird auch das Volk Israel im Lied als "ein naval Volk, und nicht klug" (Devarim 32, 6) bezeichnet. Wären sie klug, würden sie verstehen, dass der Schöpfer "dein Vater, dein Erlöser, dein Macher" (Devarim 32, 6) ist.

 

Mida keneged Mida

 

Damit haben wir hier einen Fall von Mida keneged Mida – Gleiches mit Gleichem vergelten. Wenn das Volk Israel naval werden will, HaShem leugnet, dann wird HaShem ein naval Volk schicken, um es zu strafen, G-tt behüte.

Am Ende des Liedes wendet sich der Heilige, gepriesen sei er, an die Söhne Israels und verkündet: "Seht, ich, ich bin es, es gibt außer mir keinen Gott, ich töte und belebe, ich zerschlage und heile, und aus meiner Hand gibt es keinen Retter" (Devarim 32, 39). Das Wort "ich" taucht hier auffällig oft auf. Diese Botschaft ist die Lehre, die das Volk aus dem vorangegangen Verhängnis lernen soll, dass HaShem sehr wohl existiert, und allgegenwärtig ist.

 

 

Himmel und Erde

 

Das Lied der Zurechtweisung ist das Abschiedslied von Moshe Rabeinu von den Kindern Israels. In dichterischer Form weist er sie noch einmal zurecht für ihr Fehlverhalten, und warnt sie, was passieren wird, wenn sie das heilige Land betreten und nicht auf dem Weg von Torah und Mizvot wandeln werden. Aber ihr sagt ihnen auch, dass der Heilige, gepriesen sei er, gnädig und voller Erbarmen mit seinem Volk sein wird und sie vor ihren Hassern errettet.

 

Moshe ruft Himmel und Erde zu Zeugen an. Ist das nicht anmaßend, dass ein Mensch dem Himmel und der Erde etwas befiehlt? Aber Moshe ruft sie nicht, um seine privaten Worte zu bezeugen, sondern um HaShems willen, um Ihn zu ehren. Und den Schöpfer zu ehren, dazu ist die ganze Schöpfung verpflichtet.

Warum Himmel und Erde als Zeugen? Rashi schreibt, dass Moshe zu Himmel und Erde sagte: "Ihr seid Zeugen, denn ihr bleibt, auch nachdem ich sterbe. Wenn Israel sich an den Bund hält, dann wird der Himmel Regen geben und die Erde Früchte. Aber wenn sie nicht tun, was ich ihnen befohlen habe, dann werden die Zeugen die ersten sein, die gegen sie aufstehen, es wird keinen Regen geben und keine Ernte."

 

Himmel und Erde sind zwei verschiedene Systeme. Die Erde ist materiell, natürlich, der Himmel ist geistlich, übernatürlich, er symbolisiert den Glauben und die Heiligkeit. Meistens trennen wir zwischen diesen beiden Bereichen. Aber hier verbindet Moshe Rabeinu zwischen beiden.

Diese Parasha lesen wir am Ende des Jahres, am Shabat Shuva, dem Shabat der Umkehr, in der Zeit, in der wir um ein gutes neues Jahr bitten. Wir bitten um materielle Dinge und um geistliche. Und um all das aollen wir um HaShems willen bitten: reichlichen Lebensunterhalt, damit wir in die Erziehung unserer Kinder zur Torah investieren können, und um anderen zu helfen; Gesundheit, damit wir Mitzvot tun können; dass HaShem uns hilft, von Herzen umzukehren, damit wir Ihm besser dienen können. Wenn wir um HaShems willen bitten, wird unser Gebet erhört werden. Rabbiner Elimelech von Lishnesek schreibt, dass Regen und Tau nicht um ihrer selbst willen auf die Erde fallen, sondern, um der ganzen Welt zu helfen; und so müssen auch wir um Segen bitten, nicht um unserer selbst willen, sondern um HaShem zu dienen und um anderen zu helfen.

 

 

Ein Beispiel, wie man zurecht weist

Das Volk Israel bekommt hier eine Zurechtweisung in einem Gedicht – die Form soll hier den Inhalt versüßen und weicher machen. Es ist leichter, Kritik anzunehmen, die auf sanfte Weise gesagt wird. "Meine Lehre tröpfelt wie Regen, meine Rede fließt wie Tau" (Devarim 32, 2) wird über die Kritik gesagt, die HaShem äußert.

Hier lernen wir, dass jeder von uns, der einem anderen einen kritischen Hinweis geben will, dies auf sehr vorsichtige Weise tun muss, damit seine Worte angenommen werden. Auch wenn die Kritik noch so berechtigt ist – wenn sie in Wut oder in agressiver Form gesagt wird, wird sie den anderen nur verlezten, aber ihm nicht helfen, sich zu bessern. Moshe Rabeinu kleidet seine Kritik hier in ein Gedicht, in ein Gebet, damit sie Wirkung zeigen kann. Solche Kritik ist wie Regen und Tau, erfrischend und hilft beim Wachstum.

 

 

Der Schluss des Liedes

Wir würden am Ende einen großen Aufruf zur Tshuva erwarten, aber der kommt nicht. HaShem ist der Anführer seines Volkes und er gestattet fremden Völkern nicht, sein Volk zu verletzen, er wird die Verletzungen rächen.

Und Am Israel ist mit dem Land Israel verbunden. "Er versöhnte die Erde seines Volkes" (Devarim 32, 43). Wenn das Volk Israel getröstet wird, wird auch die Erde getröstet, und wenn das Volk erlöst wird, wird auch das Land erlöst.

Moshe endet mit dem Aufruf: "Gebt euer Herz, gebt eure Aufmerksamkeit, alle Worte dieser Torah zu tun" (Devarim 32, 46). Rashi schreibt, dass man mit Augen, Ohren und Herz sich der Torah zuwenden muss. "Denn das ist das einzig wichtige, durch die Torah werdet ihr alt werden und im Land bleiben"

Sagen Sie uns Ihre Meinung!

Danke fuer Ihre Antwort!

Ihr Kommentar wird nach der Genehmigung veroeffentlicht.

Fuegen Sie einen Kommentar hinzu.