Ich verstehe nichts

… Und wenn Jossef damals, so wie wir, auf seine Probleme reagiert hätte …

3 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 05.04.21

Jossef HaZadik! Der gerechte Jossef. Viele kennen seine abenteuerliche Lebensgeschichte – als 16 jähriger trieben seine eigenen Brüder mit ihm Menschenhandel … er durchlitt deswegen natürlich Höllenqualen und landete am Ende sogar völlig unschuldig hinter Gittern!

Doch sobald der böse Trieb versuchte Jossef einzureden: „Sieh nur, du bist hoffnungslos abgestürzt, du wirst niemals heiraten, da du in dieser Zelle, ohne jemals etwas erreicht zu haben, verrotten wirst!“, begann Jossef zu tanzen und zu singen: „Ich verstehe nichts! Mir ist alles Schnuppe, Wurst, egal! Was Gott möchte, so wird es sein! Und alles, was Gott vollbringt ist gut! Und wenn ich niemals in meinem Leben heiraten werde, dann ist das das Beste für mich! Ich danke Dir, mein Gott für alles! Ich verstehe nichts! Allerdings glaube ich daran, dass man sein gesamtes Leben hinweg glücklich sein und voller Freude herumtanzen muss!“

Denn dies ist die Wahl, vor der ein Mensch jede Sekunde in seinem Leben steht:Entweder ist man glücklich und zufrieden, oder man ist verzweifelt und traurig.
 
Der böse Trieb ließ nicht locker und versuchte es immer wieder aufs Neue, indem er zu Jossef sprach: „Du wirst niemals Kinder haben! Du wirst dir niemals etwas leisten können! Schau nur, welch ein elendes Leben du hast. Bis an dein Lebensende musst du mit diesen unerträglichen Kreaturen verweilen! Du steckst nicht nur im Knast, du bist auch noch weit weg von deiner Heimat! Was soll nur aus dir werden? Es gibt keine Qualen ohne Sünden! Anscheinend bist du Versager ohnegleichen!“
  
All diesen Gedanken erwiderte Jossef tanzend, singend und lobpreisend: „Ich danke Dir, mein Gott, für alles! Ich verstehe nichts! Allerdings glaube ich daran, dass alles zum Guten ist und dass der Sinn, Zweck und Grund auf dieser Welt darin besteht, an Dich zu glauben. Gott sei Dank, erfülle ich den Sinn, Zweck und Grund meiner Erschaffung, da ich an Dich glaube! Und voller Glück und Freude tanze! Ich danke Dir, mein Gott, für den Glauben, den du mir schenkst!“ 
 
Das rettende Licht am Ende des Tunnels 
 
Wer sich in einer Situation, – sei es auf körperlicher oder geistiger Ebene -, wieder findet, die nicht seinem Willen, Wunsch oder seinen Vorstellungen entspricht, muss sich in seinem Glauben stärken. Den Glauben, dass ihm dies alles von Gott zu seinem Schutz und zu seinem Guten auferlegt wurde. Des Weiteren muss er seine gegenwärtige Lage mit Freude akzeptieren, denn nur auf diesem Weg kann man sein „Privatgefängnis“ verlassen. Solange man in seinem Leben nicht glücklich ist, sowie einige Zeit in seinem Privatgefängnisherumtanzt, wird man diesesauch nicht verlassen können! Außerdem muss man wissen, dass nur ein glücklicher Mensch im Stande ist zu beten. Daher bedeutet dies für jene, die nicht im Stande sind zu beten, dass sie das wahre Glücksgefühl nicht kennen. Denn ab dem Augenblick, an dem man wahrhaftig daran glaubt, dass alles zu seinem Guten ist und man aufgrund dessen wirklich glücklich ist, wird es spielend leicht fallen, um alles und jenes zu beten; diese Gebete etliche Male und ohne Unterbrechung zu wiederholen. 
 
Ende gut, alles gut 
 
Was geschah zu guter Letzt mit dem gerechten Jossef?

Am Ende heiratete er und bekam bezaubernde Kinder. Er erlangte außergewöhnlichen Reichtum und Ehre, da er seine gesamte damalige Generation inklusive seines Vaters und seiner Brüder versorgte und verpflegte, so wie es im 1. Buch Moses (Kapitel 42, Satz 6) heißt: „Jossef war Gebieter im Lande und verkaufte allen Leuten Nahrung.“ Darüber hinaus erreichte Jossef noch etliche Erfolge auf körperlicher und spiritueller Ebene, von denen unserer Verstand nicht einmal träumt. Und all das, nur aufgrund seines blinden Glaubens, dass alles zum Guten ist!
  
Ohne seinen Glauben wäre Jossef zweifellos resigniert. Dies hätte dann zur Folge gehabt, dass Gott ihm nicht die Worte in seinen Mund gelegt hätte, mit denen er die Träume der Minister für Getränke und Gebäcke, sowie den Traum Pharaos richtig deutete. Und wenn er Pharao damals diese Träume nicht gedeutet hätte, wäre er wohl tatsächlich in seiner Zelle verrottet.
  
Geschichten dieser Art, sollen keineswegs als Abschreckung dienen. Im Gegenteil! Gott lässt sie geschehen, damit wir daraus Lehren ziehen. Wer seine Probleme objektiv betrachtet, wird zweifellos feststellen, dass es nicht einmal der zehnte Teil von dem ist, was Jossef in seinem Leben durchmachen musste. Und wenn Jossef damals, so wie wir, auf seine Probleme reagiert hätte; d.h. mit Traurigkeit, Verzweiflung, Trübsal, Wut u. dgl., dann würden wir jetzt nicht über den gerechten Jossef sprechen, sondern über den verzweifelten Jossef; den zerstörten Jossef; den verbitterten Jossef; den verrückten oder geistesgestörten Jossef…
 
Nur mittels des Glaubens, dass alles zum Guten ist, hat er erreicht was er erreichte. Das Gleiche gilt daher auch für jeden von uns. Wenn man also daran festhält und glaubt, dass alles zum Guten ist, dann wird sich auch alles zum Guten wenden. Aus der Geschichte Jossefs, müssen wir also die Lehre ziehen, dass man nur so, im Leben voranschreiten und bei allem Erfolg sehen wird. Aus der tiefen Grube, stieg er – in allen Belangen – auf den höchstliegenden Platz. Vom verachteten Knecht, zum König und Gebieter. Vom armen Mittellosen, zum reichsten Mann auf der Welt. Vom vertriebenen, gehassten und unerwünschten, zum allgeliebten, dessen Nähe man sich wünschte.
 
Man darf nun allerdings nicht in der Illusion leben, dass sich alles, bereits nach einer Woche oder einem Monat, aufgrund seines Glaubens zum Guten wenden wird. Man muss so lange am Glauben festhalten, so lange Gott es möchte, ohne zeitliche Begrenzungen.  
 

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