Mein Herz weiß: DU bist da

Versuchen wir, die Welt so zu sehen, wie der Glaubende sie sieht, der sich, wohin auch immer er sich wendet, an der Welt freut und fühlt, dass der Schöpfer ihn beschenkt ...

3 Min.

Joel Schwarz

gepostet auf 05.04.21

Versuchen wir, die Welt so zu sehen, wie der Glaubende sie sieht, der sich, wohin auch immer er sich wendet, an der Welt freut und fühlt, dass der Schöpfer ihn beschenkt: Jede Blume, jeden Stern, jede Frucht und jede Empfindung – er erhält alles aus der Hand seines Schöpfers. Jeder Schluck Wasser an einem heißen Tag, jedes Stück Brot für den Hunger erfüllt ihn mit tiefer Dankbarkeit für die Güte dessen, der ihm dies alles bereitet hat. Der, der seinem Schöpfer für diese wunderbare Welt zu danken weiß, sieht in der Schöpfung Gottes Werk. Und wo ist der Winkel, wo er ihn nicht sehen sollte?!
 
Wer die Welt mit den Augen des Glaubens sieht, dem ist die Schöpfung nie wie eine abgenutzte Treppe. Gott erneuert in Seiner Güte an jedem Tag das Werk Seiner Hände, und der Mensch steht jeden Tag vor einer erneuerten Kreatur. Jeder Blick in das Geschaffene gibt die Erfahrung der Schöpfung frei. Der Obstbaum mit seinen Früchten, der Himmel mit seinen Sternen – alles Geschaffene spricht zu ihm und verbindet ihn noch mehr mit seinem Schöpfer, der ihn durch die Kreatur anredet: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und von Seiner Hände Werk kündet der Horizont; Tag zu Tag ruft Rede aus, und Nacht zu Nacht tut es kund.“ (Ps. 19. 2). Und wir erfreuen uns jedes Augenblicks, freuen uns der Luft zum Atmen, an einem Glas Wasser, am Augenlicht, am Duft der Blume, am Glanz des Blitzes und am Kinderlachen …
 
Das ist die Welt des Glaubenden, den jede Freude an der Welt noch mehr zur Erkenntnis der Güte seines Schöpfers bringt.
 
Die Weisen Israels schufen in der sogenannten „Großen Versammlung“ zu Beginn der Zeit des 2. Tempels bestimmte Segenssprüche für etliche Dinge, die uns erfreuen: für das tägliche Brot den Segen: „der das Brot hervorbringt aus der Erde“; für Mehlspeisen: „der Schöpfer aller Arten von Nahrung“; für Feldfrüchte: „Schöpfer der Feldfrüchte“; für Arten, die nicht auf dem Feld wachsen: „alles ist durch Sein Wort“; für Düfte: „Schöpfer der Wohlgerüche“ und für etwas Schönes: „in dessen Welt es so ist“; für die Frühlingsblüte: „der Seiner Welt nichts mangeln lässt und schafft in ihr gute Bäume und gute Geschöpfe, dass der Mensch daran seine Freude und seinen Nutzen habe“.
 
Rabbi Jehuda HaLevi zeigt in seinem Buch „Der Kuzari“, dass die Segenssprüche dem Menschen ein zusätzliches Vergnügen bereiten, weil er den Wert der Freuden erkenne. Die verpflichtenden Segenssprüche, die der Gerechte für alles, was er auf der Welt vorfindet und was ihm begegnet, zu sagen habe, vermehrten die angenehmen Seiten des Lebens und fügten den Vergnügungen noch eine tiefere Freude hinzu. Hierzu fragt der Kuzari: „Ist das möglich? Die Segenssprüche sind doch vielmehr eine zusätzliche Last?“ Antwortet ihm sein Freund: „Ziemt dies nicht dem vollkommenen Menschen, dass er von sich sagen kann, er empfinde mehr Vergnügen beim Essen und Trinken als das Neugeborene oder das Tier, so wie dem Vieh eher als der Pflanze die Fähigkeit zugeschrieben wird, am Fressen Vergnügen zu haben.“ Entgegnet ihm der Kuzari: „Nun gut, was den Vorzug betrifft, den der Mensch im Fühlen und Wahrnehmen des Vergnügens hat; denn der Betrunkene, dem man in seiner Trunkenheit alles Mögliche auftischt, dass er sich daran ergötze, der dann in Gesellschaft seiner Lieben isst, trinkt und angenehme Musik in den Armen seiner Geliebten hört – selbst wenn ihm das alles erzählt würde, nachdem er wieder nüchtern geworden ist, würde er dies alles bedauern und als Verlust, nicht als Gewinn ansehen, da ihm diese Vergnügungen nicht mit ungetrübter Wahrnehmung und bei vollem Bewusstsein zuteil wurden.“

Spricht der Freund: „Demgegenüber wird das Vergnügen verdoppelt durch das Genießen selbst und die rechte Vorbereitung darauf, durch das Bedenken der Vergänglichkeit des Vergnügens. Dies ist einer der Vorteile der Segenssprüche für die, die sie mit vollem Bewusstsein aussprechen. Denn sie ermöglichen der Seele des Menschen zu erkennen, welcher Art das Vergnügen ist. Sie bringen das Gefühl hervor, demjenigen zu danken, der die Quelle des Genusses ist, nachdem der Mensch dessen Vergänglichkeit bedacht hat. Dann aber ist die Freude an solch einem Vergnügen groß. Und so preist du den, „der belebt und erhält“, denn du siehst, dass du zum Tode geladen bist. So denkst du, dass du noch lebst, und siehst dies als Gewinn, und es verlieren die Krankheit und auch der Tod ihre Härte, wenn sie zu ihrer Zeit kommen. Denn wenn du Bilanz ziehst, wird deine Seele feststellen, dass du aus deinem Austausch mit Gott mit Gewinn hervorgegangen bist. Denn deiner Art nach sollte dir alles Gute ermangeln, denn du bist Staub. Aber Gott meint es gut mit dir und gibt dir Leben und Ergötzen. Für all das dankst du, und wenn es von dir genommen wird, sollst du sagen: „Der Herr gibt, der Herr nimmt – gesegnet sei der Name des Herrn.“

So wirst du dich alle Tage deines Lebens freuen. Wer aber diesen Weg nicht auf sich nimmt, dessen Vergnügen wird als nicht menschliches, sondern animalisches verachtet, wie das Vergnügen des Betrunkenen. So soll der Gerechte über den Inhalt jedes Segensspruches nachsinnen und sich klarmachen, was seine Absicht und womit verbunden ist. So wird er sich die Ordnung der Welt und was mit ihr zusammenhängt ausmalen beim Segensspruch: „Schöpfer des Lichts“, die Ordnung der oberen Welt, die Macht der Himmelskörper und ihren Nutzen.“ (Jehuda HaLevi, Der Kuzari; 3, 13 – 17)

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