Lerne, zu fallen!

Die Angst, zu scheitern, lähmt uns. Nur wenn wir sie ablegen, können wir es nochmal versuchen...

3 Min.

Rabbiner Lazer (Elieser Rafael) Brody

gepostet auf 03.11.19

Der böse Trieb will uns etwas anderes einreden, aber zu Fallen ist Teil des Weges. Zu Scheitern ist Teil unserer Entwicklung. Wenn du fällst, heißt das wahrscheinlich, dass du aufsteigst. Sonst könntest du ja nirgendwo runter fallen.

Darum ist es wichtig, folgenden Satz zu verinnerlichen: Während wir die spirituelle Leiter hinauf steigen, stehen wir heute, wenn wir fallen, höher, als wir gestern standen, wenn wir nicht fielen.

 

Zum besseren Verständnis ein Beispiel: Vor zwei Jahren wusstest du vielleicht gar nicht, dass über andere Menschen zu reden, eine Sünde ist. Danach hast du davon erfahren und die Regeln gegen Klatsch und Tratsch und Verleumdung (Laschon HaRa) gelernt. Du versuchst, diese Regeln umzusetzten. Aber jetzt bist du heute wütend, weil du vorhin Dinge getratscht hast, die du gerne zurück nehmen möchtest. Du bist heute gefallen, aber du stehst trotzdem viel höher als noch vor zwei Jahren!

 

Das Beispiel kannst du auf alles übertragen, worin du scheiterst. Vielleicht hast du deine Augen nicht gehütet, nachdem es eine Weile richtig gut damit lief. Vielleicht hast du deine Diät gebrochen. Was auch immer du dir vornimmst, anders zu machen und zu verbessern, du wirst hin und wieder scheitern.

 

 

Da wir also alle Menschen sind und hin und wieder fallen, müssen wir lernen, wie man fällt, ohne sich ernsthaft zu verletzen. Das ist das erste, was Turner lernen. Fallschirmjäger üben Tage lang, zu fallen, bevor sie ein Flugzeug besteigen. Ein Investor muss wissen, wohin er sein Geld verschiebt, wenn der Kurs fällt. Und was in der physischen Welt gilt, gilt auch in der spirituellen: Wir müssen lernen, wie wir mit spirituellen Abstürzen umgehen.

 

Letztendlich sind wir spirituell gesehen alle Kleinkinder, verglichen mit unserem eigentlichen geistlichen Potenzial. Es ist also ganz selbstverständllich, dass wir hin und wieder fallen. Und am Besten tröstet man sich darüber, wenn man sich die Vorteile des Scheiterns vor Augen hält:

 

 

  1. Wer nichts macht, macht nichts verkehrt. Wer nicht auf Berge steigt, fällt nicht auf Steine. Wer Auto fährt bekommt hin und wieder einen Strafzettel. Wer nie Auto fährt, bekommt ganz bestimmt nie einen Strafzettel. Wenn du fällst, heißt das, dass du kletterst.

 

  1. Aus dem Scheitern lernt man, und bekommt Motivation für einen zweiten Versuch. Hin und wieder zu scheitern schützt uns vor Arroganz. Wir merken, dass wir uns das nächste Mal mehr anstrengen müssen. Ein zweiter Versuch ist oft viel besser als der beste erste Versuch, die Erfahrung des ersten Versuchs kann nicht durch noch so gute Vorbereitung ersetzt werden. Also sei nicht niedergeschlagen, wenn du fällst, sondern bleib dran!

 

  1. Scheitern bringt uns HaShem näher. Wenn wir immer erfolgreich wären, wären wir arrogant, und nichts ist abstoßender als Arroganz, G-tt behüte! HaShem will seine Kinder nahe bei ihm. Nach einem Scheitern suchen wir seine Hilfe und beten viel ernsthafter.

 

  1. Erfahrung ist der beste Lehrer. Wenn wir scheitern, verstehen wir die Botschaft in der Regel sofort und viel besser als normalerweise.

 

  1. Kleines Scheitern führt zu großem Erfolg. Eine verpatzte Generalprobe ist die beste Garantie für eine erfolgreiche Aufführung. Fehler in der Probe führen zu einer besonderen Anstrenung in der Aufführung. Genauso ist auch unser Fallen manchmal nur eine Vorbereitung für den großen Erfolg danach.

 

 

Die Angst vor dem Scheitern, wie andere Ängste, lähmt uns. Wenn wir die Furcht ablegen, können wir auch die Lähmung ablegen und einen zweiten, besseren Versuch beginnen. Mein Box-Lehrer hat mir mal gesagt: "Du verlierst einen Kampf nicht, nur weil du fällst. Je schneller du aufstehst, desto größer sind deine Chancen, zu gewinnen!"

 

 

Was passiert also, wenn du fällst? Was tust du? Wenn du von einem Pferd gefallen wärst, was würdest du tun? Aufstehen, Abstauben, wieder aufsteigen.

Und wenn du geistlich fällst? Du hast deine Wut nicht beherrscht? Oh je. Aber lass das hinter dir. Erkläre: "Ich bin gescheitert, aber ab jetzt fange ich von vorne an." So eine Erklärung ist wie eine spirituelle Neugeburt. Du konzentrierst dich nicht auf dein Scheitern, versinkst nicht in Traurigkeit, sondern blickst nach vorne.

Entschuldige dich bei demjenigen, auf den du wütend warst. Eine ernstgemeinte Entschuldigung, vielleicht mit einem kleinen Geschenk – und du verwandelst den Wutausbruch in einen wichtigen Baustein einer besseren Beziehung.

 

 

Also hab keine Angst, zu Scheitern. Und nach dem Fallen steh auf und mach das Allerbeste draus!

 

 

 

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