Abhängigkeit von Gott

Viele Menschen vollbringen auf allen mögliche Gebieten nützliche und bewundernswerte Leistungen.

3 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 15.03.21

Bemerkungen zu Psalm 23

 

Die Beziehungen zwischen dem Ewigen und den Menschen sind vielschichtig. Deshalb ist es nicht möglich, die Eigenart dieser Beziehungen in einem einzigen Bild zu fassen. Wohlgemerkt: hier ist nur vom Verhältnis zwischen dem Schöpfer und den Menschen die Rede. Gott ist nicht darstellbar; denn, wie Maimonides in seinen 13 Grundlehren bemerkte, hat nichts mit Gott Ähnlichkeit. Um die Mehrdimensionalität des Verhältnisses zwischen dem Schöpfer und den Menschen uns klarzumachen, sprechen wir täglich im Morgengebet nach dem "Schma"-Abschnitt: "Wahr ist es, dass Du, Ewiger, unser Gott bist, wie Gott unserer Väter, unser König, wie unserer Väter König, unser Erlöser, wie Erlöser unserer Väter, unser Schöpfer, Fels unserer Hilfe, unser Befreier und Erretter ist von je Dein Name."

 

Die angeführte Liste – König, Erlöser, Schöpfer, Fels, Befreier, Erretter – erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In mehreren Psalmen wird der Ewige als ein Hirte bezeichnet, der seine Schafe hütet. So heisst es im letzten Vers von Psalm 89: "Wir aber als Dein Volk und die Schafe Deiner Weide, wollen Dir danken ewiglich, in allen Geschlechtern Deinen Ruhm erzählen." Und im Psalm 80 wird Gott wie folgt angesprochen: "Hirte Israels, neige Dein Ohr!" (Vers 2). Psalm 95 rezitieren wir am Freitagabend: "Denn Er ist unser Gott, und wir sind das Volk Seiner Weide, die Herde Seiner Hand" (Vers 7).

 

Ausführlich beschreiben die ersten vier Verse von Psalm 23 die wohltuende Fürsorge des Schäfers: "Psalm von David. Der Ewige ist mein Hirt, ich darbe nicht. Auf grasigen Auen lässt er mich ruhen, an stille Wasser leitet er mich. Meine Seele labt er, führt mich auf das rechte Geleise, um seines Namens willen. Auch wenn ich gehe im Tale des Todesschattens fürchte ich kein Leid, denn du bist mit mir. Dein Stab und deine Stütze – sie trösten mich." Der Psalmist sieht sich als ein Schaf, das seinem Hirten alles verdankt. Zuerst würdigt er die Leistungen des Schäfers in der dritten Person; im vierten Vers stellen wir einen Wechsel in die zweite Person fest – das ist ein deutlicher Hinweis auf die Innigkeit der vorhandenen Vertrauensbeziehung. Ein Schaf ist voll und ganz auf die Hilfe des Schäfers angewiesen. Der Psalmist erklärt in einer bilderreichen Rede, die Amos Chacham Wort für Wort kommentiert hat, dass er, ähnlich wie ein Schaf, vom Ewigen abhängig ist!

 

Diese Abhängigkeit von Gottes Hilfe ist eine Tatsache, die Menschen leider sehr oft vergessen. Vor der großen Gefahr, dass die Menschen Gott vergessen, hat die Tora im Wochenabschnitt "Ekew" eindringlich gewarnt: "Hüte dich, dass du nicht vergessest den Ewigen, deinen Gott, so dass du nicht haltest seine Gebote und seine Vorschriften und seine Satzungen, die ich dir heute gebiete" (5. Buch Mose Kap. 8,11; siehe auch Vers 14). Die nach dem Auszug aus Ägypten in der Wüste gemachten Erfahrungen sollten nie in Vergessenheit geraten: "Erwäge den ganzen Weg, den dich geführt Haschem, dein Gott, nun vierzig Jahre in der Wüste, auf dass Er deine Abhängigkeit dich fühlen lasse (5. Buch Mose Kap. 8,2 in der Übersetzung von Rabbiner S.R. Hirsch, Chorew Kap. 11).

 

Die Tora umschreibt, welche Überlegungen beim Erreichen von Wohlstand aufkommen könnten: "Du könntest dann sagen in deinem Herzen: meine Kraft und die Stärke meiner Hand hat mir dieses Vermögen geschaffen. Dann gedenke des Ewigen, deines Gottes; denn Er ist es, der dir Kraft gibt, Vermögen zu schaffen" (5.Buch Mose Kap. 8, 17 und 18). Die wahre Quelle des Wohlstandes darf nicht ohne Anerkennung bleiben.

 

Viele Menschen vollbringen auf allen mögliche Gebieten nützliche und bewundernswerte Leistungen. Erfinder, Wohltäter, Wissenschaftler und Künstler machen von dem Talent Gebrauch, das der Ewige ihnen verliehen hat. Diesen Sachverhalt anerkennen gläubige Juden, indem sie bei passenden Gelegenheiten den Ausdruck "mit Gottes Hilfe" (hebr.: Beezrat Haschem) benutzen. Auf diesem Hintergrund ist zu verstehen, warum wir vor dem "Amida"-Gebet folgenden Vers sprechen: "Mein Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund Deinen Ruhm verkünde" (Psalm 51,17). Ohne Gottes Beistand können wir nicht beten und nicht leben.

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