Elefanten-Alarm!

WAHRER RAT

Der Elefant – dicke Haut, sanfter Riesen. In der Gesellschaft der Menschen sieht das schon ganz anders aus. Sensible Mitarbeiter bekommen oft den Tipp ihrer Arbeitskollegen zu hören: „Du musst dir eine dickere Haut zulegen, sonst gehst du kaputt!“ Kein Wunder also, dass sich die Ellbogengesellschaft und der gleichgültige Umgang untereinander seit den letzten Jahren verstärkt bemerkbar machen. Braucht eine solche Gesellschaft mehr grobe Klötze? Nein! Sondern mehr Feinfühligkeit. Menschen, die in die Herzen anderer schauen, statt nur durch die Ego-Brille; Menschen, die nicht dem Geld, sondern ihren Idealen folgen; Menschen, deren Glück es ist, wenn sie (sich und) anderen Glück bereiten.

Auch mir wurde schon dieser Ratschlag erteilt, aber ich bin nicht darauf eingegangen, weil ich jeden Rat, den ich erhalte, hinterfrage, ob und warum er für mich persönlich gut oder weniger gut ist. Das hätte in diesem Fall bedeutet, dass ich meine wahre Authentizität und somit meine Sensibilität und Feinfühligkeit hätte verdrängen müssen –

was sich mit meinem Herzen keinesfalls vereinbaren lässt.

Rabbi Nachman aus Breslev lehrt uns, über den Erhalt weiser Ratschläge zu beten: „Oh Gott, wie soll ich mich zurechtfinden in all der Verwirrung und Ungewissheit, die so vieles vernebeln, was ich tue? Führe mich zu weisen Lehrern und Beratern, deren Rat rein ist und im Einklang steht mit deinem Willen. Führe mich zu wahren Freunden, deren Rat fürsorglich ist und meinem Besten dient. Führe mich zu klaren, richtigen Entscheidungen, zu Schlussfolgerungen, die klug sind und frei von allem Zweifel.“

Als introvertierter und sensibler Mensch hat man den Vorteil, sich mit seinem feinen Gespür besser in die Lage anderer Menschen hineinzuversetzen. Man besitzt die Fähigkeit, das Unwetter schon vorher zu wittern, bevor der Sturm aufzieht, sodass man vielen Probleme gar nicht erst die Möglichkeit gibt, sich zu einer großen Lawine zu entwickeln. Sensiblen Menschen gehen Dinge zu Herzen, die an den Herzlosen abprallen.

Ich habe – statt mir eine dicke Haut wachsen zu lassen – gelernt, den Umgang mit schwierigen Menschen aus HaShems Sicht zu sehen und diese Menschen besser zu verstehen, warum sie so sind, wie sie sind. Was mich dazu bewegte, dennoch ich selbst zu bleiben, waren die Worte eines weisen Mannes: „Man muss sich durch die kleinen Gedanken, die einen ärgern, immer wieder hindurch finden zu den großen Gedanken, die einen stärken.“

DICKHÄUTER AUSBREMSEN

Wie aber kann ein Mensch seine Hochsensibilität nutzen, um ausnahmsweise nicht anderen gerecht zu werden – sondern sich selbst? Das ist eine spannende Frage. Eine spannende Frage für all die Menschen, die nicht vorhaben, in eine Ritterrüstung zu schlüpfen, hart und unnahbar zu werden, nur weil Grobiane mit Lanzen nach ihnen stoßen.

Zeige Grobianen dein Profil und wisse deine Stärke richtig zu nutzen! Wie du diese Elefanten ausbremsen kannst, dazu einige hilfreiche Tipps zu Situationen aus der Arbeitswelt:

1. Ich werde von Dickhäutern ausgenutzt.

Dickhäuter sind wie Blutsauger: Sie stürzen sich auf Menschen, die feinfühlig, sozial und gutmütig sind – und saugen sie aus.

Hinderlicher Glaubenssatz: „Ich muss anderen Menschen helfen, sonst bin ich unsozial!“

Nützlicher Glaubenssatz: „Es ist mein Recht, Hilfe abzulehnen, wenn mich jemand ausnutzen will.“

Tipp: Mache dir bewusst, dass du nicht ausgenutzt "wirst", sondern dich ausnutzen lässt. Es gehören immer zwei dazu! Diese Sichtweise entreißt dich aus der Opferrolle und lässt dein Potential erkennen, mutig auch mal Nein sagen zu können.

