Genug geweint!

Vor ein paar Tagen standen wir vor Gericht, und unser Leben hing davon ab. Wie geht es jetzt weiter? Ganz einfach: Nachdem wir genug geweint haben, kommt jetzt die Freude!

4 Min.

Rabbiner Lazer (Elieser Rafael) Brody

gepostet auf 24.09.19

"Wer ist ein großes Volk, dem G-tt nahe ist…"

Rabbi Chanina und Rabbi Hoshija erklären uns, dass Israel die Nation ist, die den Charakter ihres G-ttes kennt. Denn es ist üblich, wenn jemand vor Gericht muss, trägt er schwarz, und achtet nicht auf die Länge seiner Haare oder seiner Fingernägel, denn wer weiß, was sein Schicksal sein wird. Er hat Angstzustände. Aber Israel, sofort nachdem der Tag des Gerichts vorbei ist, gehen sie in die Succa und sind unglaublich fröhlich. Sie wissen, dass der Heilige, gepriesen sei er, an Rosh HaShana und Jom Kipur Wunder für sie tut und ihre Verurteilung in Fetzen reißt.

 

Es heißt: "In vier Teilen wird die Welt gerichtet – an Pesach bezüglich der Feldernte, an Azereth (Shavuot) bezüglich der Baumfrüchte, an Rosh HaShana ziehen alle Geschöpfe der Welt an ihm vorbei… und am Fest (Succot) bezüglich des Wassers." Für Rosh HaShana wird nicht erwähnt, bezüglich was alle gerichtet werden. Stattdessen geht es um ein vorbei ziehen, wie die Soldaten der Ehrengarde vor dem König vorbei maschieren. Und an Succot will der König nicht, dass wir nur an ihm vorbei ziehen, sondern, dass wir in seinem Schatten wohnen. Dieses Vorrecht müssen wir wertschätzen und uns darüber freuen! Das ist die Glaubensprüfung von Succot: zu wissen, dass der Heilige, gepriesen sei er, uns immer bei sich haben will, trotz allem!

 

 

Adam und die Umkehr

 

Der erste Mensch war von HaShem geliebt, und er stand auf einer höheren Stufe als die Engel, die ihn bedienten. Er war so weise, dass er den Dingen Namen geben konnte, er verstand, wer und was sie waren. Ein Engel beneidete ihn und wollte ihn zu Fall bringen. Als einzig geeignetes Werkzeug fand er die Schlange. Die Schlange wandte sich an Chava, und brachte sie dazu, vom verbotenen Baum der Erkenntnis zu essen und auch Adam davon zu geben. Nachdem sie gegessen hatten, "öffneten sich ihre Augen und sie sahen, dass sie nackt waren." Man erklärt: Adam war überzeugt, er sei jetzt der Weisheit und hohen Stellung, die HaShem ihm gegeben hatte, nicht mehr würdig, er sei nackt von Mitzvot, habe keine Mitzvot mehr, die ihn bedeckten. Aber HaShem will trotztdem, dass Adam ihm nahe bleibt, sucht ihn, ruft ihn. Aber Adam ist überzeugt, dass er so nackt, ohne guten Taten, ohne Gehorsam den Mitzvot gegenüber, nicht vor HaShem treten kann. Er und seine Frau verstecken sich. Als HaShem sie ruft, ruft er zurück: "Ich kann nicht kommen, ich bin nackt!"

 

Aber HaShem sagt ihnen: "Du bist nicht nackt. Auch nachdem du die Mitzvot übertrten hast, bleibt deine Verpflichtung, meine Nähe zu suchen und dich an mir zu freuen. Du schämst dich deiner Verfehlung und bist sicher, dass dein Fall tief ist und es keine Rückkehr gibt. Aber das ist falsch, ich will, dass zu zu mir umkehrst!"

 

Aber der Mensch hält an seinem Fehler fest: "Die Frau, die du mir gegeben hast, hat mir von dem Baum zuessen gegeben." Adam versucht jetzt auch noch, die Schuld anderen zuzuschieben. Er versteht nicht, dass HaShem nicht nur König ist, sondern auch Vater. Auch wenn der Sohn einen Fehler gemacht hat, will der Vater, dass er zu ihm zurück kommt.

