Wenn die Masken fallen

Keiner hat gesagt, dass Selbsterkenntnis einfach ist. Dazu gehört Mut - der Mut, sich anzusehen, und der Mut, sich zu zeigen.

5 Min.

Andrea Jockisch

gepostet auf 17.03.21

Beeindruckend ist ein Mensch, der sich zuversichtlich darin fühlt, von Gott geliebt zu werden, sodass er in dieser Haltung der völligen Offenheit und Transparenz sich und seinen Mitmenschen gegenüber ohne Falschheit leben kann.

 

Es gibt viele Frauen, die ohne Make-up niemals aus dem Haus gehen würden, weil sie sich nicht vollständig fühlen und hinter ihrer Maske aus Make-up ihre Makel, Flecken und Falten verbergen. Schminken ist für sie sozusagen die "Kunst des Gesichtsmanagements". Einer der entscheidenden Momente einer Frau, die sehr viel Wert auf Ihr geschminktes Erscheinungsbild legt, ist, wenn ihr Ehemann sie zum ersten Mal ohne Make-up sieht.

 

Ein Großteil der Frauen möchte nicht, dass andere ihr tatsächliches und ungeschminktes Gesicht sieht. Ich kenne eine ältere Frau, die jeden Morgen eine Stunde vorm Badspiegel steht und sich aufwendig schminkt und stylt. Sie sagte mir mal, dass sie sich ohne Make-up und Styling nicht nach draußen getrauen würde. Mich verwunderte es und schien mir recht paradox, denn sie ist eine an Gott glaubende Frau. Und wer tatsächlich ein gläubiger Mensch ist, der hat seinen wahren Wert erkannt und festgestellt, dass es nicht nur allein auf die Äußerlichkeiten ankommt. Ein Mensch, der sein Leben in der Emuna führt, ist stets mit allem zufrieden. Denn nichts, das Gott geschaffen hat, schafft Er in Unvollkommenheit. Dass die Frau sich selbst so unter Druck setzt, liegt bei ihr daran, dass sie sich mit ihrem Alter nicht anfreunden kann. Äußerlich gesehen ist jeder Mensch vergänglich und keiner kommt daran vorbei. Das ist klar. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Wert auf unser Inneres fokussieren, denn im Gegensatz zum Äußeren – das vergänglich ist -, kann man, wenn man nur will, im Inneren unvergänglich jung bleiben, sozusagen "forever young".

 

Warum sollte zum Beispiel eine Frau ihre Sommersprossen unter einer Schicht von Schminke verstecken? Ich habe selbst welche und mich stören sie nicht. Ist es nicht gerade schön, an Gottes Schöpfung Seine natürliche Kreativität und Gestaltungsvielfalt zu erkennen?

 

Das wahre Leben ist kein Hollywoodfilm, der uns etwas vorgaukeln will. Im realen Leben wacht eine Frau morgens nicht geschminkt und gestylt auf. Na und? Was soll's!? Es gibt so viele Frauen, die mit sich unzufrieden sind. Sie lassen sich von Frauenmagazinen zur äußeren Perfektion verführen. Zig verschiedene vielversprechende Angebote von Stylings und Kosmetika, die Wunder bewirken sollen. Zieht die Frau im Trend nicht mit, fühlt sie sich wertlos. Solange wir uns von äußeren Einflüssen der kurzfristigen Begierden bestimmen lassen, sind wir auf dem Holzweg. Ich selbst trage in meinem Alltag keine Trends, sondern die Kleidung, die mir gefällt und die meine Persönlichkeit und Authentizität unterstreicht. Mal sportlich, mal elegant, mal klassisch – je nachdem, wonach mir gerade ist. Vom Trend lasse ich mich demzufolge nicht prägen, sondern ich lebe meine Persönlichkeit in vollster Entfaltung.

 

Eine "Frau von Format" lässt sich nicht von gesellschaftlichen Trends beeinflussen, sondern kennt ihren eigenen Style und Wert. Sie lässt sich von der Gesellschaft nicht in ein Bild des weltanschaulichen Maßstabes zwängen. Sie lebt ihre Individualität und Authentizität in vollen Zügen. Ihr ist egal, was andere über sie denken, tratschen und latschen.

 

An dieser Stelle möchte ich etwas Persönliches aus meinem Leben einfügen. Von Geburt an leide ich auf dem linken Auge an Strabismus – einer Fehlstellung des Auges. Im Alter von 5 Jahren wurde ich am Auge operiert, um diese Fehlstellung etwas auszugleichen, was aber nicht vollständig korrigierbar war. Ich kann z.B. nicht – wie ein Mensch mit gesunden Augen – mit beiden Augen gleichzeitig sehen, sondern entweder nur mit dem rechten oder dem linken. Von den Ärzten wurde mir geraten, mehr mit dem linken Auge zu schauen, damit die Sehschärfe und Augenmuskulatur trainiert wird. Leider gelingt es mir bis heute nicht, das einzuhalten. Das ist wie wenn ein Linkshänder von nun an nur noch mit der rechten Hand schreiben soll. Das ist mit einer sehr großen physischen und psychischen Anspannung verbunden. Da ich fast nur mit dem rechten Auge schaue, ist die Sehstärke auf dem linken Auge wesentlich schwächer. Wegen der Fehlstellung meines Auges wurde ich damals in der Schulzeit oft gehänselt, ausgelacht und erhielt von meinen Mitschülern Spottnamen. Als Kind tat mir deren unangebrachtes Verhalten im Herzen sehr weh und oft haste ich mich und mein Auge dafür. Heute habe ich mich mit meinem Makel abgefunden. Aber dennoch mag ich es manchmal nicht, wenn ich schräg von der Seite angeschaut werde und ich auf diese Art indirekt auf mein linkes Auge aufmerksam gemacht werde. Einmal wurde ich dumm gefragt, ob ich auf dem linken Auge blind sei, Gott bewahre. Gott sei Dank hat mir der Schöpfer ein liebendes Herz gegeben, sodass ich mich nun mit Liebe annehmen und betrachten kann. Der Schöpfer des Lebens hat mir meine wahren inneren Werte und Fähigkeiten offenbart. Ich kann dankbar sein, dass ich lebe; dass ich sehen kann – auch wenn mit einer kleinen Einschränkung. Authentizität ist einer der Bereiche, in dem ich mit Gottes Hilfe am meisten gewachsen bin.

