Der Wille Gottes (1)

„Ich war schockiert. In diesem Moment wurde mir klar ... all die schönen Worte über das Universum waren nur ein Bluff …”

4 Min.

Rabbiner Eres Mosche Doron

gepostet auf 05.04.21

„Ich war schockiert. In diesem Moment wurde mir klar, dass Spiritualität und hohes Denken für jegliche Falschheit und jede niedrige Begierde ausgenutzt werden können, wenn sie ohne klare göttliche Anweisung sind … all die schönen Worte über das Universum waren nur ein Bluff…”
 
Vor einigen Jahren gebar die Frau eines meiner Freunde ein Kind, das nach wenigen Tagen dahinschied. Bevor es beerdigt wurde, nannten seine Eltern esRatzon HaSchem, der Wille Gottes.
 
Die Namenswahl der Eltern zeigt, dass sie ihr Leiden mit Liebe akzeptierten. Es zeigte aber auch noch etwas sehr viel Tieferes.
 
Der Schöpfer der Sterne und Galaxien, der alles erschaffen hat, dem alle Seelen entstammen und der alle Ereignisse unseres Lebens plant – nur Er weiß, was wirklich geschehen wird. Daher müssen wir uns immer im Klaren sein, dass – was auch immer geschieht – dies der Wille Gottes ist! Der wiederum unergründliche Güte darstellt und unendliches Licht verströmt. Der Wille Gottes, er ist über und jenseits aller Vorstellung – jenseits aller Bewertung und jenseits aller Auffassungsgabe.
 
Alles was demnach auf dieser Welt geschieht und passiert ist definitiv: der Wille HaSchems (Gottes) – HaSchems Wunsch. 
 
Dieses Wissen bringt uns viel Freude! Ich bin nicht verloren … ich existiere nicht ohne Bestimmung. Obwohl ich HaSchem nie verstehen kann, weiß ich, dass er Mosche (Moses) seinen Willen offenbart hat: „Mosche empfing die Thora am Sinai und übergab sie Jehoschua, Jehoschua den Ältesten, die Ältesten den Propheten, und die Propheten übergaben die Thora den Männern der Großen Versammlung.” (Sprüche der Väter, Kapitel 1, Punkt 1).
 
Die Thora wurde von Generation zu Generation weitergegeben, bis sie mein persönliches Erbe wurde!
 
Und wenn ich will – wirklich, wahrhaftig will – was HaSchem will, dann gibt es eine Beziehung zwischen dem Unendlichen und Unbegrenzten – mit mir, dem endlichen und begrenzten Menschen. Eine erleuchtende Beziehung wurde hervorgebracht; ein geheimer, vertrauter Treffpunkt, tief und feinfühlig, bewegend und stürmisch.
 
Aber was ist der Wille Gottes? Wie können wir wissen, was Er will?
  
Nach all den spirituellen Erfahrungen, nach all der Inspiration und Erregung, nach all den Eindrücken und Gefühlen; nach all den schönen, tiefen Ideen, nach all den Worten, den Versen, den versteckten Hinweisen und der Geschichten – welche alle wahr und korrekt sind -, nach all dem, was können wir eigentlich tun?
 
Die Halacha – Ausdruck des Willens von HaSchem
 
Was ist HaSchems Wille? In seiner unbeschreiblichen Güte hat Er sein göttliches Licht in einfache, exakte und heilige Anweisungen zusammengefasst – die in diversen Halacha-Büchern niedergeschrieben sind; diese umfassen jeden Aspekt unseres Lebens. Durch das Beachten der Halacha, werde ich ein Aufnahmegefäß für Sein Licht; ich kann Seine Gebote und Verbote einhalten.
 
Ich bin in der Lage, Seine Göttlichkeit zu verinnerlichen; indem ich Seinen göttlichen Willen jeden Aspekt meines Lebens durchdringen lasse, so dass er mich vollständig verändert. Durch das befolgen Seiner Gesetze, kann ich zeigen, dass ich Sein Diener bin und dass ich mich Seinem Willen unterordne.
 
Halacha behandelt alles: Es beginnt wie wir unsere Hände waschen und die Toilette benutzen sollen, dann was wir essen dürfen und was nicht, wie und was wir reden, wann wir fröhlich und wann wir traurig sein sollen, und wann wir essen und wann wir vom Essen absehen sollten. Ohne diese praktischen Anweisungen bleiben alle schönen Ideen ein philosophisches Konzept mit einem Spritzer Tradition, also nur eine armselige, peinliche Kopie der wahren Sache. Mein Leben würde ein Vakuum bleiben.
  
Ich habe einmal eine amüsante und zum Nachdenken anregende Geschichte gehört, die diesen Punkt verdeutlicht.
 
Ein junger Mann, der begonnen hatte die Thora und ihre Gebote einzuhalten, wollte seine Schwester, die Buddhismus in Indien studierte und praktizierte, überzeugen, sich mit dem Judentum zu beschäftigen. Wie dem auch sei, die Schwester war nicht interessiert. Sie verließ sich auf ihren Guru als spirituellen Führer. 
 
Trotzdem weigerte sich der Bruder aufzugeben. Als seine Schwester nach Israel kam, um ihn zu besuchen, bat er sie an der Thora-Vorlesung eines jungen, dynamischen Rabbiners teilzunehmen. Sie stimmte zu. Aber zum Leidwesen des jungen Mannes war der Rabbiner krank und die Vertretung unterrichtete über die Gesetze der Rückgabe verlorener Objekte an ihren rechtmäßigen Besitzer. Die Vorlesung bestand aus trockenen, technisch-halachischen Details, statt einer tiefen, bedeutungsvollen Offenbarung.
 
