Visualisierung von Prophezeiungen

Der amerikanisch-jüdische Neurochirurg Dr. Nathan C. Moskowitz (Jahrgang 1957) nimmt sein Hobby, die Malerei, sehr ernst...

2 Min.

Prof. Dr. Yizhak Ahren

gepostet auf 05.04.21

Der amerikanisch-jüdische Neurochirurg Dr. Nathan C. Moskowitz (Jahrgang 1957) nimmt sein Hobby, die Malerei, sehr ernst. Mit einer bewundernswerten Ausdauer arbeitet er seit Jahrzehnten in seiner Freizeit an einem ungewöhnlichen Projekt. Nahum HaLevi, so lautet sein Künstlername, hat sich die keineswegs leichte Aufgabe gestellt, biblische Geschichten ins Bild zu rücken. Einige seiner Gemälde sind bereits hier und dort ausgestellt worden; im Internet kann man ohne viel Mühe zahlreiche Arbeiten dieses an seinem eigentümlichen Stil erkennbaren Malers finden.

Jetzt hat Nahum HaLevi ein originelles Buch  über 15 Propheten und ihre Prophezeiungen veröffentlicht. Nahum HaLevis bunte Bilder behandeln Texte von Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Hosea, Joel, Amos, Obadia, Jona, Micha, Nachum, Habakuk, Zephania, Haggai, Sacharja und Maleachi. Jedem der genannten Propheten ist ein Kapitel gewidmet, das aus einem Bild und einem dieses Bild erläuternden englischsprachigem Text besteht. Das Buchformat hat eine starke Verkleinerung der Ölgemälde erzwungen; dadurch kann man viele der in der hebräischen Originalsprache ins Bild eingestreuten Propheten-Aussprüche allenfalls mit einer Lupe lesen.

Auf dem ersten Blick haben die meisten Gemälde etwas Surrealistisches an sich. Wer hat z.B. schon in der Natur Hügel gesehen, die Ohren und Augen haben? Der Künstler hat in diesem Beispiel lediglich Ausdrücke des Propheten Micha visualisiert. Man muss die Heilige Schrift vorzüglich kennen, um die Inhalte der Gemälde gleich verstehen zu können. Da nur wenige Menschen unserer Zeit diese Voraussetzung erfüllen, war es eine richtige Entscheidung von Nahum HaLevi, jedes Bild genau zu erklären.

In den 15 Essays verweist der Autor nicht nur penibel auf seine Quellen, sondern er geht auch auf Fragen ein, die bei der Betrachtung des Bildes aufkommen. So hat der Prophet Sacharja einen siebenarmigen goldenen Leuchter ("Menora" genannt) gesehen, den Nahum HaLevi nach dem Modell des Leuchters auf dem Titusbogen in Rom gemalt hat. Was symbolisiert dieser Leuchter? Der Autor erklärt: die andauernde Gegenwart Gottes; den Betrachter erinnern die sieben Lichter der Menora an die sieben Tage der göttlichen Schöpfung von Materie, Lebewesen, Raum und Zeit.

Im Kapitel über den Propheten Jona erwähnt Nahum HaLevi einen wenig bekannten Midrasch, der die Behauptung aufstellt, Jona sei jener Sohn der Witwe gewesen, der nach seinem frühen Tod durch den Propheten Elijahu wiederbelebt wurde (1.Könige,Kap. 17). Es gelingt dem Verfasser, die Annahme dieses Midraschs plausibel zu machen.

Auch geht Nahum HaLevi im Text auf die in einem Bild nicht zu klärende Frage ein, warum Jona statt auftragsgemäss nach Ninive zu reisen in die entgegengesetzte Richtung nach Tarschisch fliehen wollte. Die Interpretation, Jona sei ein herzloser, egoistischer Mensch gewesen, weist der Autor mit guten Gründen zurück. Nahum HaLevi vertritt die Ansicht, Jona habe sich deshalb gegen seine Mission gewehrt, weil er die Feinde Israels – Ninive war die Hauptstadt des mächtigen Königreiches Assyrien -nicht vor dem drohenden Untergang retten wollte. Um das eigene israelitische Volk zu beschützen, von dem er prophetisch wusste, es würde später von den Assyrern geschlagen werden, weigerte er sich zunächst, im Plan Gottes zur Errettung Ninives mitzuwirken. Sein Versuch, sich zu entziehen, ist bekanntlich gescheitert; am Ende hat Jona die Umkehr der Assyrer eingeleitet, die dadurch später Israel, das zu jener Zeit nicht zur Umkehr bereit war, schweren Schaden zufügen konnte. Der Verfasser vergleicht Jona mit Hiob und gelangt zum verblüffendem Schluss, Jona habe weit mehr gelitten als Hiob!

Nahum HaLevi beeindruckt uns als ein ernster und origineller Bibelforscher. Sowohl seine Visualisierungen biblischer Texte als auch seine Deutungen bestimmter Passagen regen zum Nachdenken an. Der Leser muss nicht immer Nahum HaLevis Sicht der Dinge teilen, um von seiner künstlerisch-wissenschaftlichen Arbeit zu profitieren .

Yizhak Ahren

Nahum HaLevi, The color of prophecy: visualizing the Bible in a new light. Gefen Publishing House, Jerusalem 2012, 239 Seiten.

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