Aus der Schule geplaudert

Dein Kind schwänzt die Schule? Ja, sicher warst du zunächst einmal ganz entsetzt, traurig, wütend, machtlos, verzweifelt und vieles mehr …

5 Min.

Rabbiner David Kraus

gepostet auf 05.04.21

Dein Kind schwänzt die Schule? Ja, sicher warst du zunächst einmal ganz entsetzt, traurig, wütend, machtlos, verzweifelt und vieles mehr … schließlich ist ja eine gute Schulbildung heutzutage wirklich sehr wichtig …
 
Liebe Eltern, um wirklich herauszufinden, weshalb eurer Kind die Schule schwänzt, müsst ihr versuchen, euch in euer Kind hinein zu fühlen. Sicher kennt ihr selbst das Gefühl, keine Lust zu haben. Vielleicht war das ja der Grund, weshalb euer Kind heute mal nicht zur Schule gegangen ist. Es fühlte sich, auf Grund irgendeines Ereignisses, völlig lustlos. Normalerweise ist eurer Kind eine durchaus verantwortungsvolle Person und macht nicht einfach ohne Grund so verrückte Sachen, wie eben von der Schule fern zu bleiben …
 
Natürlich sollte sich jeder Jugendliche oder junge Erwachsene auf seine Schule oder eben sein Studium konzentrieren, aber ein Mensch hat nun mal auch „Up and Downs“, welche manchmal oft zu Erscheinungen wie Lust- und Kraftlosigkeit führen können. Wir Eltern müssen  deshalb versuchen zu verstehen, dass das Leben unserer Kinder mehr ist als nur Schule und Lernen  …
 
Als Eltern ist es unsere Pflicht, zu unseren Kindern zu stehen, deshalb sollten wir auch immer versuchen, uns in sie hinein zu versetzen und zu erforschen, was sie vielleicht belastet und wie wir ihnen helfen könnten. Neben diesem Verständnis sollten wir uns immer unserer Vorbildwirkung bewusst sein. Nur auf diese Weise können wir es schaffen, unseren Kindern jene Werte zu vermitteln, die wirklich sehr wichtig für ihr Leben sind.
 
Wenn wir also hören, dass unser Kind die Schule geschwänzt hat, dann dürfen nicht den Fehler machen, es anzugreifen, ihm Vorwürfe zu machen und so weiter. Denn als mögliche Reaktion darauf wird uns das Kind möglicherweise nicht mehr die Wahrheit sagen, wir bringen es also mit unseren Angriffen dazu, uns anzulügen.  
 
Seien wir uns also bewusst, dass niemanden damit gedient ist, wenn man ihm Vorwürfe macht. Jeder Mensch fühlt sich in solch einer Situation schnell angegriffen und reagiert dann aggressiv mit einem Gegenangriff, oder aber er blockt jede Nachfrage ab, indem er zu Ausreden greift und  versucht, alles abzustreiten.
 
So ist es natürlich auch bei unseren Kindern. Wenn wir sie vorwurfsvoll fragen, weshalb sie nicht in die Schule gegangen sind, dann werden sie in der Regel mit einer Kombination der gerade erläuterten Verhaltensweisen reagieren – zunächst werden sie versuchen den Vorwurf weit von sich zu weisen und dann wütend mit der Frage reagieren: „Was wollt ihr jetzt eigentlich schon wieder von mir? …“
 
Auf solche Weise werden wir mit Sicherheit unser Ziel nicht erreichen können. Wie gesagt, wir müssen versuchen, uns in unsere Kinder hineinzufühlen. Wir dürfen ihnen deshalb keine Vorwürfe machen. Stattdessen sollten wir auf sie eingehen, ihnen das Gefühl vermitteln, dass es ausnahmsweise ab und an o.k. sei, wenn man mal von der Schule fern bleibt, schließlich gibt es im Leben mehr als nur Schule und Lernen …
 
So sollten wir versuchen das Herz unserer Kinder zu erobern, indem wir ihnen zeigen, dass wir sie verstehen, vielleicht sogar dass auch wir an ihrer Stelle ebenso gehandelt hätten. Ich weiß, es hört sich sicher ganz verrückt an, aber manchmal muss man eben gegen den Strom schwimmen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen! Nur so erreichen wir eventuell den Effekt, dass unser Kind sich uns öffnet und bereit ist, mit uns zu reden. Gerade durch Vorwürfe riskieren wir, dass sich unser Kind zurückzieht und sich vielleicht sogar völlig gegen uns verschließt. Was aber dabei am schlimmsten ist, ist die Tatsache, dass wir das Kind dazu bringen, die Schule und auch alles, was mit Bildung zu tun hat, zu hassen. Es wird das zur Schule gehen müssen nun als besondere Last empfinden, wofür es dann auch noch dauernd zur Rede gestellt wird.
 
Apropos Schule, wir sollten wissen, dass das Leben genau entgegengesetzt von Schule funktioniert! 

In der Schule wird uns zunächst alles gelehrt und erst danach werden wir geprüft. Im Leben, machen wir zuerst die Erfahrungen und erst aus diesen beginnen wir zu lernen … und genau in dieser Lage befinden sich Eltern, die unerwartet erfahren, dass ihr Kind die Schule schwänzt.
 
