Roter Teppich

Wisse, ausgerechnet der Mann, der sich sehr stark für die Bedürfnisse anderer einsetzt, hat in der Regel sehr schwere Prüfungen zu Hause zu bewältigen.

4 Min.

Rabbiner Shalom Arush

gepostet auf 05.04.21

Wisse, ausgerechnet der Mann, der sich sehr stark für die Bedürfnisse anderer einsetzt, hat in der Regel sehr schwere Prüfungen zu Hause zu bewältigen. Außerdem wird er durch seine auf jeden Fall anerkennenswerten Taten auch immer durch Ego-Gedanken verfolgt, die ihm einzureden versuchen, er hätte es ja wirklich verdient, verehrt zu werden und es ihm auch gebührt , dass man ihm nachläuft und so weiter. Aufgrund dessen macht sich bei ihm auch die Auffassung breit, dass seine Frau ihn eigentlich auf einem ausgerollten roten Teppich und mit voller Hochachtung begrüßen müsste, schließlich ist er ja der Mann, der ein Herz für andere zeigt …
  
Mister Perfekt

Diese Auffassung lässt sich – jedenfalls aus seiner Sicht – auch sehr schnell beweisen, da es ja schließlich sehr viele Menschen gibt, die ihn wirklich verehren. Folglich müsste auch seine Frau sich diesem Fakt unterordnen und beginnen, ihn wie einen König ehrend zu verwöhnen und sich auch bei Gott jeden Tag dafür zu bedanken, dass ihr das Glück so unbeschreiblich gut mitspielte, indem sie diesen Mann heiraten durfte.
 
Doch als er dann sein Haus betritt, muss er ernüchternd feststellen, dass seine Frau ihn nicht nur nicht verehrt, sondern ihn auch noch missachtet und anschreit. Durch diese kalte Dusche wird ihm also klar, wie sehr sie durch sein falsches Verhalten ihr gegenüber leiden muss.
 
Wenn wir uns nun einmal den schiefgeratenen Haussegen von „Mister Perfekt“ mit objektiven Augen ansehen, dann fällt sofort auf, weshalb seine Frau emotional am Ende ist. Denn wie wir ja bereits im 3. Kapitel: „Nummer eins“ besprochen haben, muss eine Frau unbedingt spüren, dass sie über allem und jeden bei ihrem Mann steht. Doch „Mister Perfekt“ zeigt durch sein Verhalten, dass sie bei ihm nur an der letzten Stelle steht.  
 
Eine Frau kann das auf keinen Fall akzeptieren, auch dann nicht, wenn ihr Mann der Held der Nation wäre. Sie plagt sich nämlich mit Gedanken wie: „Weshalb bin ich für ihn andauernd nur das fünfte Rad am Wagen? Bin ich etwa unwichtiger als alle anderen? Warum beschenkt er alles und jeden mit Liebe – und nur mich nicht? Weshalb hat er immer für alle Zeit, nur nicht für mich? Jedem gegenüber ist er großzügig, nur zu mir nicht!“
 
Wer das 3. Kapitel bereits gelernt und verstanden hat, erkennt den Fehler des vermeidlichen „Mister Perfekt“. Wer allerdings noch nicht das dort verborgene Wissen besitzt, könnte durchaus meinen, dass die Frau völlig grundlos ausflippt, schließlich macht „Mister Perfekt“ wirklich sehr viele gute Dinge. 
 
Doch leider hat die Schlacht im Haus des „Mister Perfekt“ noch nicht einmal richtig begonnen. Denn durch die impulsiven Herzausschüttungen seiner Frau fühlt er sich in seiner Würde angegriffen, deswegen beginnt er zurückzubrüllen und sie mit Vorwürfen zu bombardieren: „Ständig hast du etwas an mir auszusetzen, höre doch endlich auf damit. Du hältst mich nur von meiner überaus wichtigen Arbeit ab! Anstatt es zu honorieren, was ich alles für die Gemeinschaft leiste, bist du nur am meckern und hinderst mich dadurch, weiter Menschen helfen zu können! Dein Verhalten ist einfach nur das Letzte! Schäme dich!“ 
 
Der Gemütszustand seiner Frau lässt sich nun leider nicht mehr in Worte fassen …
 
Die Bedürftigen deines Hauses haben Vorrang
 
Weshalb verhält sich der Mann so miserabel? Es ist sein mangelndes Wissen über das, was uns unsere Weisen lehrten. So heißt es beispielsweise im Talmud (Traktat Baba Mezia, Seite 71), wenn ein Mensch einem anderen gerne Hilfe zukommen lassen möchte, dabei allerdings erkennt, dass sehr viele auf seine Hilfe angewiesen sind, dann hat er seine Hilfe wie folgt zu vergeben:
 

  • Die Bedürftigen deines Hauses haben Vorrang.
  • Wenn du immer noch Hilfe erweisen kannst, dann musst nun den Bedürftigen in deiner Nachbarschaft oder Freuden helfen.
  • Danach den Bedürftigen deiner Stadt und so weiter.

 
Wenn ein Mann also gerne helfen möchte, dann muss er zunächst mit seiner Frau und seinen Kindern beginnen! Und wenn er jetzt immer noch etwas zu geben hat, dann kann er sich nun um den Rest der Welt kümmern und somit das Maximum an Gutem herausholen.
 
Will man also erfahren, ob ein Mensch tatsächlich helfen möchte oder nur gerne nach Außen als der großartige Wohltäter erscheinen will, dann muss man nur überprüfen, wie er sich zu Hause gegenüber seiner Frau verhält. Wenn ein Mann seine Frau verwöhnt und dann auch noch anderen Menschen hilft, ist dies wirklich vorbildlich. Wenn ein Mann seine Frau allerdings nicht mit Liebe überhäuft, dann bedeutet das, dass alle seine Wohltaten auf einer Lüge beruhen, denn sie sind nur seinem eitlen Ego geschuldet. 
 
Und hier muss man betonen, dass ein Mann seine Frau sogar mehr noch als seine eigenen Kinder in den Vordergrund seines Lebens stellen muss. Es gibt nämlich sehr viele Männer, die alles für ihre Kinder tun, aber die Frau unbeachtet lassen, sie einfach vernachlässigen. Das ist der Gipfel der Boshaftigkeit, da ein Mann damit provokativ zeigt, dass er zwar seine Kinder liebt – aber seine Frau nicht! 
 
Und eben das schrieb der weise Kabbalist Rabbi Chaim Vital: „Es gibt Menschen, die jeden mit Werken der Nächstenliebe überhäufen, mit Ausnahme der eigenen Familie, insbesondere seiner Frau. Sie bilden sich durch ihre Wohltaten ein, dass nach ihrem Tod die Tore des himmlischen Paradies ganz weit – sie begrüßend – offen stehen werden, doch Gnade ihnen und ihrer Seele, da sie nicht wissen – und allem Anschein nach wissen werden, dass alle ihre sogenannten Wohltaten nichts wert sind …“

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