„Wenn jemand das verlorene Objekt, das er gefunden hat, an sich nimmt und es nicht zurückgibt, verletzt er ein positives Gebot.
 
Bei dieser Sachlage vergeht man sich an drei Geboten. Zunächst hat man durch so ein Verhalten die Möglichkeit verspielt, das Thora-Gebot, welches uns auffordert etwas zu tun bzw. zu erfüllen, missachtet. Das heißt in dem Fall, hätte man versuchen müssen, es dem Besitzer zurückzugeben. Und des Weiteren hat man mit so einem Verhalten auch zwei Gebote übertreten: „Du sollst dich nicht entziehen!“ und „Du sollst nicht stehlen!“
 
Daraus lässt sich schließen, dass uns die Thora gebietet, uns nichts selbst vorzumachen, also wir nicht so tun sollen, als ob wir das verlorene Objekt nicht gesehen hätten. Stattdessen müssen wir uns darum kümmern und sicherstellen, dass es dem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wird. Ferner verbietet uns die Thora zu stehlen und jemand, der ein verlorenes Objekt findet und es einfach so behält, ist ein Dieb. 
 
Selbst wenn der Besitzer des verlorenen Objektes boshaft ist (z.B. selber ein Dieb), ist der Finder des Objekts verpflichtet, es dem Besitzer zurückzugeben.
 
Wegen der Tatsache dass es sich bei dem Besitzer um einen boshaften Menschen handelt, könnte man vielleicht denken, dass der Finder das verlorene Objekt nicht zurückgeben muss. In diesem Fall berichtigt die Halacha diesen Denkfehler.”(Rambam, Hilchot Geseilah Veaveidah, 4:12).
 
Die Schwester des jungen Mannes war nicht beeindruckt. Sie kehrte nach Indien zurück, während ihr Bruder weiterhin für sie betete. Zwei Wochen später kam sie wieder nach Israel! Aber diesmal, um sich in einer Jeschiwa für Frauen einzuschreiben.
 
Als ihr Bruder fragte, was denn passiert sei, erzählte sie ihm folgende Geschichte:
 
„Einige Tage nachdem ich wieder nach Indien kam, ging ich zusammen mit dem Guru auf der Straße, als er eine Geldbörse voll mit Geldscheinen auf dem Gehweg fand. Er steckte sie ein. Ich fragte ihn, was er vorhat mit dem Geld zu machen, und er sagte mir, da er es gefunden hätte, würde es ihm jetzt gehören! Ich fragte, ‘Was ist mit dem armen Kerl, der all das Geld verloren hat? Sollten Sie nicht versuchen ihn zu finden um ihm die Börse zurückzugeben?’”
 
Der Guru lächelte und sagte: „Das Universum gab sie mir!“
 
„Ich war schockiert. In diesem Moment wurde mir klar, Spiritualität und hohes Denken kann für jede Falschheit und jedes niedrige Verlangen benutzt werden, wenn sie ohne einen klare göttliche Anweisung sind. Nach dem jüdischen Gesetz war das schlicht und einfach ein Akt von Diebstahl. All die schönen Worte über das Universum sind nur ein Bluff. Mir wurde dadurch der Wert der Halacha klar. Obwohl sie trocken wirkt, ist sie der klar ausgedrückte Wille Gottes. Nur wenn wir sie einhalten, können wir uns vor Irreführungen – wie: ‘Das Universum gab sie mir’ – schützen.“

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1. Batsheva

2/27/2011

Der Wille G-ttes B''H DANKE, dass die Gedanken dieses Artikels mit allen Lesern der deutschsprachigen website von breslev.co.il geteilt werden! Anbei meine fragenden Gedanken zum Artikel von Rabbi Eres Mosche Doron: Gibt es denn etwas noch Tieferes als unser Leiden in und mit Liebe zu akzeptieren? Und könnte es nicht sein, dass der Guru in diesem Artikel so klug war, seine 'Schülerin' dorthin zurückzuführen, wo sie sich wirklich zuhause fühlt, indem er sich ihr so zeigte, wie sie es wollte, damit sie den Weg nach Hause findet? Wenn er Buddhist ist, wird er so handeln, jeden Menschen dorthin zu bringen, wohin dieser Mensch sich zugehörig fühlt. In diesem Artikel empfinde ich ja viel Trennendes und dabei ist es doch an der Zeit, dass wir Menschen uns miteinander verbinden sollten! Jemand anderer Meinung?

2. Batsheva

2/27/2011

B''H DANKE, dass die Gedanken dieses Artikels mit allen Lesern der deutschsprachigen website von breslev.co.il geteilt werden! Anbei meine fragenden Gedanken zum Artikel von Rabbi Eres Mosche Doron: Gibt es denn etwas noch Tieferes als unser Leiden in und mit Liebe zu akzeptieren? Und könnte es nicht sein, dass der Guru in diesem Artikel so klug war, seine 'Schülerin' dorthin zurückzuführen, wo sie sich wirklich zuhause fühlt, indem er sich ihr so zeigte, wie sie es wollte, damit sie den Weg nach Hause findet? Wenn er Buddhist ist, wird er so handeln, jeden Menschen dorthin zu bringen, wohin dieser Mensch sich zugehörig fühlt. In diesem Artikel empfinde ich ja viel Trennendes und dabei ist es doch an der Zeit, dass wir Menschen uns miteinander verbinden sollten! Jemand anderer Meinung?

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