Zaw-Psalm 107

Ein Kommentar Raschis zu Wajikra macht deutlich, warum gerade Psalm 107 unserem Wochenabschnitt zugeordnet worden ist. Die Tora spricht von einem Dank-Opfer (hebr.: Toda).

2 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 18.03.21

Zaw-Psalm 107
Bekenntnis einer Dankesschuld
 

 

 

Raschis Kommentar zu Wajikra  7, 12 macht deutlich, warum gerade Psalm 107 unserem Wochenabschnitt zugeordnet worden ist. Die Tora spricht von einem Dank-Opfer (hebr.: Toda). Raschi erklärt, die Rede sei von einem Opfer, das jemand zum Dank bringe für Wunder, die ihm widerfahren sind; er nennt vier Beispiele: Seefahrer, Reisende durch eine Wüste, Gefängnisinsassen und Kranke. Sie seien verpflichtet, Gott zu danken, wie es im Psalm heißt: „Danken mögen sie dem Ewigen seine Huld und seine Wunder für die Menschenkinder. Sie opfern Dankesopfer und erzählen seine Taten mit Jubel“ (Psalm 107, 21 und 22).
 
Die Quelle von Raschi ist uns bekannt; er hat eine Passage aus dem Talmud (Berachot 54 b) zusammengefasst; dort sagt Raw Jehuda im Namen von Raw unter Hinweis auf Psalm 107, dass vier Leute zu Dank verpflichtet sind. Es ist schon vor Jahrhunderten bemerkt worden, dass im Talmud die Erretteten in einer anderen Reihenfolge stehen als im Psalm (siehe Tossafot zur Stelle). Raschi hat die Reihenfolge des Talmuds variiert (siehe auch das Merkwort im Kodex Schulchan Aruch, Orach Chaim, 219,1).
 
Der Psalmist beschreibt in vier parallel angelegten Abschnitten (Verse 4 – 9;  10 – 16;  17 – 22;  23 – 33) die Stadien, die die vier genannten Gruppen durchlaufen. Zuerst wird ihre lebensgefährliche Notlage dargestellt. Danach wird berichtet, dass die Leute zu Gott beteten, Er möge sie aus ihren Drangsalen erretten. Nach ihrer wunderbaren Errettung: „Dann preisen sie des Ewigen Güte; den Menschenkindern seine Wunder“ (Verse 8, 15, 21 und 31).
 
Seit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem können wir keine Dankopfer mehr bringen. Die in Psalm 107 erwähnten Menschen, die eine Dankesschuld zu bekennen haben, sagen heute den Segensspruch „Birkat haGomel" (siehe: „Dankgebet in der Volksversammlung" in meinem Buch „Gelebtes Judentum", S. 56 ff.).

 

 

Der Autor ist Psychologe und hat an der Universität Köln gelehrt.

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