 

Wir können etwas sehr Mutiges tun, wenn wir uns der Liebe Gottes sicher sind. Wir müssen nicht mehr vorgeben, strahlender zu sein als wir tatsächlich sind. Wir können mit unverhülltem Gesicht leben. Kein Verheimlichen. Keine Maske. Kein Versteckspiel.

 

Manche Menschen verstecken sich hinter oberflächlichen Gesprächen. Sie führen eine Menge Smalltalk und sind vielleicht sogar gut darin. Sie können sich völlig ungezwungen über das Wetter, ihre Arbeit oder ihre Lieblingsmannschaft unterhalten. Aber ihre Worte sind nur Schutzschild. Sie verstecken ihr Herz. Manche Menschen verstecken sich hinter Humor. Sie verstehen sehr gut, andere zum Lachen zu bringen. Im Laufe der Zeit aber bemerkt man, dass sie auch immer dann einen Witz anbringen, wenn das Gespräch ernsthafter und persönlicher wird. Sie verstecken sich hinter einem lachenden Gesicht.

Der eine versteckt sich hinter einer aufgesetzten Selbstsicherheit, die ihn unverwundbar erscheinen lässt. Der andere versteckt sich hinter seiner Schüchternheit, damit man nichts findet, das man ihm sagen kann.

 

Wenn einem Menschen die Bewusstheit und Selbsterkenntnis fehlt, weiß er nicht, welche Gefühle und Gedanken für sein Handeln verantwortlich sind. Er ist demnach nichts weiter als ein Spielball. Schaut hingegen ein Mensch neugierig in sich hinein, so kann er sich authentisch ausdrücken. Nur so weiß er, was es dort auszudrücken gibt. Wenn er seine Ziele und Werte – und somit sich selbst – kennt, dann kann er ihnen in seinen Taten entsprechen. Tritt er mit seinen Ängsten in Kontakt, wird er lernen, mit ihnen umzugehen.

 

Jeder will authentisch sein, aber nur wenige Menschen sind bereit dazu, in sich zu spüren. Um bewusster zu werden, ist es wichtig, sich mit sich selbst zu beschäftigen, in sich zu spüren und zu horchen, was sich dort befindet.

 

"Wenn sogar das Grundnahrungsmittel Käse authentisch sein kann, kannst du es doch erst recht mit links." möchte man denken. Aber authentisch zu leben ist kein Familienurlaub im Disneyland. Den Wunsch, echt zu sein, spüren wir instinktiv. Wenn die Masken fallen, entsteht ein Gefühl von Lebendigkeit, persönlichen Wachstums und Sinnhaftigkeit des eigenen Schaffens. Es führt dazu, einen Kontakt zu sich zu spüren, der tiefer geht als ein Anblick einer Torte mit Zuckerglasur und Schokoladenfüllung.

 

Es geht nicht darum, irgendeinem Ideal, das uns diese Welt in Zeitschriften, Werbung und Gesellschaft vorgibt, nachzueifern oder perfekt zu sein. Authentizität bedeutet nicht nur, Widersprüche in der eigenen Gefühls- und Gedankenwelt zu akzeptieren, sondern auch mit dem problematischen Aspekt unseres Lebens umzugehen. Keiner hat gesagt, dass Selbsterkenntnis einfach ist. Dazu gehört Mut – der Mut, sich anzusehen, und der Mut, sich zu zeigen.

 

Deshalb möchte ich dir abschließend etwas Ermutigendes auf deinen Weg der Persönlichkeitsfindung mitgeben, die Gott, dein liebender himmlischer Vater dir speziell zu sagen hat: "Ich liebe das, was Ich geschaffen habe. Ich bin völlig begeistert von dir! Du brauchst niemals unsicher zu sein, weil du das Gefühl hast, dass du nicht hübsch genug, sportlich genug, klug genug … bist. Ich habe dich nach Meinem Bild geschaffen und deine Einzigartigkeit ist ein Geschenk von Mir. Es gibt niemanden, der genau so ist wie du! Ich habe dir nicht deshalb das Leben geschenkt, damit du dich in eine von der Gesellschaft geschaffenen Form pressen lässt. Du bist ein Königskind, aber du wirst die Wahrheit nicht entdecken, wenn du nicht in den Spiegel blickst und dich mit anderen vergleichst. Lass Mich dein Spiegel sein, dann werde Ich dir deine wahre Schönheit zeigen. Je länger du Mich anschaust desto deutlicher wirst du erkennen, wie kunstvoll Ich dich geschaffen habe. Je eher du dich selbst so siehst, wie du wirklich bist, desto eher kannst du deine Regentschaft als mein Königskind antreten und damit beginnen, deine Lebensaufgabe zu erfüllen."

 

Vergiss das nie! Gott hat dich wunderbar geschaffen … Du bist eine Idee Seiner kreativen Gedanken!

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