2. Ich werde von anderen unterschätzt.

Dickhäuter legen Wert auf Wortbesitz. Je länger sie reden, desto wichtiger fühlen sie sich. Als introvertierter und sensibler Mensch wirst du zunächst unterschätzt: zu wenig Wortbesitz! Aber Fußballspiele werden nicht durch Ballbesitz gewonnen, sondern durch Tore. Und bei der Arbeit geht es nicht um Wortbesitz, sondern um Ergebnisse.

Hinderlicher Glaubenssatz: „Ich bin einfach zu bescheiden!“

Nützlicher Glaubenssatz: „Ich bin in der Lage, meine Leistung ohne große Sprüche zu transportieren.“

Tipp: Nutze Einzelgespräche, um deine Stärken zu zeigen. In einer vertrauten Gesprächssituation ist dir mehr Tiefgang möglich als in der großen Runde.

3. Ich fürchte, gemobbt zu werden.

Wenn Dickhäuter merken, dass ihre dummen Sprüche treffen, legen sie nach. Schnell wird ein zurückhaltender Mensch zur Zielscheibe ihres Spotts. Daher ist gerade für zurückhaltende Menschen angebracht, nicht dabeizustehen, wenn in der Pausenecke gelästert wird.

Hinderlicher Glaubenssatz: „Ich werde gemobbt und kann mich nicht wehren.“

Nützlicher Glaubenssatz: „Ich kann Mobber zur Rede stellen – sie sind Feiglinge und schätzen das nicht.“

Tipp: Beschäftige dich mit rhetorischen Abwehrtechniken, um dem Dickhäuter vor der Gruppe Kontra zu geben. Je souveräner du die Angriffe abprallen lässt, desto eher streckt er die Waffen.

4. Der Umgang mit Dickhäutern erschöpft mich.

Vermutlich strengt es dich an, für längere Zeit unter Menschen zu sein – erst recht unter geschwätzigen Menschen. Privat kannst du diese Sorte Menschen meiden, aber nicht im Beruf. Ob im Großraumbüro oder beim Meeting, hinter dem Verkaufstresen oder auf der Baustelle: Überall hast du es mit dieser Sorte Menschen zu tun. Aber du kannst es beeinflussen, solche Begegnungen auszuhalten, ohne mit leerem Tank liegen zu bleiben.

Hinderlicher Glaubenssatz: „Ich habe nicht genug Energie für den Umgang mit Schwätzern.“

Nützlicher Glaubenssatz: „Ich kenne meine Energiequelle und kann sie zum Ausgleich nutzen.“

Tipp: Fahre immer wieder die Energie-Tankstelle „Emuna“ an! HaShem, dein Tankwart, steht rund um die Uhr für dich zur Verfügung. Fülle deinen Tank vor der Begegnung mit schwätzerischen Menschen, indem du spazieren gehst, betest und bei dir bist. Lade deinen Akku nach, bevor er leer ist.

Sorge dafür, dass die Dickhäuter nicht die Regie übernehmen. Zwinge dich, selbst auch zu reden, denn so kommt mehr Substanz ins Gespräch. Obendrein ist jede Minute, in der du selbst redest, eine Schweigeminute für den Schwätzer.

DIE WEISHEIT DER ELEFANTEN

Wer meint, man müsse sich eine dicke Haut zulegen, um psychisch in einem Umfeld aus provokativen Menschen überleben zu können, der hat sich nicht mit der wahren Symbolik von Dickhäutern aus dem Tierreich beschäftigt. Durch fehlerhaftes Interpretieren wurde die wahre Bedeutung ins Negative gerückt, denn würde der Mensch sich ein Vorbild an Elefanten – den sanftmütigen Riesen – nehmen, dann würden sie feststellen, dass Elefanten ihre dicke Haut nicht als Schutzschild gegen andere gebrauchen, denn sie haben das nicht nötig, weil sie gesellige Tiere sind und in völliger Harmonie mit ihren Artgenossen leben. Majestätische Elefanten haben eine symbolische Bedeutung. Ihnen wird Weisheit, Scharfsinn, Kraft, Energie und Klugheit zugeschrieben – dies sind alles Eigenschaften, die man in einem Menschen, der sich eine dicke Haut zugelegt hat, nicht vorfinden kann.

Lasse dir keine dicke Haut wachsen, um gegen komplizierte Personen standhalten zu können. Lerne vielmehr von den sanften Riesen aus dem Tierreich: Es kommt nicht darauf, an eine dicke Haut zu haben, sondern vielmehr ist es eine Sache der inneren Einstellung, in bestimmten Situationen souverän zu handeln. Elefanten sind höchst intelligente Lebewesen mit einem hochentwickelten Sozialverhalten. Mache es wie sie – handle sozial und weise!