Hashem (Gott) möchte, dass solche Eltern lernen, was wir eben sagten: Manchmal muss man gegen den Strom schwimmen, um das Ziel zu erreichen, was heißt, dass wir als Eltern lernen müssen, unsere Kinder in allen Belangen zu verstehen und zu ihnen zu stehen, denn nur das bedeutet ein Kind wirklich zu erziehen. Ein Kind zu erziehen bedeutet es aufzubauen, selbst wenn es von uns erfordert, etwas völlig Verrücktes zu tun, wie ein Fernbleiben von der Schule zu beschönigen.
 
Das Wichtigste, was Hashem uns Eltern hier beibringen möchte, ist, dass unsere Kinder in erster Linie einfach nur unsere Kinder sind, völlig egal, was sie lernen, tun oder lassen – dein Kind wird immer dein Kind sein!
 
Es ist deshalb durchaus möglich, dass ein Kind auch als eine Art Protest die Schule schwänzt, weil es auf diese Art mitteilen möchte: „Hallo!! Ich bin nicht nur euer Erfolgsbubi, sondern in der Hauptsache euer Kind – euer Kind, das für sich selbst gern erfolgreich in seinem Leben sein will.“
 
Wie gesagt bedeutet es ein Kind wirklich zu erziehen, es aufzubauen, was wiederum bedeutet, es mit viel Liebe zu beschenken. Du kannst deinem Kind aber nur dann Liebe schenken, wenn du es richtig motivierst und dafür manchmal gegen den Strom schwimmst, indem du ihm lächelnd – auch bei für dich völlig abwegigen Sachen, wie z.B. Schulschwänzen – sagst: „Es ist schon o.k., manchmal eine Auszeit zu nehmen, wir sind ja schließlich keine Roboter …“

Ihr werdet sehen, wie sich eurer Kind dadurch ausgesprochen verstanden fühlt. Es wird beginnen, sich zu öffnen und vor allem wird es beginnen, die Schule zu lieben, denn wenn man einem Kind das Lernen als ein MUSS präsentiert, dann wird es schnell zu einer Last und niemand läuft gerne mit einer Last herum.
 
Liebe Eltern, bitte vertraut mir und versucht – auch wenn es euch schwer fällt -, das Fehlverhalten eurer Kinder gelassen zu nehmen – zumindest ihnen gegenüber macht einfach einen auf cool, indem ihr eben herzlich sagt: „Es ist o.k. mein Lieber, gönn dir eine Pause, wann immer du sie brauchst … ich bin für dich da! Dein Glück liegt mir am Herzen …“
 

 

Übernatürliche Kräfte
 
Außerdem ist es natürlich ungeheuer wichtig, jeden Tag mindestens 10 Minuten für den Erfolg unserer Kinder zu beten. Leider haben wir alle große Fehler bei der Erziehung unserer Kinder gemacht. Von klein auf erziehen wir sie nämlich dazu, erfolgsbesessene Maschinen zu sein, die dann auch sehr schnell in Depressionen verfallen können, wenn der Erfolg mal ausbleibt. 
 
Beispiel: Immer wenn dein 2-jähriger Sohn etwas Gutes tut oder erfolgreich ist, dann sagen wir ihm: „Junge! Klasse wie toll DU bist, wie klug DU bist! DU.. DU und immer wieder DU…“
 
Im Grunde genommen haben wir das Ego dieses kleinen Jungen unnatürlich aufgeblasen und ihm andererseits vermittelt, dass er nur dann toll ist, wenn er erfolgreich ist …
 
Sobald dieser kleine Junge aber beginnt wie ein 2-Jähriger seine Suppe zu essen, was heißt, das ganze Zimmer und sich selbst völlig zu verschmutzen, dann sagen wir ihm eigentlich dasselbe nur eben mit anderem Vorzeichen: „Sag mal, bist DU zu blöd zu essen … schau, wie dumm DU bist, nicht mal einen Löffel kannst DU richtig halten … DU.. DU und immer wieder DU…“
 
Wir geben dem Kind also das Gefühl, der Wahnsinn zu sein, wenn es Erfolg hat, aber wir geben ihm auch das Gefühl, ein absoluter Versager zu sein, wenn etwas nicht so glatt läuft. Und wo ist dabei Hashem (Gott)?? Durch so eine Erziehung merkt er von Hashem nichts, und wir erst recht nichts! So eine Erziehung ist reines Gift …
 
Stattdessen sollten wir zu unsrem kleinen Jungen bei Erfolg sagen: „Super mein Junge! Das hast du gut gemacht … vor allem das du dafür gebetet hast … schau wie sehr Gott dich liebt, wie Er dir geholfen hat und dir Erfolg schenkte …“
 
Man bindet das Kind somit von klein auf an Gott, der ja alles kann und wer an Den glaubt, Der alles kann, der eröffnet sich die Möglichkeit, auch alles zu schaffen!
 

Und auch bei Misserfolg oder Fehlverhalten muss man sein Kind so leiten: „Macht nichts mein Junge, Nobody is perfect … wo ist dein Lachen?! Alles ist gut so, Hashem wollte es nämlich so … beim nächsten Mal beten wir einfach mehr und dann wird alles schon gut werden … Hashem möchte anscheinend nur mehr Gebete …“

 

 

David Kraus (M.A in Psychologie und Integrativer Psychotherapie | Dipl. Paar- und Familientherapeut | Dipl. Pädagogischer Elternberater) ist Oberrabbiner der Jüdisch-Chassidischen Kultusgemeinde Breslev Deutschland / Israel mit Sitz in Hanau. David Kraus finden Sie bei Facebook.

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