Wo ein Wille ist, dort ist auch ein Weg

Wir leben in einer Gesellschaft, in der es leider viel zu oft vorkommt, dass ein Mensch etwas vorgibt zu sein, was er in Wirklichkeit gar nicht ist.

4 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 05.04.21

Wir leben in einer Gesellschaft, in der es leider viel zu oft vorkommt, dass ein Mensch etwas vorgibt zu sein, was er in Wirklichkeit gar nicht ist. So kommt es beispielsweise sehr oft vor, dass ein Mensch einen anderen zwar anlacht, sich aber im Herzen ein Szenario der Gewalt gegen diese Person wünscht.

Aber auch jeder von uns selbst lügt sich hin und wieder selbst an und macht sich etwas vor.

Hand aufs Herz, wie oft kommt es vor, dass wir uns nach außen hin superfröhlich und gutgelaunt präsentieren, uns innerlich aber denken, dass unser Leben einem Scherbenhaufen gleicht …
 
Und damit komme ich an den Punkt dieses Artikels. Über unsere Gedanken und dem daraus resultierenden Willen.
 
Die Kabbala lehrt uns, dass jeder Mensch auf der Welt eine unbeschreibliche Macht besitzt: seine Gedanken! Ein Mensch kann sich ein Leben entsprechend seiner Gedanken formen! Nach dem Motto: „Denke gut, und es wird gut!“
 
Rabbi Nachman aus Breslev lehrt uns dazu in seinem Buch Likutey Moharan (Band 2, Kapitel 110), dass ein Mensch alles, was er in seinem Leben erreichen möchte, auch wirklich erreichen kann! Der Erfolg ist aber von den jeweiligen Gedanken abhängig.
 
Wenn man stets positive Gedanken hat und versucht, diese weiter auszubauen, dann entwickelt sich im Organismus eines Menschen ein starker Drang, den Gedanken auch in die Tat umzusetzen. Durch positive Gedanken bekommt man also eine Art Antriebskraft, das Gedachte zu leben, es real werden zu lassen.
 
Alle Menschen auf der Welt ähneln sich. Niemand ist in Wahrheit klüger oder dümmer als der andere, in Wahrheit haben die Menschen nur einen unterschiedlich starken Willen. Jeder von uns muss also überprüfen, wie es um seinen Willen für eine bestimmte Sache aussieht.
 
Der eine kommt stets rechtzeitig zur Arbeit und der andere verspätet sich grundsätzlich. Immer wieder mit einer anderen Ausrede. Was also ist der Unterschied zwischen den beiden? Der eine hat den Willen pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen und der andere eben nicht!
 
Zum besseren Verständnis der Thematik erzählen wir jetzt ein Beispiel von Rabbi Nachman:
 
Es war einmal ein König, der ein riesiges, extrem hohes Treppengerüst aus Beton in den Himmel bauen ließ. Wenn man an der ersten Stufe stand, konnte man das Ende des in den Himmel ragenden Treppengerüstes nicht erkennen.
 
Eines Tages wollte er herausfinden, wer von seinen Leibwächtern tatsächlich daran glaubt, im Leben sei nichts unmöglich und der Mensch also durchaus in der Lage ist, etwas, das unmöglich erscheint, zur Wahrheit werden zu lassen – vorausgesetzt man will es auch wirklich, nach dem Motto: „Wo ein Wille ist , dort ist auch ein Weg!“
 
Deshalb bat er zehn seiner engsten Leibwächter zu sich und sagte: „Ihr alle habt euch bestimmt gefragt, weshalb ich dieses große Treppengerüst erbauen ließ – und dies auch noch geheim. Jetzt ist die Stunde gekommen, um euch meinen Plan zu offenbaren. Kommt nun bitte alle mit mir mit …“
 
