Tora ist kein Forschungsbuch

Alles, was unsere Weisen sagen, ist Divrey Elokim Chaim – das lebendige Wort Gottes!

4 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 17.03.21

Wie erklären wir uns im toratreuen Judentum die "Wiederentdeckung" des 5. Buch Moses zur Zeit des Jeshajahu HaMelech? Wie kann es sein, dass dieses Buch der Tora in Vergessenheit geraten ist?

 

Die moderne Forschung geht davon aus, dass Sefer Dvarim ein Reformprogramm der Zeit war, besonders auch um die Priesterklasse zu stärken und die Idee eines Bundes mit Gott zu fördern (eine Idee der Propheten, die im Norden des Landes gewirkt haben).

Was halten wir da dagegen?

 

Antwort: Dagegen halten muss man zu aller erst, dass die Tora kein Forschungsbuch ist, sie ist die göttliche Bedienungsanleitung für einen jeden Menschen. Jedes Ereignis offenbart uns immer mehrere wertvolle Bausteine, mit denen wir unser Leben meistern können. Insbesondere all die Ereignisse, die große Fragezeichen aufwerfen – hier will Hashem, dass wir ganz genau hinsehen, denn darin verbirgt sich nämlich immer eine besonders wertvolle Botschaft. Auch hier! Was da mit Sefer Devarim passiert ist, dazu gibt es natürlich sehr viel zu sagen, aber die direkte Antwort des Ewigen für einen jeden Menschen ist, dass die Tora verloren geht, wenn wir nicht auf sie acht geben! Sie darf nicht in absolute Vergessenheit geraten! Die Message ist eindeutig!

 

Heute gibt es Gott sei Dank sehr viele Baal Teshuva. Ein Vorbild im Handeln der Rückkehr zu Hashem ist Jeshajahu HaMelech, über den es heißt: "Es gab vor ihm keinen König, der so mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all seinen Kräften zum Herrn umkehrte und so getreu das Gesetz des Moses befolgte, und auch nach ihm war keiner wie er." (2. Buch Könige 23, Vers 25)

 

Jeder, dem die Tora verloren gegangen ist und er das große Glück in seinem Leben erfährt, sie wieder zu entdecken, sollte sich einmal genau durchlesen, was es mit Jeshajahu HaMelech auf sich hatte. Er erkannte die Wahrheit. Sein erster Schritt, den er daraufhin tat, führte ihn zum Zaddik – zur Prophetin Chulda. Der Zaddik ist nämlich das "spirituelle Fundbüro". Bei ihm findet man all das, was man im Leben an Spiritualität verloren hat – so wie Rabbi Nachman aus Breslev es sagt.

 

Jeshajahu HaMelech suchte also Rat bei der Prophetin Chulda. Den bekam er natürlich. Weiter sagte sie ihm, dass ein hartes Urteil über Israel liegt, weil das Buch der Bücher in Vergessenheit geraten ist, aber er selbst die schlimme Zeit nicht erleben wird, da er ja Teshuva gemacht hat.

 

Jeshajahu HaMelech war aber kein Egoist. Er wollte das Glück eines jeden, und so lebte er, was Rabbi Nachman aus Breslev mit ganzem Herzen wie ein Löwe schrie: "Verzweiflung hat auf der Welt nichts verloren!"

 

Jeshajahu HaMelech gab nicht auf und versammelte die Vertreter des Volkes in Jerusalem. Die Tora wurde öffentlich dem ganzen Volk vorgelesen. Es war ein Highlight, ein richtig großes Event zu Ehren des Königs aller Könige. Der Schöpfer des Lebens wurde gekrönt – vor allem mit dem Versprechen, all das, was in Seinem Buch geschrieben steht, zu tun. Jeshajahu HaMelech vernichtete dann alle Götzendienste aus dem Tempel sowie dem Königreich, und so feierten alle gemeinsam mit Hashem im Mittelpunkt des Lebens das Pessach Fest so intensiv und in so einer Freude, wie es so nicht noch einmal in der Zeit der Richter gefeiert wurde.

Diese Auslegung beruht auf eine wahre Begebenheit. Wer dieses Ereignis ausführlich lesen möchte, kann das hier tun: 2. Buch Könige 22.

 

Als ich diese Antwort einmal im Facebook Forum "Frag den Rabbiner" veröffentlichte, meinte ein ganz Schlauer, dass man Rabbi Nachman außen vor lassen sollte, da er ja schließlich wirklich keine Ahnung gehabt hätte. Dieser ganz schlaue junge Mann zeigte sich sehr überheblich. Er meinte auch, dass meine Worte nur etwas für ungebildete Menschen seien. Bestürzt hat mich das aber natürlich nicht. Im Gegenteil, ich musste sehr darüber schmunzeln. Denn der Mann offenbarte mir mit seiner Äußerung im Prinzip nur eines: Seine Unfähigkeit, die Größe eines anderen zu erkennen. Ganz egal wie gebildet, talentiert, reich oder cool du bist – wie du deine Mitmenschen behandelst, sagt alles über dich aus.

 

Weil der junge Mann ja so schlau ist, habe ich ihm auch nicht die tiefgehende Botschaft des mysteriösen Verschwindens und wieder Auftauchens des Buches verraten. In Wahrheit geht Rabbi Nachman ganz ausführlich in 2. Likutey Moharan, Lektion 32 darauf ein. Rabbi Nachman erklärt dort beispielsweise den starken Zohar in Bereshit (Seite 37b) und auch alle anderen Details, die den tiefen Grund offenbaren.

 

Wir müssen wissen: Alles, was unsere Weisen sagen, ist Divrey Elokim Chaim – das lebendige Wort Gottes! Deshalb lassen wir auch sicher niemals das Gedankengut von einem der Weisen Israels außen vor.

Und warum nicht? Das Buch des Lebens, die Tora, so heißt es in der Mishna in Avot, lässt sich auf 48 Wegen erwerben:

Der erste Weg ist BaTalmud, also durch das Lernen.

 

Der Maharal hat uns in seinem Werk "Tiferet Israel" auf faszinierende Art die Dinge zu erklären, darauf hin gewiesen, dass wir die Tora von unseren Weisen gelehrt bekommen müssen, was bedeutet: Zu lernen ist super, aber wenn du es nicht von einem torakundigen Rabbiner gelehrt bekommst, dann fehlt dir das Wesentliche. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich entschlossen habe, diesem jungen Mann so zu antworten, um eben auch hervorzuheben, dass nur das, was unsere Weisen sagen, relevant ist. Das Wort moderner Forscher ist nicht ausschlaggebend. Mehr dazu finden wir ausführlich im großartigen Werk des Rambam, Mishne Tora, Sefer Hamada, Hilchot Jesodey haTora.

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