 

Das ist unsere Arbeit an Succot: Verstehen, das HaShem uns trotz der Sünde noch liebt und uns zurück führen will. Wenn unser böser Trieb uns einredet, dass wir für die Nähe HaShems nicht geeignet sind, dann ist das ein Rat, der uns nur immer tiefer in Sünde sinken lässt. Rabbeinu Jona hat es so gesagt: "Ein Mensch, der gesündigt und Verbrechen begangen hat, und er kommt, sich unter den Flügeln der Shechina zu bergen, und tut vollständige Tshuva, an diesem Tag wird HaShem all seine Verbrechen von ihm weg nehmen und ihn sein lassen wie am Tag seiner Geburt – ohne Verfehlung und ohne Verdienst… und er lasse sich nicht verwirren, dass er nicht umkehren könne, … sondern denke immer nur daran, dass es im Charakter des Schöpfers, gepriesen sei er, liegt, die Zurückkehrenden zu empfangen" (Jesod HaTshuva).

 

 

Die Minister

 

Der Magid von Duvna hat gefragt: Wie können wir Festkleider tragen und ein Festessen verspeisen, wenn wir erst vor ein paar Tagen eine Gerichtsverhandlung hinter uns gebracht haben, von der unser Leben abhing? Lasst uns uns nicht täuschen, jeder weiß, wie viel er HaShem schuldig ist. Wie können wir fröhlich in der Succa sitzen?

 

Er antwortete in einem Gleichnis: Zwei Minister erhielten die große Ehre, dass der König ihnen sein Siegel anvertraute. Jeder ehrte sie und sie lebten mit ihren Familien im Schloss des Königs. Sie aßen und tranken vom Tisch des Königs und wurden vorne und hinten bedient, sie mussten nur die Befehle des Königs siegeln. Eines Tages setzten sie sich zu einem Glas Wein zusammen und wurden betrunken. Dann wollten sie Nüsse essen, aber es war keine Nussknacker da. Also öffneten sie die Nüsse mit dem Siegel. Das Siegel wurde dabei sehr beschädigt, bis es gar nicht mehr zu benutzen war. Und dann tauchte der König auf…

Sofort waren beide nüchtern. Der König sah sich um und erblickte Nussschalen, leere und zerbrochene Weinflaschen und sein zerstörtes Siegel. Dann sagte er: "In vier Stunden werdet ihr vor Gericht gestellt, für Missachtung eures Amtes, sowie des königlichen Siegels, und für Zerstörung des Eigentums des Königs. Auf jede dieser Verfehlungen steht die Todesstrafe. Geht und verabschiedet euch von euren Familien, bis man euch holen kommt."

 

Mit zitternden Knien standen die beiden auf und gingen nach Hause. Einer schrieb sein Testament und verabschiedete sich unter Tränen von seiner Frau und seinen Kindern. Dann wurde er von den Soldaten abgeholt. Auf dem Weg sah er den anderen Minister, auch er wurde von Soldaten zum Gericht geführt. Zu seiner Überraschung sah er ganz ruhig aus und ging aufrecht. Er sagte zu ihm: "Du scheinst den Ernst der Lage nicht zu verstehen. Wir werden todeswürdiger Verbrechen angeklagt und der König selbst ist Richter und Zeuge."

"Richtig", sagte der andere, "aber das ist ja gerade unser Glück. Während du geweint hast, habe ich den Stellvertreter des Königs zum König geschickt, damit er sich erkundige. Er hat uns in Schutz genommen, dass wir das alles nur gemacht haben, weil wir betrunken waren. Und der König in seiner Gnade hat gesagt, er werde uns begnadigen, wenn wir nur echte Reue zeigen und versprechen, nie wieder betrunken zu werden und in Zukunft unsere Aufgabe sehr ernst nehmen. Also bin ich zuversichtlich, denn mein Urteil hängt nur von mir selbst ab, ob ich bereue."

 

 

Der Heilige, gepriesen sei er, will immer, dass wir zu ihm umkehren. Wir haben geweint und bereut und um Verzeihung gebeten, jetzt bleibt uns nur noch, fröhlich in der Succa zu sitzen. Chag Sameach!

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