So gesagt machten sie sich auf den Weg zu diesem Treppengerüst und als sie zur ersten Stufe kamen, fuhr der König fort: „Ich möchte, dass jeder von euch auf mein Kommando versucht, ans obere Ende dieses Treppengerüstes zu gelangen – und dies innerhalb von maximal 30 Minuten. Wem es gelingt, dem werde ich als Belohnung in die frühzeitige Rente mit 5 000 000 € entlassen …“
In den Köpfen seiner Leibwächter begannen die Gedanken jetzt natürlich zu kreisen: „Was ist denn das für eine bescheuerte Aufgabe … was für ein unmögliches Angebot … in einer halben Stunde, nicht zu schaffen!!!!!“

Die Gedanken der Leibwächter waren also ohne einen Funken Hoffnung auf Erfolg, dennoch rannten alle zehn beim Startschuss des Königs los.   
 
Nach zehn Minuten konnte der König dann mit seinem Fernglas sehen, wie vier seiner zehn Leibwächter das Rennen aufgaben.
 
Nach 15 Minuten schlossen sich weitere zwei den vorherigen vier Abgesprungenen an, da auch sie von der Aussichtslosigkeit des Rennens überzeugt waren.
 
Nach 20 Minuten blieben zwei weitere stehen. Es waren jetzt also nur noch zwei Leibwächter dabei, das Ende des Treppengerüstes zu erreichen. Doch als einer der beiden nach 25 Minuten erkannte, dass er in den fünf übrig gebliebenen Minuten keine reale Chance mehr hatte, stellte auch er sein Laufen ein.

Nun verfolgte also nur noch ein einziger das Ziel, die Treppen zu erklimmen. So rannte er, obwohl es völlig unrealistisch war, das Ziel zu erreichen, einfach weiter. Und dann, in der 29. Minute und 20 Sekunden geschah etwas Unvorhergesehenes. Denn wie aus dem Nichts sah er an der Seite einen Aufzug, den man von unten nicht sehen konnte. So sprang er natürlich sofort in den Aufzug – und drückte auf „nach oben!“

Der Aufzug erledigte für ihn nun den Rest der Arbeit und schoss ihn innerhalb von 30 Sekunden ans Ende dieses Treppengerüstes!!!
 
Somit hat er es also geschafft! Das Unmögliche wurde wahr!
 
Jeder von uns muss dieses Beispiel Rabbi Nachmans in sein Leben integrieren, denn im Leben handelt es sich bei allem, was man erreichen möchte, meist auch um so eine unlösbare Aufgabe.
 
Wenn man aber seine Gedanken nicht mit Negativem vollpumpt, sondern so wie unser Held im eben erzählten Beispiel immer nur davon überzeugt ist, das Ziel auch erreichen zu können, dann wird das unmöglich Scheinende doch zur Wahrheit werden.
 
Denn auch im Leben gibt es einen Aufzug, den man am Beginn einer Sache nicht sieht. Dieser Aufzug ist die Hilfe Gottes. Egal womit wir im Leben auch konfrontiert werden oder was uns gegenüber steht, wir müssen versuchen das anvisierte Ziel niemals aus den Augen zu verlieren und mit voller Kraft und guten Mutes versuchen, das Ziel zu erreichen. Wenn ich mich so verhalte, dann wird irgendwann die notwendige Hilfe erscheinen, denn nicht umsonst heißt es: „Wer zuletzt lacht, der lacht am Besten!“
 

Denn zu guter Letzt wird man die Belohnung für die stets positiven Gedanken und den daraus geschöpften Willen auch erhalten! Positive Gedanken entfachen in einem Menschen das unerschütterliche Gefühl: Wo ein Wille ist, dort ist auch ein Weg! Und deshalb wird ein Mensch, der danach lebt, das von ihm selbst angestrebte Ziel auch erreichen – und dann natürlich lachen!

 

 

David Kraus (M.A in Psychologie und Integrativer Psychotherapie | Dipl. Paar- und Familientherapeut | Dipl. Pädagogischer Elternberater) ist Oberrabbiner der Jüdisch-Chassidischen Kultusgemeinde Breslev Deutschland / Israel mit Sitz in Hanau. David Kraus finden Sie bei Facebook.

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